MARA
Ich checkte noch einmal die Adresse, als ich vor dem Haus stand. Doch, hier müsste es sein. Ich war noch nie bei Olli zu Hause gewesen, was auch kein Wunder war. Ich war erst vor einem halben Jahr an seine Schule gewechselt und deshalb sehr überrascht, als er mich zu seinem Geburtstag einlud.
Ich kontrollierte noch einmal, ob ich sein Geschenk dabei hatte, straffte die Schultern und betätigte die Klingel.
Ein lautes Poltern war zu hören und gleich darauf riss ein Mädchen die Tür auf. Sie war bestimmt ein paar Jahre jünger als ich, und grinste mich breit an. "Komm rein. Alle anderen sind schon da. Ich bin Marie. Wir wollen gleich Werwolf spielen, machst du mit?" Ich war von diesem Wortschwall noch etwas überrumpelt, als Olli hinter sie trat. "Hey Mara! Cool, dass du da bist. Komm rein!" Ich schob mich in den Flur und hielt ihm das Päckchen hin. "Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!" "Danke" ,erwiederte er.Ich folgte Olli und Marie ins Wohnzimmer, wo sich schon einige andere Jugendliche in meinem alter auf Sofas und Sesseln breitgemacht hatten. Ich ließ den Blick schweifen und stellte fest, dass der Großteil von ihnen in meine, oder in die Parallelklasse ging. Auf dem rechten Sofa saßen Lisa, Lilith und Frederike und blickten nur kurz in meine Richtung, um dann ihr Gespräch fortzusetzen. Auf dem Sessel mir gegenüber, saß ein Junge, den ich nur vom sehen her kannte. Er sah ziemlich sportlich aus und hatte dunkle leicht gelockte Haare, die unter seiner Basecap hervorlugten. Ich schaute weiter nach links und bekam große Augen. Der Baumjunge! Ok eigenlich hieß er Ben ich hatte ihm diesen Spitznamen nur verpasst, weil er in Bio damit angegeben hatte die lateinischen Namen aller Bäume auf dem Schulgelände auswendig aufsagen zu können. Er war so ein Waldkind, lief immer mit Taschenmesser und Wanderstiefeln rum, die vor Dreck starrten. Ich wusste nicht, das Olli mit ihm befreundet war.
Es stellte sich heraus, dass der Sportler Toni hieß und mit Olli im Verein spielte. Marie war nicht, wie ich angenommen hatte, die kleine Schwester von Olli, sondern die von Lisa und anscheinend mit, weil ihre Eltern selbst auf einer Feier wahren. Sie war aber anscheinend schon öfter dabei gewesen, da alle sie kannten. Ich war also immernoch 'die Neue', was mich nicht sehr freute, aber immerhin durfte ich dabei sein.
"Jetzt spielen wir Werwolf!" ,rief Marie aufgeregt, als sich mir alle vorgestellt hatten. "Ähm.. tut mir leid, aber ich kenne das Spiel nicht." ,warf ich ein. "Echt? Du hast noch nie 'die Werwölfe von Düsterwald' gespielt?" ,fragte Frederike. "Nein" ,erwiederte ich. "Das ist ja nicht schlimm." ,mischte Olli sich ein. "Wir erklären dir die Regeln. Lisa hast du die Karten dabei?" "Ich dachte wir suchen uns selbst die Rollen aus, die wir mitspielen lassen wollen." ,warf Frederike ein. "Au ja!" ,rief Marie begeistert und Lisa hörte auf in ihrer Tasche zu suchen. "Freddy hat recht, das ist sowieso viel lustiger." ,meinte sie und Lilith neben ihr nickte zustimmend.
"Okay wir sind zu acht, das heißt wir spielen mit drei Werwölfen und ich würde gerne Amor mit reinnehmen, wenn niemand was dagegen hat." ,sagte Olli. "Bitte mit Blinzelmädchen!" ,rief Marie dazwischen. "Ok, hab ich." Lilith legte einen weiteren beschriebenen Papierschnipsel auf den Stapel selbstgebastelter Spielkarten. "Wir brauchen noch drei Rollen. Wie wär's mit der Prügeloma und den Detektiven?" ,fragte Ben. "Prügeloma? Das ist der Schläger!" ,korrigierte Toni. "Prügeloma klingt aber witziger!" ,verteidigte sich Ben. Diese beiden kamen wohl nicht ganz so gut miteinander aus. "Das ist ja sowieso das gleiche. Wir können ja beides auf die Karte schreiben, dann ist auf jeden Fall sicher, was gemeint ist." ,ging Olli beschwichtigend dazwischen. "Kann mich mal wer abholen? Ich verstehe nur Bahnhof!" ,beschwerte ich mich, "Wie funktioniert das jetzt?" "Das ist ganz einfach.",begann Lisa, "Das ganze ist ein Rollenspiel. Die Karten mit den verschiedenen Rollen werden gleich gemischt und jeder bekommt eine. Die Rollen haben verschiedene Aufgaben und es gilt immer: die Werwölfe gegen den Rest des Dorfes. Zu Beginn wird gesagt, dass das Dorf einschläft und alle machen die Augen zu, außer denen, die gestorben sind, aber dazu komme ich gleich. Während der Nacht erwachen nacheinander die verschiedenen Personen, tun etwas und schlafen wieder ein. Am Anfang der ersten Runde erwacht Amor umd sucht sich zwei aus der Runde aus, die er verkuppeln möchte. Wenn Amor wieder eingeschlafen ist, wird das Liebespaar angetippt, sodass sie aufwachen und den jeweils anderen sehen. Wenn einer der beiden stirbt, stirbt der andere mit." "Aus Liebeskummer!" ,warf Marie ein. "Hey, unterbrich mich gefälligst nicht!" ,schimpfte Lisa, erzählte aber gleich weiter. "Danach erwachen die Detektive. Sie dürfen sich pro Nacht auf eine Person einigen, dessen Identität sie erfahren möchten. Somit könen sie herausfinden, wer alles Werwolf ist, was ihnen in der Dorfabstimmung hilft." "Du hast die Prügeloma vergessen!" , meckerte Ben. "Der Schläger!" ,korrigierte Toni. "Mein Gott Jungs! Jetzt lasst sie doch mal ausreden!" ,mischte sich Freddy ein. Ich musste schmunzeln, obwohl ich konzentriert versuchte mir die Rollen alle zu merken. "Stimmt, Entschuldigung" ,sagte Lisa "Die Prügeloma/ der Schläger kommt vor den Detektiven. Wer von ihr verprügelt wurde, darf seiner Rolle in dieser Nacht nicht nachkommen, weil er im Krankenhaus liegt. Er kann aber auch nicht umgebracht werden." "Irgendwie kommt mir dieses Spiel sehr Brutal vor, müssen wir uns wirklich gegenseitig schlagen?" "Nein. Es wird natürlich in Wirklichkeit niemand verprügelt oder getötet. Die Leute werden nur angetippt. Jedenfalls erwachen als nächstes die Werwölfe und suchen sich ein Opfer aus. Danach erwacht das Dorf. Das Opfer der Werwölfe wir bekanntgegeben und gibt seine Rolle preis, da es ab jetzt nurnoch zuschauen darf. Die Überlebenden stimmen demokratisch ab, wer gehängt werden soll. Bei Gleichstand passiert nichts. Derjenige, der die meisten Stimmen hat, stirbt und muss nun ebenfalls sagen welche Rolle er hatte. Danach schlafen, bis auf die Toten, alle wieder ein und die nächste Nacht beginnt, wobei Amor erst wieder erwacht, wenn das Liebespaar tot ist. Das Ziel ist es, dass entweder alle Werwölfe, oder alle Dorfbewohner tot sind. Wer dann noch übrig ist, hat gewonnen. Hast du noch Fragen?" "Gerade nicht, ich bin allerdings noch dabei mir alles zu merken, also kommt das wahrscheinlich noch." ,gab ich zu. "Learning by doing. Das wird dann schon irgendwann." ,zog Ben mich auf und ich warf ihm einen du bist so was von tot Blick zu. "Gehen wir in den Wald?" ,wollte Lilith wissen. Diesen Vorschlag hatte ich fast vergessen. Es war ein warmer Abend, aber ich bekam trotzdem ein mulmiges Gefühl bei der Sache. "Ja! Das wird bestimmt super toll gruselig!" ,stimmte Marie begeistert zu und Freddys Augen begannen zu leuchten. Toni und Ben nickten gleichzeitig zustimmend, woraufhin Toni seine Arme verschrenkte und Ben finstere Blicke zuwarf. Lisa schaute zweifelnd in die Runde. "Seid ihr sicher, dass das eine so gute Idee ist?" "Bist du etwa ein kleines Kind, das Angst im Dunkeln hat?" ,warf ich in einem fiesen Tonfall ein. Olli schaute mich seltsam an und ich realisierte, dass das wieder eine Bemerkung war, mit der man sich keine Freunde machte. "Ich hab nichts dagegen in den Wald zu gehen. Wollen wir dann mal los?" ,versuchte ich abzulenken. "Na gut, dann lasst uns gehen!" ,sagte Olli und nahm den Kartenstapel vom Sofatisch.Es begann schon zu dämmern, aber der Wald war voller Geräusche. Ich bereute es, meien neuen Rock angezogen zu haben, denn der Saum verfing sich in den Brombeeren am Wegrand. Auf einer Lichtung machten wir halt und setzten uns im Kreis ins Gras. Olli verteilte die Karten und ich schaute mir meine an. Werwolf stand darauf. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen und legte sie vor mir ab, sodass niemand lesen konnte, was für eine Rolle ich hatte. "Also dann...", sagte Olli und ließ sich auf seinen Platz fallen,"...schläft das Dorf jetzt ein!" Wir schlossen die Augen.
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The Werewolf game
Mystère / Thriller_Sie holen auf. Ich kann schon das Rascheln der Pfoten im Laub hören und bilde mir ein ihren Atem im Nacken zu spüren, da taucht auf einmal ein großer Baum vor mir auf. 'Wölfe können nicht klettern, oder?', frage ich mich selbst, als ich den unters...