Kapitel 10: Das verlorene Wochenende

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Unter der Woche von 8:25 Uhr bis 15:01 Uhr halten wir uns an einen strikten Zeitplan. Alles in unserem Leben ist unter Kontrolle. Und dann passiert etwas wie der Mord an Jason Blossom und du checkst, sowas wie Kontrolle gibt es nicht. Es gibt nur Chaos. Trotzdem versuchen einige von uns, die Ordnung wiederherzustellen und zu erhalten; in dieser so ungeordneten, chaotischen Welt. Und das sollte sich schon sehr bald bestätigen. Auf eine Art, die keiner von uns vorhergesehen hat.

In der Pause saß ich zusammen mit Kevin, Betty, Veronica und Archie im Aufenthaltsraum und Kevin machte eine Art Test in Form eines Onlinequiz mit jedem von uns. „Also Scarlett, würdest du sagen, du bist eher Lover oder Fighter?", fragte er dann an mich gewandt und ich erwiderte mit einem Schulterzucken, ob das nicht auf die Situation ankäme. „Na schön, finden wir es also heraus", meinte mein Kumpel und fing an, mir die Quizfragen zu stellen, die sich vorallem danach richteten, wie man in bestimmten Situationen reagieren würde. Am Ende nannte er mein Ergebnis: „52% Lover und 48% Fighter, du bist beides zu etwa gleich großen Teilen." Ich neigte meinen Kopf etwas und lächelte dann, weil ich mit so etwas ähnlichem schon gerechnet hatte. Schließlich machte sich Kevin auf den Weg zu seinem nächsten Kurs und ich wechselte einen Blick mit Archie und Betty, weil wir unserer Freundin noch erzählen mussten, was Archie beim Bankett herausgefunden hatte. Betty und Archie erklärten Veronica, dass allem Anschein nach Clifford Blossom dafür verantwortlich war, dass ihr Vater im Gefängnis saß. Sie hatte die Nachricht ganz gut aufgenommen, aber die Frage gestellt, die uns allen auf der Seele brannte: Wie sollte Clifford Blossom etwas damit zu tun haben? Niemand wusste eine Antwort darauf, aber im Moment gab es sowieso andere Dinge, über die ich mir mehr Gedanken machte. Ich wollte gerade zum Geschichtskurs gehen, als Archie mir im Gang folgte und mich ein Stück begleitete. „Hey, vielleicht weißt dus, vielleicht auch nicht; aber... Jughead hat Geburtstag", erzählte er mir und ich schaute ihn erstaunt an. „Was, heute? Und er hat nichts gesagt?!", antwortete ich überrascht, aber Archie erklärte, dass es erst morgen war. „Er will kein großes Ding draus machen. Jedes Jahr geht er zu ner Doppelvorstellung ins Bijou, ist so ne Art Tradition. In den letzten Jahren war ich sein Kinobuddy, aber jetzt hat er ne Freundin", sagte er und ich sah zu ihm und erklärte, dass ich gern mit ihm ins Kino ging, Archie aber dabei sein sollte. „Ich will nicht das fünfte Rad am Wagen sein", meinte er aber kopfschüttelnd und ich schaute ihn mit einem Lächeln an. „So schlimm sind wir doch gar nicht", entgegnete ich grinsend und boxte ihn leicht gegen den Arm. „Wir sehen uns später, Scar", verabschiedete er sich schließlich und ich überlegte, was ich jetzt machen sollte. Ich hatte nicht vor, etwas großes für Jugs Geburtstag zu planen, aber ich dachte, es wäre eine gute Idee, seinen Vater einzuladen und in der Pause rief ich F.P. Jones an. „Ja, hier Jones", meldete er sich und ich antwortete: „Hallo, Mr. Jones. Hier ist Scarlett Fry, Jugheads-" Doch er unterbrach mich und beendete meinen Satz selbst. „Freundin; ich kann mich erinnern", erklärte er und ich fragte ihn, ob er an Jugheads Geburtstag mit ins Kino gehen wollte und danach etwas essen. „Weiß er von deinem Anruf?", wollte F.P. wissen und ich erklärte, dass es eher eine Überraschung werden sollte. „Mann, wenn Jughead eine Sache weniger mag als Überraschungen, dann seinen Geburtstag. Er hat niemals ne Party gefeiert und wollte auch keine", erzählte Jugs Dad und fuhr dann fort, dass das beste Geschenk, was er machen konnte war, sich fernzuhalten. „Aber nett, dass du angerufen hast, Scarlett", sagte er schließlich und beendete das Gespräch. Etwas frustriert sah ich auf mein Handy und überlegte, was ich jetzt machen sollte. In der Mittagspause setzte ich mich zu meinen Freunden und erzählte ihnen von meinem Telefonat mit Jugs Vater. „Er hatte noch nie ne Geburtstagsparty? Lasst uns eine für ihn schmeißen!", sagte Veronica sofort, aber Archie sah sie ernst an und schüttelte den Kopf. „Mhm, nein", machte er nur, während er sein Baguette aß. „Kommt schon, das ist eine fantastische Idee", meinte Veronica begeistert und ich wartete ab, was Archie dazu sagte. „Jughead hasst seinen Geburtstag", erklärte er und Kevin mischte sich ein. „Das sagt jeder, doch niemand meint es so", warf er ein, aber Archie war beharrlich. „Er ist n einsamer Wolf", versuchte er, zu erklären und ich wägte ab, was ich tun sollte. „Okay, ignorieren wir das Negative. Scar, du kennst mich; das wichtigste ist, ich trag n Partykleid", fing Veronica an und ich machte eine gleichgültige Kopfbewegung, schenkte ihr aber ein Lächeln. „Gut, mir schwebt da was, ähm, idyllisches vor; nur der engste Kreis", erklärte sie und drehte sich weiter zu mir. „Oh mein Gott", sagte da Kevin und wir folgten seinem Blick in den Gang der Cafeteria. „Dreht euch bloß nicht um", meinte Kev, aber es war schon zu spät und wir erblickten Chuck Clayton. Mein Puls beschleunigte sich und ich sah zu Betty, die neben mir saß und Chuck ebenfalls anstarrte. „Heiliger Chuck, ich glaube, sein Kreuz ist noch breiter geworden", bemerkte Kevin, als er an unserem Tisch vorbei ging und unser Freund drehte sich wieder zu uns. „Aber das interessiert mich nicht, denn er ist der Teufel", fuhr er fort und Archie fragte, warum Chuck wieder da war. „Er wurde suspendiert, nicht gefeuert. Auch wenn man ihn für das, was er getan hat hätte vierteilen müssen", erklärte Veronica, während meine beste Freundin aufstand und zu dem Tisch ging, an dem Ethel saß und an den sich jetzt auch Chuck gesetzt hatte. Ich folgte ihr und als wir bei Ethel angekommen waren, forderte Betty, dass er sie zufrieden ließ. „Ganz cool. Hört zu, ich will mich nur entschuldigen", antwortete er mit einem leichten Grinsen und ich konnte erkennen, dass Betty ihm genauso gerne ins Gesicht schlagen würde wie ich. Bilder von jener Nacht kamen mir wieder in den Kopf und vor allem die schwarze Perücke meiner besten Freundin ließ mich einfach nicht los. „Kein Grund, wieder auf mich loszugehen", redete Chuck weiter und jetzt schlug Betty wütend auf den Tisch. „Ich gehe auf niemanden-", fing sie an und schrie fast, bevor es ihr auffiel und sie ihre Stimme senkte. „Ich geh auf niemanden los, klar?", redete sie in normaler Lautstärke weiter und wandte sich dann an Ethel. „Also Ethel, belästigt er dich?", wollte sie wissen, aber Ethel verneinte es. „Nein Leute, alles okay", erwiderte sie und Chuck mischte sich wieder ein. „Ja, Betty; alles okay", sagte er provokant und betonte jedes Wort. „Aber die eigentliche Frage ist: bei dir auch?" Ich sah, wie angespannt meine beste Freundin war und blickte Chuck böse an. „Halt einfach dein Maul, Chuck", sagte ich und ging dann zusammen mit Betty wieder zurück. „Was war los? Belästigt er sie?", fragte Veronica und Betty antwortete, dass er sich bei ihr entschuldigte. „Oh, aber sicher doch. Chuck hat nicht einen aufrechten Knochen in seinem muskelbepackten Körper", erklärte Vroni und meine beste Freundin wechselte das Thema und kam wieder auf Jugheads Überraschungsparty zurück. „Also Scarlett, was meinst du? Soll es eine Überraschungsparty geben?", wandte sie sich dann an mich und ich dachte eine Sekunde lang nach. „Ich glaube, es wär okay, wenn wir es wirklich klein halten; wie du gesagt hast, nur der engste Kreis", richtete ich mich an Veronica und sagte dann an Archie gewandt: „Wenn er seinen Geburtstag hasst, können wir das dieses Jahr vielleicht ändern." Archie dachte kurz darüber nach, legte dann den Kopf in den Nacken und stimmte schließlich zu. „Scheiß drauf; genau, Scar. Mein Dad ist weg, feiern wir bei mir. Wir können alle etwas Spaß vertragen", meinte er und Veronica nickte zustimmend. „Ja, jetzt sprichst du meine Sprache", sagte sie und Archie ergänzte, dass es episch werden würde und ich bemerkte seinen Blick zu Valerie, die ihn gestern abserviert hatte. Nach der Schule ging ich zu der Baufläche, auf der früher das Twilight Drive – In Autokino gestanden hatte und wo Jugs Vater für Fred Andrews arbeitete. Ich sah, wie er in den Trailer ging und klopfte dann kurz an der Tür, bevor ich eintrat. „Hallo, Mr. Jones", sagte ich mit einem Lächeln und schloss die Tür hinter mir. „Ich möchte Sie wirklich nicht überfallen", setzte ich an und er nickte und zog die Handschuhe aus. „An Jugs Geburtstag laden Archie und ich ein paar von seinen Freunden zu Archie nach Hause ein. Und ich denke, es würde Jughead viel bedeuten, wenn Sie auch kommen", erklärte ich und er schaute mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an. „Du gibst wohl nie auf, he?", meinte er und ich zuckte leicht mit den Schultern. „Nicht wirklich", bestätigte ich mit einem leichten Lächeln und er trat einen Schritt auf mich zu. „Das soll etwas besonderes sein; und wenn Sie da wären, wär es was besonderes", redete ich weiter und er musterte mich und nickte schließlich zustimmend mit einem kleinen Lächeln.

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