Es war bereits nach Mitternacht und das sanfte Licht des Vollmondes schien durch den Vorhang und zeichnte ungleichmäßige Muster auf die weißen Wände des Zimmers.
Sie nahm in dem schummrigen Licht die handschriftlich geschriebenen Buchstaben in dem Notizbuch nur schemenhaft war. Es waren alles Worte, die sie in tränengetränkten Nächsten aufgeschrieben hatte oder in einsamen Momenten, wenn ihre Gedanken sie zu erdrücken schienen. Die Texte die sie in das Notizbuch schrieb, dessen Umschlag mit feinen Ornamenten verziert war, waren nicht dafür gedacht von anderen gelesen zu werden, noch literarisch hochwertig zu sein. Sie waren einfach nur die Gedanken eines 16-jährigen Mädchens, was Zuflucht in den Seiten ihres kleinen Büchleins suchte.
Ein Vibrieren riss sie aus ihren Gedanken. Jess legte das Notizbuch auf den Nachttisch und klemmte den Kugelschreiber zwischen die Seiten. Sie griff nach ihrem Handy. Das grelle Licht des Bildschirms blendete sie einen kurzen Moment, doch sie gewöhnte sich schnell daran. Schlaftrunken überflog sie die Nachricht von Zoe.
Wo bist du?Es war Mitten in der Nacht. Wo sollte sie schon sein?
Zu Hause. Antwortete Jess kurz und legte ihr Handy wieder beiseite. Als sie gerade wieder nach ihren Stift greifen wollte, vibrierte es erneut. Schau mal aus dem Fenster!Jess kniff die Augen zusammen und hoffte, dass sie ihre Freundin nicht bei Dunkelheit vor ihrem Haus auffinden würde. Zögerlich schob sie die Decke beiseite und trat an ihr Fenster. Sie zog den Vorhang zurück und blickte hinab auf den kleinen Garten, der von einem niedrigen Zaun gesäumt war. Außer ein paar Holundersträuchen konnte sie nichts entdecken. Keine Zoe, die des nächtens an ihr Fenster klopfte. Sie atmete erleichtert auf und wollte sich schon wieder umdrehen, als sie eine kleine schwarze Gestalt über den Rasen huschen sah. Jess öffnete das Fenster und lehnte sich einen Spalt hinaus. Der kühle Nachtwind umwehte ihre nackten Arme und ließ sie frösteln. "Jess?" Es war eindeutig die Stimme ihrer besten Freundin, die die erdrückende Stille durchbrach. "Zoe? Was willst du hier?" Sie nahm die kleine Gestalt am Rande des Gartens nur als schattenänliche Gestalt war, doch ihre Stimme drang klar und deutlich zu ihr hinauf. "Komm hier runter!" Sie klang gebieterisch. "Spinnst du? Ich geh nirgendwo hin!", entgegnete Jess genervt und machte Anstalten, das Fenster wieder zu schließen, als Zoe ein gebervtes Seuftzen entfuhr. "Sei nicht so langweilig! Du bekommst schon noch deinen Schönheitsschlaf. Jetzt beweg deinen knochigen Hintern hier runter! Sonst werde ich die ganze Nacht lang hier sitzen bleiben und Kieselsteine an deine Scheibe werfen." Trotzig ließ sie sich auf das feuchte Gras fallen und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie wusste, dass ihre Freundin es ernst meinte. Schnell schloss sie das Fenster und zog einen dicken Pullover über ihren Pyjama. Sie ließ den Hausschlüssel in ihre Hosentasche gleiten und schlich vorsichtig die Treppe hinunter. Durch die Schlafzimmertür ihrer Mutter, konnte sie den Klang ihrer gleichmäßigen Atemzüge venehmen. Leise zog sie die schwere Haustür hinter sich zu und schlich um das Haus herum. Zoe grinste sie stolz an. Ihre platinfarbenen kinnlangen Haare leuchteten in dem Licht der Straßenlaternen und machten sie unverkennbar. "Ich wusste dass du kommst." Sie griff nach ihrer Hand und zog sie zu ihrem Auto. Es war ein alter Golf, den sie von ihren Eltern zu ihren Führerschein bekommen hatte und dessen rote Lackierung, bereits an Farbe velor. "Jaja. Aber wo wollen wir hin?" Zoe wies Jess an, sich auf den Beifahrersitz zu setzten und ließ sich selber hinters Lenkrad fallen. "Lass dich überraschen!", sagte sie zwinkernd und drehte den Schlüssel im Zündschloss um. Der Motor heulte auf und Jess betete, dass ihre Mutter einen tiefen Schlaf hatte. Im Rückspiegel sah sie ihr Haus, wie es immer kleiner wurde und irgendwann entgültig in der Ferne verschwand. Zoe hatte seit sie losgefahren waren, trotz mehrmaligem Nachfragen, nichts mehr gesagt, weshalb Jess es nach einer Weile aufgegeben hatte und ihren Blick nun starr auf die Straße richtete. Das Schweigen erdrückte sie und Jess wurde mulmig zumute. Zoe bog auf eine Landstraße ein und die modernen Häuser wichen den hohen Bäumen, die nun den Straßenrand säumten und dunkle Schatten auf den Asphalt warfen. Die Lichtkegel der Laternen, beleuchteten die Straße und tauchte sie in ein kühles Orange. "Wie lange fahren wir noch?", fragte Jess ungeduldig und trommelte mit den Fingern auf dem Amaturenbrett herum. "Wir sind gleich da.", gab Zoe zurück, den Blick weiterhin starr auf die Straße gerichtet. Nach weiteren Metern entschwanden die Bäume und weite Felder traten an ihre Stelle. Über den Horizont erstrecken sich weitlaufende Felder, dessen Farben in der Dunkelheit verblassten. In weiter Ferne sah Jess die Silhouette eines kleinen Hauses.
Der Wagen rollte aus und hielt vor einer kleinen Scheune. Plötzlich war alle Müdigkeit aus Jess gewichen. Zoe öffnete die große Holztür mit einem Quietschen und sie traten ein. Ein Knall hallte durch den Raum, als die Tür ins Schloss fiel. Jess konnte ihre Hand nicht vor Augen sehen und klammerte sich an den Arm ihrer Freundin. Plötzliches Licht überflutete den Raum und Jess musste einige Male blinzeln, ehe sie die Konturen der Scheune wahrnahm.
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Alive - Wie viel ist das Leben wert?
Teen Fiction"Wir haben nichts gespürt. Keine Freude. Keine Trauer. Da war nur diese Leere. Wir haben keinen Sinn mehr im Leben gehabt. Haben jahrelang nur noch existiert. Wir dachten, dass das was wir taten "leben" sei, aber wir haben uns belogen. Die Gesellsch...