Kapitel 2

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Nach zwei Stunden Fahrt, kam mir schon das Denkmal entgegen, was mich schon als kleines Kind fasziniert hat. Es bildet eine junge Frau ab, welches eine Kette mit einem Kreuz trägt und auf ihrer Armbeuge sitzt ein Rabe, mit dem sie sich anscheinend unterhält. Als Kind habe ich mir immer Geschichten ausgedacht über was sie wohl reden könnten. Linda sagte, dass kaum jemand aus der Kleinstadt wusste was es bedeutet,obwohl der Grund ziemlich simpel ist. Der Ort hat einen großen heruntergekommenen Friedhof und die junge Frau mit dem Raben stellten das Gleichgewicht zwischen dem Tod und dem Leben dar. Um das Denkmal herum ist viel Wiese und ein paar Meter weiter steht eine Imbissbude bei der ich mir gleich eine Portion Pommes holen werde,weil ich hungrig von der Fahrerei bin. Nachdem ich bezahlt hatte, stellte ich mich an einen Stehtisch, der noch etwas nass war vom Regen. Während ich mir von fetttriefenden Fritten reinzog, beobachtete ich etwas die Leute hier. Ein paar ältere Herren sitzen auf einer Bank und unterhielten sich während sie einer jungen Joggerin hinterher stierten. Eine Mutter ging mit ihren zwei kleinen Kindern und einem hochschwangerem Bauch spazieren. Ein junges Pärchen stellte sich soeben an die Schlange der Imbissbude an. Doch meine Aufmerksamkeit galt auf einmal einem kleinem Mädchen, welches gerade mit Schmetterlingen spielte, was absolut niedlich aussah. Sie war um die acht Jahre alt, hatte dunkle Augen und lange blonde Haare. Wahrscheinlich bemerkte sie, wie ich sie anschaute und sie kam auf einmal auf mich zu. Sie grinste breit auch wenn es etwas zu übertrieben aussah. Ein paar Meter vor mir blieb sie auf einmal irgendwo hängen und schlitterte mit den Knien über den steinigen Kiesweg. Ich stand sofort um und schmiss dabei meine Pommes auf den Boden was mir in dem Moment ziemlich egal war. Doch ihre Reaktion war für ein kleines Mädchen ziemlich erschreckend. Sie setzte sich nämlich auf den Hintern und beäugte ihre blutigen Wunden bei denen sie angefangen hatte die Steine rauszuholen ohne irgendeine Mimik im Gesicht zu zeigen. Um sie nicht zu erschrecken sprach ich sie leise an: „Hey Kleines, alles gut bei dir?". Ohne hochzuschauen antwortete sie: „Lilith sagt immer, dass Schmerzen nur vom Kopf aus da sind.". Ich war völlig entsetzt das so ein kleines Mädchen so ruhig und reif gesprochen hat, trotz ihrer Verletzung. Und wer zur Hölle ist Lilith? Egal das wichtigste ist, dass die Wunde jetzt versorgt wird also muss ich die Kleine dazu überreden mit mir nach Hause zu kommen. Hoffentlich hat Lilith ihr den Satz ' Ich darf nicht mit Fremden mitgehen' nicht beigebracht. „Ich heiße Connor und du?", fragte ich sie vorsichtig. Aus großen dunklen Augen schaute sie mich an und sprach melodisch: „Dalia. Kann ich zu dir? Lilith ist nicht zu Hause und mir ist langweilig.". Okay das ging ja schneller als gedacht. „Natürlich kannst du das aber eine Frage hätte ich noch, und zwar wer ist Lilith?". „Das ist meine große Schwester. Ich wohne mit ihr in dem grauen Häuschen neben dem Friedhof. Bist du eigentlich der Neue in diesem Ort? Lilith hat mir erzählt das jemand Neues herkommt. Sie hat auch gesagt das du es spätestens dann bereuen wirst hierher gezogen zu sein, wenn du zur Schule gehst. Eigentlich sollte ich es niemanden erzählen aber ich hatte mal Erwachsene belauscht die gesagt haben, dass es völlig normal ist das Kinder Geheimnisse weiter erzählen." Zuerst war ich völlig überfordert das ein so junges Kind so dermaßen schlau sein kann und wie kann ihre Schwester sie alleine lassen? Meine Theorie wäre, dass ihre Schwester erwachsen wäre und deshalb studiert oder arbeitet und Dalia deshalb alleine bleiben muss. Ich bat dem kleinen Mädchen gegenüber von mir an, in mein Auto zu steigen und es nahm erfreut an. So kam es dazu, dass ich nun mit einer zuckersüßen Begleitung und sehr vielen Umzugskartons in meinem Auto in mein neues Zuhause fuhr. Glücklicherweise gehöre ich zu den Menschen die sich Wege unglaublich gut merken und nach belieben abrufen können. „Sag mal wie alt bist du eigentlich?", kam es von Dalia. „Was schätzt du denn?", fragte ich sie belustigt. Als Antwort kam: „so etwa dreißig?". Vor Lachen verlor ich kurz die Kontrolle über das Lenkrad woraufhin sich Dalia kurz in den Sitz krallte. Ich tätschelte ihre Schulter und erklärte ihr mit Lachtränen im Augenwinkel, dass ich gerade mal siebzehn Jahre jung bin. Als sie mir dann stolz erzählte das ihre Schwester genauso alt war wie ich, musste ich etwas schmunzeln. „Wo ist denn deine Schwester?", platzte es aus mir heraus. „Ich glaube wieder bei Lilly.", antwortete sie mit ihrer kleinen Mädchenstimme. Ich hatte zwar keine Ahnung wer Lilly ist aber das einzige was mich gerade interessiert ist die Tatsache, dass ich in der Einfahrt meines eigenen neuen Heimes bin welches mir sofort eine Verbundenheit gab. Ich bin Zuhause.

FriedhofmädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt