Friedhofmädchen

Kapitel 4

Zum Glück hatte die Tür einen Spion durch den ich hindurch gucken konnte. Meine Fantasie malte sich schon aus wie ein Serienkiller aussah doch mein Blick ruhte auf dem Mädchen vor meiner Tür. Sie war etwa in meinem Alter und ist einen Kopf kleiner wie ich. Ihr hellbraunes Haar ging ihr bis zu den Hüften und ihre eisblauen Augen stechen zu ihrem gebräunten Hautton unglaublich raus. Ihre Arme schlang sie um ihren dünnen Körper. Alles im einen war sie wirklich sehr schön. Und ich Idiot merkte das ich sie seit paar Minuten in der Kälte rumstehen lasse. Ich schluckte nochmal kurz und überprüfte ob mein Atem gut genug war und dann öffnete ich schließlich die Tür. „Hey ähm könnte ich Dalia abholen?", kam es vom Mädchen gegenüber. Dann fingen meine Alarmglocken an zu läuten, da es sich hier wahrscheinlich um Lilith handelte. Aber woher weiß sie bitteschön wo ich wohne und das ihre Schwester momentan bei mir ist? Und warum stellt sie sich nicht vor? Entweder ist sie absolut verzogen oder fühlt sich als was besseres. Was ich ihr nicht übel nehmen kann, da sie absolut schön ist. Oh na toll. Seit Minuten lasse ich dieses Mädchen an der Türschwelle stehen. Um nicht unhöflich zu sein, bat ich ihr was zum trinken an was sie höflich ablehnte. „Dalia ist eingeschlafen, ich kann sie dir gerne ins Auto tragen damit wir sie nicht aufwecken müssen.", schlug ich ihr vor. Sie nickte zaghaft und ich machte mich direkt auf den Weg um die Schlafmütze zu holen. Vorsichtig öffnete ich das Gästezimmer und der Brustkorb sank und hob sich regelmäßig. Ich hätte ihr stundenlang dabei zusehen können aber hoffentlich treffen wir uns wieder. Behutsam hebe ich sie hoch und trage sie raus ins Auto. Dort angekommen lege ich sie auf die Rückbank. Vorhin hatte ich noch mein altes Plüschtier in die Hosentasche gestopft damit ich es Dalia schenken kann. Bevor ich die Autotür schloss, erlaubte ich mir noch der süßen Fahrerin zuzuzwinkern. An der Haustür lehnend beobachtete ich wie die beiden Mädchen aus meiner Straße raus fuhren. Komischerweise sahen die beiden sich überhaupt nicht ähnlich. Es gibt ein Thema über das ich überhaupt nicht gerne rede, und zwar über den Tod meiner kleinen Schwester. Mein Vater war für ein paar Monate mit einer Frau zusammen, die mich aufs Blut hasste und mich wie Abschaum behandelte. Die beiden bekamen ein Mädchen welches sie Laila nannten. Die Exfreundin meines Vaters war Libanesin und deshalb bekam das Kind einen arabischen Namen. Sie wurde gerade mal fünf Monate alt und ich liebte sie so sehr. Leider erlaubten mir meine Verwandten nie, dass ich meine eigene Schwester in den Arm nehmen durfte. Und so kam es, dass ich eines Tages regulär von der Schule gekommen bin und mein Vater mir trocken erklärt hat, dass seine Ex sich das Leben genommen hat als er bei der Arbeit war. Laila war in ihren Armen als sie sich erhängte und fiel auf den harten Boden als die letzte Kraft aus den Armen ihrer Mutter wich. Weinend lag ich als achtjähriger auf dem Boden ohne zu wissen was ich mit meinem Leben anzufangen habe. Wäre meine Tante nicht gekommen wäre ich bis heute verstörter. Tante Linda nahm mich in den Arm während wir heiße Schokolade an ihrem Küchentresen tranken. Ich werde niemals den Spruch vergessen den sie bei der Beerdigung von Laila sprach:

„Kleine Seele, ich lass dich gehen, denn ich weiß wir werden uns wieder sehen."

Das Seil mit dem sich Lailas Mutter umgebracht hat, liegt in einer verschlossenen Box im Kleiderschrank meines Vaters mit vielen Fotos von den beiden Verstorben und deren Habseligkeiten.

Ich durfte die Box noch nie öffnen.