[zehn Minuten zuvor]*Kiryus Sicht*
Mein Kopf dröhnte. Die letzten Tage hatte ich kaum mehr geschlafen. Allein meinem Make-up war es zu verdanken, dass ich aussah wie ein ganz normaler Mensch. Nicht dass ich nicht versucht hätte zu schlafen, aber wenn ich auch nur den Schlummerzustand erreichte, sponnen sich die wildesten Bilder zusammen.
Mein Vater, der mit einem Gewehr meine Tür eintrat und mich niederschoss.
Koshi, der mich auslachte für meine Angst.
Koshi, der mich plötzlich nicht mehr kannte, weil er nichts mehr mit der Freakshow, dem Mädchen, das nur Aufmerksamkeit sucht, zu tun haben will.
Meine Mutter, wie ich sie hängen sah.
Das waren die Schlimmsten... nennen wir es Träume. Nicht etwa weil ich meine Mutter noch einmal so sah. Sondern wegen dem, was danach kam. Egal ob ich wach war oder träumte. Egal ob ich mich erinnerte oder ob mein Hirn etwas zusammen sponn. Es war immer dasselbe Szenario. Wahrscheinlich weil nicht einmal mein eigenes Hirn etwas Verstörendes zusammendichten konnte.
Ich war zehn als ich meine Mutter verloren hatte. Mein Vater war an diesem Tag nicht zuhause gewesen. Mama hatte mich in meinem Zimmer spielen lassen. Sie hatte meinen Kopf geküsst und gesagt, dass sie mich liebte. Dann war sie aus meinem Zimmer gegangen und hatte die Tür hinter sich geschlossen.
Nach einer ganzen Weile, ich wollte einfach etwas anderes spielen, war ich sie suchen gegangen. Ich fand sie in ihrem Schlafzimmer. Sie hielt ein Stück Papier in der Hand, die Füße nur Zentimeter über dem Boden.Sie hatte sich erhängt.
Ich blieb in der Tür stehen, konnte mich keinen Zentimeter bewegen.
Irgendwann kam mein Vater zurück nach Hause.
Zuerst sah er mich, dann Mama.
Er schrie mich an.Doch ich hörte ihn nicht. Wütend, dass ich nichts tat, nicht reagierte, warf er mich durch den Flur an die Garderobe. Mein Körper tat höllisch weh, aber ich fühlte endlich etwas. Meine Taubheit war vorüber. Der Schmerz half mir mich zu bewegen. Allerdings kam ich gerade Mal auf alle Viere, da stand mein Vater schon über mir.
Er trat mir in den Bauch, kurz verlor ich den Kontakt zum Boden, um direkt darauf einen Bauchplatscher zu machen. Er schrie und gab mir die Schuld. Erneut raffte ich mich hoch, kam auf die Knie. Schlechte Idee. Erbarmungslos riss er mich an den Haaren hoch: "Ich wusste, dass du nichts als Unheil bedeuten würdest!"
Mit diesen Worten warf er mich gegen die Tür. Mein Kopf traf als Erstes auf das Holz. Kurz davor mein Bewusstsein zu verlieren, hörte ich ihn brüllen: "Du bist SCHULD AN ALLEM!!!"
Noch bevor mich seine Faust traf, wurde alles dunkel.
Das war damals nicht das erste Mal, dass er mich geschlagen hatte oder gewalttätig mir gegenüber wurde. Aber es war das erste Mal, dass ich gebrochene Knochen davon trug.
"Fräulein Kiryu?"
"Hm?", ohne eine Vorwarnung hatte man mich aus meinen Gedanken gerissen.
Vier Augenpaare waren auf mich gerichtet. Die Schulkrankenschwester, meine Klassenlehrerin, die Vertrauenslehrerin und mein Psychologe. Offensichtlich hatte ich eine Frage verpasst. Um nicht unnötig aufzufallen, wählte ich den Weg des geringsten Widerstandes: "Ach, natürlich ich soll sofort antworten. Aber... also ich denke, ich würde sagen, das ist soweit okay."
Diese Antwort passte grob auf so ziemlich jede Frage. Die Runde nickte, einzelne machten sich Notizen. Jeden ersten Dienstag im Monat gab es dieses Treffen. Mein Psychologe kam für diesen Termin extra in die Schule, an jedem anderen Dienstag besuchte ich seine Praxis.
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My guardian Angel
DiversosLiebe Substantiv, feminin [die] 1a. [ohne Plural] starkes Gefühl des Hingezogenseins; starke, im Gefühl begründete Zuneigung zu einem [nahestehenden] Menschen "mütterliche, kindliche, reine, innige Liebe" 1b. [ohne Plural] auf starker körperlicher...