8. Wie was wer...?

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Wir starrten uns gegenseitig ins Gesicht. Es fühlte sich wie Stunden an. Obwohl, es waren sicher nur wenige Sekunden. Normalerweise hab ich für ausnahmslos jeden, der mir gegenüber steht entweder einen anerkennenden oder abwertenden Spruch auf Lager, doch bei ihm?! Er war irgendwie anders. Ich sehe bei ihm nichts, aber warum, das ist noch nie passiert. Was ist nur los hier?
Nach gefühlten Stunden Augenkontakt mit diesem äußerst seltsamen, aber auch durchaus interessanten... Menschen?..., fasste ich mir ein Herz und versuchte ihn mit meiner typischen selbstbewussten und direkten Art zurückzudrängen, doch als ich meinen Mund öffnete, verließ diesen nur ein heiseres Krächzen. Ich konnte mich glücklicherweise gleich wieder fangen, doch ich könnte schwören ein flüchtiges Lächeln auf seinem Gesicht erkannt zu haben. "Wer zum Teufel sind Sie und was wollen sie hier?", fragte ich forsch und ging dabei zwei Schritte auf meinen ungebetenen Gast zu. Dieser schlug in einer schwungvollen Bewegung seinen Mantelkragen nach oben und blickte mir mit seinen türkisen Augen direkt in die Seele, wenn ich eine hätte. Man diese Augen... 'Leta, konzentrier dich', ermahnte ich mich selbst. "Nochmal wer sind Sie und was wollen Sie von mir?", fragte ich erneut. Ich hatte eine Vermutung, wusste aber nicht was dieser Mann bitte von mir wollte. "Nun, die Frage ist wohl eher, wer sind Sie?" antwortete mein Gegenüber mit einer Gegenfrage. "Wie bitte, wer von uns ist denn ohne Vorwarnung in ein fremdes Büro  reingeplatzt?" "Mh, wollen sie mir ewentuell trotzdem meine Frage beantworten? Wissen Sie, eine Frage werden Sie sonst eher nicht von mir hören." "Aha, wohl gut im deduziern, was?", fragte ich spaßeshalber, musste aber an seinem unbeeindruckten Gesicht erkennen, dass er das vermutlich tatsächlich war. "Lassen Sie mich raten. Sherlock Holmes? The Consulting Detective." "Na dann Leta Lestrade. Schwester von, ähm...Detective Lestrade." Ich muss zugeben ich war ein wenig enttäuscht. "Wie? Das wars?" Keine Antwort. "Naja ich würde sagen, keine Antwort ist auch eine Antwort.", grinste ich. "Nun, das führt mich eben zu ihnen. Wie Sie sehen, habe ich Sie auch ohne Probleme gefunden." "Wen haben Sie gefragt? Meinen Bruder?" Wieder keine Antwort. "Was? Laut dem Block ihres Freundes sind sie deutlich besser. Oder hat doch ihr Bruder den Löwenanteil der Intelligenz erhalten?" "Mycroft? Niemals. Ich muss aber gestehen Sie sind tatsächlich anders als die meisten Menschen." "Nun das nehme ich mal als Kompliment.", stichelte ich zurück. "Wo wir jetzt auf ihn zusprechen kommen." Ich schaute ihn erwartend an. "Er hat mich geschickt um Informationen über Sie zu bekommen. Wissen Sie, er macht sich nicht gern die Hände dreckig. Und da ich gerade nichts zu tun hatte." 'Mycroft Holmes möchte also am Informationen kommen, bevor er mich einstellt.' Ein selbstgefälliges Lächeln schlich sich in mein Gesicht. Da hat sich meine Vorsicht im Internet wohl bezahlt gemacht.
In dem Moment wurde die Tür erneut aufgerissen. Ein kleiner, etwa Ende 30 Jahre alter Mann betrat mein Büro. "Ist hier heute Tag der offenen Tür? Oder warum platzt hier heute jeder unangemeldet in mein Büro? Hey wofür werden Sie eigentlich bezahlt?", schrie ich besonders meine Sekretärin an. Der kleinere Mann stolperte mit seinem Handy in der Hand sogleich wieder ein paar Schritte zurück." 'Gut meine Ausstrahlung hatte ich also nicht verloren. Nur bei Sherlock Holmes war so einiges anders.', stellte ich zufrieden fest." Ah John, Sie sind auch angekommen.", ließ der größere verlauten. 'Verstehe. Dies muss also John Watson sein. Der Autor des Blocks. "Sie sind also John Watson. Müssen seit etwa einem Jahr mit Sherlock bekannt sein. Moment, wenn ich jetzt ihre Schuhsohle sehen würde, wette ich, dass ich mit 100 prozentiger Sicherheit sagen könnte, dass Sie beiden sich eine Wohnung teilen. Aber nicht als Paar. Warum sollten Sie sich Siezen? Aber Sie wurden fälschlicherweise schon öfter die ein Paar gehalten. Vielleicht von Familienmitgliedern? Nein. Es muss jemand sein, den Sie jeden Tag sehen. Ihre Haushälterin, nicht wahr?" John fuhr sich leicht verzweifelt durch sein Gesicht und lehnte sich mit seiner Linken Schulter gegen den Türrahmen, verzog aber schnell das Gesicht und stellte sich wieder gerade hin. Sherlock betrachtete mich weiter ohne mit der Wimper zu zucken. "Nun John sie waren im Krieg nicht wahr? Aber nicht als Soldat. Nein. Sie waren als Arzt dort. Es ist schon ein wenig her, aber ich würde sagen Afghanistan?" John schloss die Augen und atmete tief durch. "Ich liege also richtig", grinste ich. "Also aber da ist doch noch mehr. Sie erlitten eine Schussverletzung in der linken Schulter. Wenn ich ihnen jetzt eine Waffe geben würde, hälten Sie sie sicher in der rechten Hand, obwohl Sie offensichtlich Linkshänder sind. Zuletzt noch zu Ihrer Familie. Dieses Handy hat nicht von Anfang an Ihnen gehört. Es gehörte jemand mit gelegtlichen Alkoholproblemen und die haben Sie eindeutig nicht. Vielleicht einem Elternteil? Aber nein, das Modell ist zu neu. Einem Bruder. Oder warten Sie 'Harry' könnte auch ein Spitzname sein. Für eine Schwester. Harry, Harry für was ist er der Spitzname? Harra? Hannah? Nein, nein. Ah natürlich, Harriet. Nicht wahr?" Nun war John Watson völlig fertig. Er nickte und schüttelte gleich darauf ungläubig den Kopf. Ich schob ihm schnell einen Stuhl zu, dass er hier nicht noch umkippt. Sherlock starrte mich weiter an, jedoch hatte sich ein beeindrucktes Lächeln in sein Gesicht geschlichen. "Ich würde sagen, Sie sind die Richtige für den Job, aber ich würde Sie ehrlich gesagt lieber bei mir behalten. Leta Lestrade.", gab Sherlock zu. "Das hätten Sie nicht von einer Web Designerin erwartet, oder? Aber was ist das eigentlich für ein Job, von dem hier ständig alle reden? Mein Bruder meinte, es ist nur wieder ein Bürojob." Ich war etwas verwirrt. "Das werden Sie sicher bald herausfinden, aber zuerst möchte ich trotzdem etwas über Sie erfahren. Möchten Sie mich begleiten?", fragte Sherlock Holmes mich erstaunlich nett. "Nun gut, solang ich auch etwas über Sie erfahren darf.", entgegnete ich. "Sie sind anders.", stiegen wir gleichzeitig ein. Ich musste kurz lächeln und folgte dem Consulting Detective hinaus. John, immer noch etwas durch den Wind, folgte uns die Treppe hinunter bis auf die Straße, stieg aber gezielt in ein anderes Taxi ein. Ich glaube eine weibliche Sherlock musste er erst einmal verarbeiten.

Leta Lestrade (Sherlock BBC) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt