∭ Kapitel 13 ∭

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Noch immer saßen die sieben jungen Männer in dem spärlich beleuchteten Aufzug und warteten sehnlichst auf ihre Rettung. Die Gemüter spannten sich exponentiell zur vestrichenen Zeit immer mehr an, und diese Tatsache zeichnete sich nun allmählich auch auf ihren Gesichtern ab.

Die Nerven lagen inzwischen ziemlich blank. Sie alle hatten zunehmend Hunger und Durst, während sie weiter die stickige Luft einatmeten, und die mangelnde Bewegungsfreiheit tat ihr übriges zu der Misere. Dass die Zeit einfach nicht schnell vergehen wollte und sie mittlerweile schon über drei Stunden dort saßen, machte es auch nicht einfacher. Wie hatte Yoongi ganz am Anfang gesagt? Wie zu lang gekautes Kaugummi ... Und auf diesem kauten sie nun wirklich schon viel zu lange rum. Immerzu schaute einer von ihnen auf seine Uhr und seufzte, weil wieder nur zwei Minuten vergangen waren, die sich angefühlt hatten wie Zwanzig.

Als Hoseok sie dazu überreden konnte, eine Weile einfach etwas zu spielen, hatten sie kurzzeitig das Gefühl, ihre momentane Lage ausblenden zu können. Jungkook erinnerte das sehr daran, wie früher die Fahrten zu Familienurlauben anfingen - wenn er mit seinen Eltern und seiner Schwester mit dem Familienauto gefühlt mal wieder viel zu weite Strecken fahren musste und sie auf der Rückbank alles versuchten, um ihre Langeweile zu bekämpfen.

Wie Taehyung dabei einfach weiter schlafen konnte, war ihnen allen ein Rätsel, aber er schien auch wirklich ziemlich erschöpft zu sein und sich in keinster Weise daran zu stören, dass die anderen die ganze Zeit redeten, lachten oder weinten. Vielleicht war er auch einfach einen gewissen Lärmpegel gewohnt, immerhin arbeitete er mit Kindern. Was es auch war, Jungkook war froh, denn so konnte Taehyung neue Kraft tanken. Außerdem verging die Zeit dadurch schneller und er konnte nicht so schnell nochmal in eine weitere Panikattacke rutschen.

Die Älteren, Jungkook hatte nämlich festgestellt, dass er der Jüngste der Anwesenden war, bekamen zwar mit, dass er extra leise war wegen Taehyung, doch sie ließen es unkommentiert. Sie beobachteten weder Jungkook noch seinen schlafenden Nebenmann. Es war einfach so, weil Taehyung das jetzt brauchte.

So schöpften sie alle Spiele aus, die ihnen spontan in den Sinn kamen, von Liedern, die jeder kannte und mitsingen oder summen konnte, über Stein, Schere, Papier, bis hin zu 'Ich-sehe-was-was-du-nicht-siehst'.

Dieses letzte ihrer Spiele sorgte jedoch leider dafür, dass die Stimmung wieder kippte. Denn als Yoongi meinte, es gäbe hier nichts zu sehen außer müden Kerlen, schmutzigem Fußboden, beschmierten Wänden und dieser bescheuerten Notbeleuchtung, weil sie in einem verdammtem, sechs Quadratmeter kleinen Aufzug fest saßen, da wurde ihnen schlagartig wieder bewusst, in welcher Situation sie sich befanden.

Die beängstigende Stille, die sich danach über sie legte, schien alles zu erdrücken. Erst eine ganze Weile später wurde diese Stille von dem leise fluchenden Jimin durchbrochen, als sein Handy, von seinem frustrieren Schnaufen begleitet, auf dem Boden vor ihm landete. Er schimpfte los wie ein Rohrspatz. "Boah ey. Verdammt! Akku leer."

Natürlich blieb die Aussage nicht lange ohne Reaktion des blonden Miesepeters, der sich sowieso schon die ganze Zeit fragte, wie ein Mensch freiwillig so lange auf den kleinen Bildschirm eines Handys gucken konnte, und darum unwillig eine Augenbraue hochzog.
"Oh nein, wie tragisch...", grummelte Yoongi daher genervt.

"Halt einfach die Klappe, Kotzbrocken", murrte Jimin und funkelte einmal mehr an diesem Tag seinen Sitznachbarn böse an. Dass Yoongi den Blick nicht erwiderte, sondern einfach weiterhin die Augen geschlossen hielt, fand er mehr als unhöflich.

"Sei nicht immer so ne Diva!", fügte Yoongi dann noch hinzu und sorgte so dafür, dass Jimin nun echt mit seiner Selbstbeherrschung zu kämpfen hatte.
"Yoongi, ich warne dich...", knirschte er mit zusammengebissenen Zähnen, während er seine Hände so stark zu Fäusten ballte, dass die Knöchel bereits weiß hervortraten. "Halt. Die. Klappe!"

"Oooooo - Sonst was!? Bewirfst du mich mit Wattebäuschchen?", fiel er Jimins ins Wort und öffnete nun ziemlich schlagartig die Augen, um den Blauhaarigen mit amüsiertem Blick zu fixieren. Gleichzeitig war die Mahnung in seinen Augen nicht zu übersehen. Doch statt nun selbst die Klappe zu halten, war das der Tropfen, der bei Jimin das Fass endgültig zum Überlaufen brachte. Man konnte seinen Geduldsfaden förmlich reißen hören in der angespannten Stille.

"Das reicht! Was hast du eigentlich für ein Problem!? Bist du so unzufrieden mit deinem Leben, dass du immer nur an anderen rummeckern kannst!?"
Jimin kochte vor Wut, während er förmlich aufsprang und sich dem Griesgram mit immernoch geballten Fäusten gegenüber stellte. Er ignorierte Namjoons Aufforderung, dass er sich beruhigen solle, und konzentrierte sich ganz auf Yoongi, als habe er Namjoon schlichtweg nicht gehört.

Doch Yoongi, der in der Regel einfach mit einem nicht enden wollenden Zynismus ausgestattet war, wurde dadurch jetzt selbst wirklich sauer.

Jungkook konnte die Veränderung in seinem Blick sehen, seine Augen strahlten eine kalte  Wut aus, bei dem sogar er Gänsehaut bekam. Jimin schien wenig beeindruckt davon zu sein, selbst als Yoongi sich nun selbst vor dem Jüngeren aufbaute. Er knurrte kurz und erhob dann seine dunkle, wutgeladene Stimme.

"Selber Klappe! Du hast absolut keine Ahnung von meinem Leben! Also halt dich gefälligst aus Sachen raus, die dich verdammt nochmal überhaupt nichts angehen. Schwuchtel!"

Jungkook konnte erkennen, wie fest Yonngi seine Kiefer aufeinander presste. Und er fragte sich zugleich, ob ihn das nicht bereits schmerzte. Jimin schien dagegen noch immer unbeeindruckt. Oder er hatte im Sinn, Yoongi zu provozieren, denn er verschränkte seine Arme vor seiner Brust und wich nicht einen Millimeter zurück. Ein verzerrtes Lächeln bildete sich auf seinem Gesicht. "Pah! Ich kenne solche Leute wie dich!"

"Ach ja!?" Die Angriffshaltung von Yoongi war nun für jedermann sichtbar. Außer für Jimin offensichtlich.

Denn er konterte sofort mit affig verstellter Stimme. "Ja! Du armer Junge bist als Kind nie lieb gehabt worden und hast nie Freunde gefunden, und weil du eigentlich im Inneren total verletzt bist, greifst du lieber andere an, als dich um deine eigenen Probleme zu kümmern!" Die letzten Worte kamen tief und drohend hervor.

"Ohhh, die Schwuchtel wird zum Tiefenpsychologen!", lachte Yoongi scharf, ohne etwas von dem bedrohlichen Klang seiner eigenen Stimme einzubüßen.

"Ich hasse solche Leute wie dich!"
Der Blauhaarige schien sich endgültig von Yoongi nicht länger auf der Nase rumtanzen lassen zu wollen. Seine Stimme wurde lauter, und um seiner Abneigung noch mehr Ausdruck zu verleihen, schubste er Yoongi an den Schultern nach hinten. Es war nicht feste, doch es reichte, um Yoongi irritiert ein paar Schritte nach hinten torkeln zu lassen. Aber nicht für lange.

"Solche Leute wie mich also, ja!?", fauchte Yoongi, nachdem er sich wieder gefangen hatte und ein paar Schritte zurück auf Jimin zugegangen war. Jimins letzten, beinahe ausgespuckten Satz ließ er dabei unkommentiert. Der schoss sofort zurück. "Ja! Solche Leute wie dich, die meinen, solchen Leuten wie mir das Leben schwer machen zu können!"

Nicht nur Jungkook erkannte, dass die beiden sich gefährlich schnell immer mehr in ihren Konflikt reinsteigerten, und bekam seine Bestätigung nur wenige Sekunden später. Wahrscheinlich lag es an der abwertenden Tonlage Jimins, dass bei Yoongi nun ebenfalls die Sicherungen durchbrannten. Mit einem unsanften Schubs, gröber als der vorherige von Jimin, schubste er den Jüngeren mit einem blechernen Rumpeln gegen die Aufzugwand und packte ihn fest am Kragen seines Oberteils. Doch noch bevor er ansetzten konnte, seine Drohungen und Beschimpfungen auf den tobenden Jimin nieder prasseln zu lassen, wurde er jäh von Namjoon unterbrochen.

"Schluss jetzt! Es reicht langsam!" Namjoons Stimme war nicht nur rauer als zuvor, sondern auch lauter und energischer. Geballte Wut lag in der Luft, und beinahe wäre die Situation eskaliert, als auch Hoseok dazwischen gehen wollte, doch da erklang aus der anderen Ecke der Kabine eine verwirrte, leise Stimme, die nach dem Schlaf noch nicht wieder ihren normalen Klang angenommen hatte. "Was ... warum brüllt ihr so ...? Ist was passiert?"

"Vielen Dank! Das habt ihr ganz toll hinbekommen!", knurrte nun auch Jungkook sarkastisch, nachdem er Taes weiche Stimme vernommen hatte. Er richtete seinen Blick zur Seite und sah sogleich, dass der sich seine vom Schlaf schweren Augen rieb. Dann kuckte Taehyung verwirrt in die Runde, weil er keine Ahnung hatte, wo diese zorngeladene Stimmung wohl herkommen mochte.

Wer hätte gedacht, dass es gerade seine verschlafene, leise Stimme war, die auf einmal dafür sorgte, dass sich die Wogen wieder einigermaßen geglättet werden konnten?

𝗲𝗹𝗲𝘃𝗮𝘁𝗼𝗿ᵗᵃᵉᵏᵒᵒᵏ|ʸᵒᵒᶰᵐᶤᶰWo Geschichten leben. Entdecke jetzt