Kapitel 04

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"Schlaf die erste Nacht hier.", er sprach zu mir, während er unsere Koffer in das Zimmer schleppte, in welchem wir schlafen sollten. Ich betrachtete ihn, wie jedes Mal, viel zu genau. Er wirkte müde. Seine Augen waren trüb. Er legte die Koffer ab und stellte sich wieder gerade auf, sodass ich wieder hoch zu ihm sehen musste. Seine dunklen Augen fanden den Weg zu mir. Es wirkte so, als würde er sich mein Gesicht genauer ansehen. Ich strich beschämend über meine zerzausten Haare. Erinnerte mich daran, wie mein Vater an ihnen gezogen hatte. So, wollte ich nie vor ihm stehen. Wie hatte das Schicksal unsere Wege nun doch noch zusammengeführt? Ich verstand die Welt schon lange nicht mehr. Ich versuchte sie auch nicht mehr zu verstehen. Meine hellen Augen sahen wieder auf. Sie trafen auf seine schwarzen Pupillen. Sein Blick war kalt und angsteinflößend und doch fühlte ich mich neben ihm sicher. Fühlte es sich so an, weil niemand anderes meinen Vater und Azer übertreffen könnte? Niemand anderes schlimmer sein könnte, als sie?

"Du hast gesagt, dass du diesen Schritt wagen wirst.", seine dunkle Stimme ließ sich hören. Ich zuckte und sah ihn fragend an. 

"Warum dann diese Unsicherheit in deinen Augen.", seine dunklen Augen sahen mich vollkommen leer und ohne jegliche Erwartungen an. Es wirkte so, als würde er mir sagen wollen, dass ich immer noch von hier weg gehen könnte. Es wirkte so, als würde er mir sagen wollen, dass ich seine Hand nicht halten sollte. Es nicht wagen sollte.

"Das werde ich.", sagte ich sicher. Seine Hand erhob sich und legte sich an meiner Wange ab. Mein Herz setze einen Schlag aus, meine Augen wurden größer. Er strich über meinen Wangenknochen. Ich zuckte vor Schmerz und spürte, wie sich die Wärme in seinen Fingerkuppen in meinem gesamten Körper verteilte. So etwas hatte ich noch nie zuvor gespürt.

"Ist das der Grund für deinen Hass?", zum ersten Mal nach langem sah ich Interesse in seinen so leeren Augen. Mein Vater beschäftigte ihn mehr als mich. Wieso, wusste ich noch nicht und doch bin ich mit ihm hierher gekommen. Ich wusste nur, dass er meinen Vater genauso verabscheute, wie ich es tat. Ich entzog mich von seinem Griff und drehte mich leicht weg von ihm, sodass er lediglich mein Seitenprofil sehen konnte. 

"Ich stelle dir auch keine Fragen.", tonlos lief ich in den Raum und schloss die Tür hinter mir.

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„Nimm meine Hand.", überrascht schaute ich auf. Er betrachtete mich nicht, hielt seine Augen entfernt von mir. Zögernd öffnete ich meine Hand und blickte auf seine. Er hielt sie mir entgegen. Mit einem leichten Klopfen in meiner Brust drückte ich meine Handinnenfläche gegen seine und schloss meine Finger um seinen Handrücken. Er tat es mir gleich, drückte seine Finger um meine Hand und sorgte dafür, dass ich mich so sicher, wie lange nicht mehr fühlte. Seine Hand war kalt. Vorsichtig sah ich wieder auf. Er ging den ersten Schritt vor und ich tat es ihm gleich. Er wirkte so kalt. So abwesend. So, als sei meine Existenz vollkommen irrelevant. Laut ausatmend nahm ich meine Augen von seinem Seitenprofil und sah nach vorn. Wir liefen auf eine Tür zu. Befanden uns in einem angesehenen Hotel, dessen Name sich in dem gesamten Land zeigte. Ich wusste, es gehörte jemanden aus seiner Familie, wem genau jedoch nicht.

Heute ich würde sich auch diese Frage beantworten.

Wir kamen vor der Tür an und er klopfte kurz, bevor er ohne auf ein Zeichen zu warten, die Tür öffnete. Ich stand noch leicht hinter ihm versteckt, sodass ich nicht sofort sehen konnte, wer sich in dem Raum befand. Er lief den ersten Schritt vor und ich tat es ihm gleich. Nach wenigen Schritten, befand ich mich nicht mehr hinter, sondern neben ihm. Ich sah Bach vorn. Ein großer Schreibtisch, ein älterer Herr, der an seinem Schreibtisch saß und fassungslos zu uns blickte. Ich sah ihn mir genauer an. Er trug einen Anzug. Er hatte wenige graue Haare, tiefe Augenringe und genau so dunkle Augen, wie er.

„Besim!", sein Name klang, wie Musik in meinen Ohren. Der Mann stellte sich viel zu schnell auf und sorgte dafür, dass sein Bürostuhl gegen den Schrank hinter ihm knallte. Seine dunklen Augen sahen abwechselnd zu mir und zu ihm. 

"Was hat das zu bedeuten?", er sah auf unsere Hände. Ich bemerkte, wie blass er wurde und sich an dem Schreibtisch festhalten musste. Unsicher sah ich rüber zu ihm. Sein Blick lag starr auf dem Mann vor uns. Er stand so sicher, wie eine feste Mauer, die niemand stürzen könnte. 

"Ich werde heiraten.", kam plötzlich aus seinem Mund und ich schluckte vor Schreck. Wie bitte? Meine Brauen verkleinerten den Abstand zueinander und Ich sah ihn unglaubwürdig an. Das war die Rache an die er dachte? So wollte er meinen Vater stürzen sehen?

"Was sagst du da Besim? Weisst du nicht wer sie ist?", ich drehte meinen Kopf wieder zu dem fremden Mann. Was meinte er? Woher kannte er mich? Etwas stimmte hier nicht. Ich lockerte meinen Griff und wollte meine Hand von seiner entfernen, jedoch gelang es mir nicht, denn sein Griff wurde fester. Ich sah verzweifelt zu ihm rüber. Nun sahen die Augen des schwarzbärtigen Teufels ebenfalls in meine und ich sah mehr als Rachsucht in ihnen. Es war Hass. Abgrundtiefer Hass und das nicht nur gegenüber meinem Vater. Hatte er mich getäuscht? War es eine falsche Entscheidung mich zu ihm zu wenden? Hatte ich mich von seiner alten Person, die er mal zu sein schien, täuschen lassen? 

"Sie wird zu meiner Frau und das ganze Land soll es mitbekommen."

So hatte es begonnen.

Ich hatte mich in ein Spiel hineingestürzt ohne alle Karten gesehen zu haben. 

In ein Spiel, aus welchem ich nicht mehr herauszukommen schien.



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⏰ Letzte Aktualisierung: May 04, 2022 ⏰

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