Kapitel 01

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Seine Hand kam mit solch einer Wucht in Berührung mit meiner Wange, dass ich einige Schritte zur Seite stolperte. Meine Augen sahen nicht mehr in die hasserfüllten Augen meines Vaters, sondern auf den Boden links von mir. Ein ziehender Schmerz breitete sich auf meiner rechten Gesichtshälfte aus und ich spürte, wie meine Augen sich füllten. Der Schmerz saß so tief, dass ich nicht anders konnte, als zu weinen. Meine zittrige Hand erhob sich und ich platzierte sie auf meine schmerzende Wange. Langsam sah ich zurück in die Augen des Mannes, welcher mein Vater sein sollte. Ich schluckte den schweren Klos herunter.

"Nie wieder. Nie wieder wirst du meine Mutter berühren.", meine Augen waren weit aufgerissen, während ich die Worte zwischen zusammengepressten Zähnen von mir gab. Ein verstörendes Lächeln bildete sich auf seinem Gesicht und er packte wieder nach mir. Seine Finger drückten sich in das Fleisch meiner Arme. Seine Augen glichen den Augen eines Teufels. Trostlos blickte er mich an.

"Nimm deine Mutter und geht wohin ihr wollt. Verschwindet aus meinem Leben, bevor ich dafür sorge, dass ihr verschwindet.", mein Herz begann schneller zu schlagen und ich verstand nicht, wie er so sein konnte. Wie er solche Worte von sich geben konnte. Es war alles ihre Schuld. Sie hatte meinen Vater verführt. Den Ehemann meiner Mutter und den Mann, den ich einst Vater nannte, von uns genommen. Mein Gesicht war tränenbedeckt. Ich fühlte nichts als leere in mir. Vor wenigen Stunden noch, hatte ich mein Zeugnis zur Hand genommen. Ich hatte mein Abitur endlich in der Hand. Es sollte alles so viel schöner laufen. Es sollte doch alles besser werden. Wieso also passierte das alles nun? Wie konnte es so weit kommen?

"Ich bereue es so einen Mann, wie dich Vater genannt zu haben.", meine Stimme war ein Hauch von nichts. Ich wusste, ich dürfte nicht mehr weiter sprechen, ich wusste, er würde kein Mitleid mit mir haben, wenn ich ihn weiter provozieren würde. Ich wusste, er wird mir weh tun.

"Ich wünschte du würdest sterben. Mit ihr gemeinsam. Qualvoll.", ich wünschte es mir wirklich. Sein Auge zuckte. Er ließ von meinem Arm ab und holte aus. Seine Hand war zu einer Faust geballt und traf mich mal wieder direkt ins Gesicht. Ich fiel zu Boden. Er hörte nicht auf. Schlug immer und immer wieder auf mich ein. Meine Augen lagen geschlossen und ich ließ die Schläge über mich ergehen. Ich wollte spüren, was meine Mutter spüren musste. Ich wollte nicht, dass sie allein diesem Schmerz ausgesetzt sein musste. Ich wollte nicht unversehrt sein, während sie in ihren Schmerzen zu ersticken schien.

Ich wollte eine gute Tochter sein.





Mit gesenktem Kopf lief ich humpelnd aus dem Unternehmen meines Vaters. Die Nacht war schon lange angebrochen und es befanden sich kaum noch Menschen auf den Straßen. Es war nicht das erste Mal, dass ich in solch einer Lage aus diesem Gebäude lief. Dieses Mal aber, fühlte ich anders. Ich war nicht mehr an diesen Ort gebunden, ich konnte dahin, wohin ich wollte. Ich hatte meinen Abschluss und könnte mir nun ein Leben sichern, mit meiner Mutter an meiner Seite. Ich war umschlossen von Kummer und doch hegte ein seltsames Glück in mir auf. Mein gesamter Körper schmerzte und doch fühlte sich all das so richtig an, denn es würde das letzte Mal sein, dass er mir so etwas antun konnte.

"Sezen.", eine tiefe Stimme erschien plötzlich. Ich hob meinen Kopf und sah auf eine dunkle  Gestalt. Ich ging einige Schritte vor und sah wenige Sekunden danach in tiefschwarze Augen. Meine Beine kamen zum Stehen.

"Hast du dich entschieden?", gefühlskalt schaute er zu mir herunter. Es schien ihm nichts auszumachen mich in solch einer verunstaltenden Lage zu sehen. Schien ihn nicht zu interessieren. Trüb blickte ich in die Augen des schwarzbärtigen Teufels. Es schien so, als würde es mich verfolgen. Schien so, als würde ein Fluch auf mir liegen.

War er nun meine Rettung oder mein Unglück?

Er war der Mann, dem ich am wenigsten vertrauen durfte, der Mann, der das Blut in meinen Adern verabscheute und doch suchte ich die Zuflucht schlussendlich bei ihm.

Und doch, fand ich mich wenige Sekunden danach weinend in seinen Armen wieder.

Meine Arme waren um seinen Körper geschlungen, während seine nicht einmal zuckten.

Schwarzbärtiger TeufelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt