EINS

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1.

Panisch schnappte ich nach Luft und öffnete die Augen. Mein Puls raste und ich war ganz nass geschwitzt. Das war der 3. Albtraum  in einer Nacht, das 3. Mal, dass ich panisch erwachte und Herzrasen hatte und nur, weil ich morgen, nein, HEUTE, meinen ersten Schultag hatte.

Erste Schultage sind schlimm. Man kommt in eine bereits bestehende Klasse und muss sich allen ausliefern und sich vor der Klasse vorstellen. Schrecklich.

Mir wurde mein verschwitztes Bett bewusst und ich quälte mich hinaus, um wenigstens meinen Pyjama zu wechseln. Der Grinsekatzewecker neben meinem Bett zeigte sechs Uhr morgens an. Stöhnend beschloss ich gleich duschen zu gehen, da ich um halb sieben aufstehen musste und es sich definitiv nicht mehr lohnte sich nochmals hinzulegen. Noch mit halb geschlossenen Augen trottete ich ins Badezimmer, stellte die Dusche an, damit sie schön warm war für nachher und zog mich schlussendlich aus. Als ich die Kabinentüre öffnete dampfte es mir wohlig warm entgegen und ich duschte mich ausgiebig.

Danach lief ich, nur im Badetuch eingewickelt in die Küche und trank, wie jeden Morgen, ein Glas Milch. Mein Vater stand plötzlich neben mir und brummte mir zu. Ich brummte zurück. Zu mehr war ich selbst nach der Dusche nicht fähig. Sekunden später kam meine jüngere Schwester gut gelaunt und laut „Guten Morgen“- sagend in die Küche.

Wie ist das möglich? Welcher Mensch kann am Morgen so gut gelaunt sein? Vielleicht nimmt sie ja irgendwelche Drogen… Ich muss sie mal fragen, nur nicht jetzt…

Über meine Schwester den Kopfschüttelnd trank ich den letzten Schluck aus dem Glas und verschwand wieder nach unten.

Im Badezimmer rubbelte ich meine Haare trocken. Dann schnappte ich mir meinen Kajal und umrandete die Augen schwarz. Leuchtend grüne Augen strahlten mir entgegen, als ich einbisschen Wimperntusche auf meine Wimpern schmierte.

Eigentlich muss ich kein solches BimBam veranstalten, da ich Schminke, abgesehen von Kajal, recht unnötig fand, aber trotzdem brauchte… Soviel zu, ich unterwerfe mich keinem Gruppenzwang… Plötzlich musste ich grinsen. Welcher Gruppenzwang? Ich meine, auf meiner alten Schule war ich alleine und hatte keine Gruppe, also kann man es doch nicht als Gruppenzwang ansehen? Oder doch?

Seufzend stoppte ich meine Gedanken, zu viel am frühen Morgen…

In meinem Zimmer stellte ich mich vor meinen Kleiderschrank, welcher noch nicht richtig eingeräumt war und noch ziemlich leer aussah.

Mein Blick schwankte von der schwarzen Hose zur anderen schwarzen Hose und zurück. Ich konnte mich einfach nicht entscheiden. Rechts oder links? Links oder rechts?

Schultern zuckend nahm ich die linke Hose und stand vor dem nächsten Problem. Welches Tshirt? Ich entschloss mich für das Zufallsprinzip und nahm das Unterste. Stolz betrachtete ich das Green Day Shirt und ich schwelgte für kurze Zeit in meiner Erinnerung an mein erstes Konzert. Die Menge, die Stimmung und oh,SIE… Schnell schüttelte ich den Kopf um SIE zu vertreiben, nein, ich will jetzt nicht an SIE denken, sonst…

Leicht weggetreten schnappte ich mir meinen Hoodie und meinen Rucksack, den ich schon gestern für die Schule gepackt hatte. Hecktisch rannte ich die Treppe hinauf, das erstaunte Gesicht meiner Schwester über so viel Energie am Morgen ignorierend  und zog mir meine verschlissenen Chucks an.

„Tschö Dad!“, rief ich über die Schulter und warf die Haustür hinter mir zu.

Zitternd holte ich tief Luft und erlebte ein Déjà-vu. Es durfte nicht sein, dass der Gedanke an SIE mich noch so aus dem Konzept brachte. Es sind zwar erst ein paar Wochen seit dem Zwischenfall vergangen, aber dass ich immer noch reagierte wie am Anfang, beunruhigte mich.

He, She, He and HeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt