Kapitel 5

545 7 0
                                    

Überraschenderweise küsste Shawn mich jedoch nicht. Als ich meine Augen wieder aufschlug sah er mich immer noch gebannt an, mit einem verschmitzten Grinsen auf den Lippen. Ein bisschen war ich schon enttäuscht, genoss es aber weiterhin von ihm über die Tanzfläche gewirbelt zu werden. Vielleicht war es ein bisschen offensiv von mir zu denken, es würde gleich an unserem ersten Abend „zur Sache" gehen. Doch seine ganze Ausstrahlung und das heiße Aussehen brachten den Hormonhaushalt in meinem Inneren durcheinander.

Unser gemeinsamer Abend neigte sich langsam zum Ende und Shawn brachte mich zurück zu der wartenden Limousine samt Fahrer. »Madlene, vielen Dank für diesen wunderschönen Abend. Ich habe sehr deine Anwesenheit genossen.« Dem konnte ich nur beipflichten. Zum Abschied nahm er mich wie zur Begrüßung in den Arm, um einen hauchzarten Kuss unterhalb meines Ohres zu hauchen. Danach ließ ich mich auf die Ledersitze sinken und Roger fuhr mich zurück zu meinem Apartment. Ich wusste nicht recht, wie ich den heutigen Abend einordnen sollte. Ja, ein bisschen verwirrt war ich schon. Shawn hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass er mich attraktiv fand. Jedoch schien er trotzdem nicht mit mir schlafen zu wollen, obwohl sein Steckbrief mehr als deutlich sagte, dass nichts dagegenspräche. Immer noch vor mich hin grübelnd, schrieb ich meiner Agentin Liza.

// Hey Liza. Bin auf dem Heimweg. Ich sollte heute Abend nur als gutaussehende Begleitung fungieren ... äußerst schade ;) – M. //

Wie immer musste ich nicht lange auf eine Antwort warten.

// Bist du dir ganz sicher, Honey? Shawn Scott hat soeben den Extrabetrag überwiesen... Melde dich! L. //

Ich musste Liza's Nachricht zwei Mal lesen, bevor ich begriff. Den sogenannten „Extrabetrag" zahlten unsere Kunden nur, wenn wir in irgendeiner Form intim mir ihnen wurden. Und das war bei Shawn und mir nicht passiert. Zumal unsere Kunden die Boni auch immer direkt bei den Escorts bezahlten. Nun war ich nur noch mehr verwirrt über diesen Mann!

Roger setzte mich wieder direkt vor meinem Apartment ab und ich bedankte mich vielmals bei ihm. »Sehr gern, Miss Dubious. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend.« Als ich wenig später unsere Wohnung betrat, sah ich einer überraschten Sophia entgegen. »Du bist schon zurück? Ich ahne böses...« kam sie sogleich auf den Punkt. »Im Gegenteil. Shawn hat in mehrfacher Hinsicht meine Vorstellungen übertroffen. Doch sollte ich heute Abend wohl nur sein Anhängsel sein.« Meine beste Freundin schnaufte. »Das glaube ich kaum. Sieh dich an, Süße! Kein Mann könnte dir in diesem Kleid wiederstehen.« Erschöpft ließ ich mich neben ihr auf dem Sofa nieder und kickte die High Heels von meinen schmerzenden Füßen. »Ihm schien es wohl leicht gefallen zu sein...« seufzte ich. Ein bisschen Mitleid von meiner besten Freundin war genau das, was ich jetzt brauchte. »Merkwürdigerweise hat er den Boni bei Liz überwiesen. Und das, obwohl wir uns nicht mal geküsst haben! Schlau werde ich aus dem Mann irgendwie nicht. Er fand mich heiß, das hat er selbst gesagt.« Mehr als ein »Hmpf...« konnte mir Sophia auch nicht entgegensetzen. »Naja, wer weiß. Vielleicht bucht er mich noch einmal... vielleicht auch nicht. Doch schade wäre es.«

...

Seit dem Treffen mit Shawn Scott war eine Woche vergangen. Sieben Tage, in denen er mich nicht für ein neues Date gebucht hat. Doch ich gab die Hoffnung noch nicht auf! Einige meiner Kunden buchten mich nur ein paar Mal im Jahr. Ich beschloss mich auf das was vor mir lag zu konzentrieren. Das Treffen mit Michael Johnsson stünde heute an. Der Plan war folgendermaßen:

1. Dinner

2. Treffen an der Bar mit Katy, einem weiterem Escort unserer Agentur

3. ein bisschen Mut antrinken

4. auf das Hotelzimmer gehen, um sich einer leidenschaftlichen Ménage à Trois hinzugeben

Im Grunde simpel. Da dies aber mein erster Dreier sein würde, umso aufregender. Ich hatte bewusst Katy für unser Stelldichein vorgeschlagen, da sie diesbezüglich schon Erfahrungen sammeln konnte und obendrein überaus attraktiv war. Sie war etwa genauso groß wie ich und hatte langes, schwarzes Haar. Ihre Augen waren groß, grün, die Nase die einer klassischen Schönheit, dass Gesicht herzförmig. Ihr voller Mund war sinnlich und lud nur dazu ein, geküsst zu werden. Die perfekte Frau, um unsere geheime Fantasie auszuleben.

Ich wusste ganz genau, was ich an diesem besonderen Abend tragen würde. Eines meiner Lieblingskleider, kurz und körperschmeichelnd, wartete darauf von mir getragen zu werden. Darunter trug ich ein farblich dazu passendes Spitzendessous, welches ich mit ein paar halterlosen Strümpfen kombinierte. Meine blonden Haare flossen in Wellen über meinen Rücken, mein Make-Up war auffallend, aber sexy. Meine Füße steckten in meinen liebsten High Heels. Ich fühlte mich begehrenswert und voller Tatendrang als ich unsere Wohnung verließ.

...

Michael wartete bereits im Restaurant auf mich und begrüßte mich mit einem Küsschen auf die Wange. »Wow Madlene, sieh dich nur an!« Sein Blick glitt lasziv an meinem Körper hinab, was meinem Selbstbewusstsein noch mehr Antrieb gab. Doch mein Gegenüber war auch nicht zu verachten. Michael war im besten Alter, ich schätzte ihn um die 40 Jahre, doch ungemein attraktiv. Zwar zogen sich schon die ersten grauen Härchen an seinen Schläfen entlang, doch das machte ihn nur anziehender für mich. Sein schlanker Körper steckte in einer legeren Chinohose und in einem dunkelblauen Hemd. Seine Segelschuhe passten perfekt zu seinem Outfit.

...

Das Essen war gut, unsere Gespräche unterhaltsam. Nun saßen wir an der Bar des Hotels und warteten auf die dritte im Bunde. Alles in mir kribbelte, ich war total gespannt, wie der Abend weiter verlief. Mittlerweile hatte ich von Wein zu einem Cocktail gewechselt und der Alkohol lockerte mich ein bisschen auf. Ich erkannte Katy sofort, als sie das Etablissement betrat. Mit wiegenden Hüften kam sie auf uns zu und stellte sich Michael vor, der sie genauso wie mich am früheren Abend gierig musterte. Ein kleines Lächeln konnte ich mir dabei nicht ganz verkneifen. Ich hatte also direkt ins Schwarze mit meiner Wahl getroffen – Jackpot! 

Tagebuch eines EscortsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt