{𝟷𝟷} 𝙴𝚒𝚗 𝙷𝚊𝚞𝚌𝚑 𝚟𝚘𝚗 𝙷𝚊𝚜𝚜

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Nach dem Vorfall mit Bruno waren die Dinge wieder zur Normalität geworden. Das einzige Problem war, dass irgendwie seit dem Jeder über den Vorfall schwieg, außer ich. Das gefiel mir ausgesprochen gar nicht.

Ich weiß nicht ob Cassia mit ihren Eltern gesprochen hatte oder Bruno sie dazu gedrängt hatte, aber sie tut manchmal so als hätten wir nie darüber gesprochen. Das machte mich teils echt wütend, denn das war einfach nicht meine Welt. Ich war die Offenheit und Ehrlichkeit in Person und dann sowas nochmals erleben zu müssen. Einfach schräg manchmal.

Ich saß also verbittert und genervt an meinem Schreibtisch und versuchte für die kommende Prüfung zu lernen. Filios betrat mein Zimmer und sah mich an.

,,Was ist denn mit dir los?" Ich hörte wie er grinste. Schlechter Zeitpunkt mein Lieber.

,,Nichts." Ich blickte kalt auf meinen Laptop und sah ihn nicht an.

,,Was ist los?" Sein Grinsen verging ihm schell und er setzte sich hinter mich auf mein Bett.

Es ist nicht nur so, dass ich genervt war weil paar meiner Freunde wie in der Pubertät einfach ein großes Thema unter den Teppich kehren wollten ohne darauf zu achten wie ich mich dabei fühle. Es ging auch darum, dass ich demnächst wieder eine dämliche Prüfung habe und außerdem bald Feiertage waren. Ostern. Familie. Mehr will ich eigentlich gar nicht dazu sagen.

,,Ich hab keinen guten Tag, mich stressen die Prüfungen." Nun schaute ich ihn mit einem leichten Lächeln an. Filios antwortete noch nicht weswegen ich weiter ansetzte.
,,Und ich bin einfach, wie soll ich sagen, angespannt, wütend und ich hab keine Ahnung wie ich den Dreck hier lernen soll." Ich lachte über mich selbst während ich meinen Kopf in meiner Hand abstützte.

,,Komm." Er stand auf und machte eine Kopfbewegung Richtung meiner Zimmertür.

,,Wohin?" fragte ich ihn während ich ihm hinterher lief.

Er antwortete aber nicht sondern lief stur in unser großes Bad und suchte im Badschrank nach irgendwas. Ich stand immer noch mit einem genervten Blick und verschränkten Armen neben ihm. Nachdem er dann eine große Packung alter Tempo Packs gefunden hatte und mit einem zufriedenen und triumphierenden Blick wieder aus dem Bad Richtung Wohnzimmer lief, zweifelte ich gerade wirklich ob bei Filios wirklich alles in Ordnung war.

,,Was zum Teufel hast du vor?" So langsam fand ich es amüsierend weswegen ich nur noch lachte.

,,Warte einfach und schau zu." Er lächelte. Dieser junge Mann hatte einen Plan.

Er nahm ein Blatt Papier aus dem Gewirr an Bürozeug neben dem Sofa, suchte in den Bechern nach einem Stift welcher sich dann zu der Entscheidung der Farbe Rot entwickelte und malte einen riesen großen Kreis auf das Blatt welches er letzt endlich dann an eine der Wände unseres Wohnzimmer hing.

Er packte mich am Arm zog mich 2 Schritte zurück und drückte mir ein Tempo Pack in die Hand. Ich hatte eine Vorahnung, aber ich wusste nicht genau was abging.

,,Der rote Kreis ist unsere Zielscheibe." Er grinste. Ich guckte ihn nur verwirrt an.

,,Ich will, dass du so stark wie du kannst versuchst gegen diesen Kreis zu werfen. Mit diesem Tempo Pack, was ideal ist damit du niemanden umbringen kannst." Er grinste schon wieder.

,,Hey!" Ich sah in entsetzt an und schlug ihm leicht gegen die Schulter.

,,Jedes Mal wenn du den roten Kreis triffst bekommst du 50 Punkte. Erst wenn du 500 Punkte erreicht hast darfst du aufhören." Er zwinkerte.

,,Das soll ein Witz sein, oder?" Ich hielt immer noch dieses verdammte Tempo Pack in meiner Hand.

,,Nein meine liebe, das Hier, ist ein gesunder Weg um Wut und Frust abzubauen und nicht wie ein verbittertes Etwas in seinem Zimmer alleine zu hocken und dabei die Welt zu hassen."

Ich starrte ihn nur an. Ganz emotionslos. Ich schaute auf das Watte Ding in meiner Hand, danach Richtung Wand, ging einen Schritt zurück und nahm all meine Kraft zusammen um auf diesen dämlichen Kreis zu werfen. Und ich traf.

,,Geht doch, die ersten 50 Punkte für die Dame." Filios lachte und machte an seinem Laptop, der auf dem Couchtisch stand Musik an um danach seinen Wurf auf die Wand anzuleiten. Ich hatte meine Hände auf meinen Mund gelegt, ich sah ihn an und schüttelte nur meinen Kopf.

Ich nahm ein weiteres Pack und nahm wieder meine ganze Kraft zusammen um auf die Wand zu werfen. Ich holte so sehr aus, dass meine Schulter weh tat, was mir in dem Moment völlig egal war. Was ich wusste war, dass es verdammt nochmal erleichternd war. Bei Jedem Wurf sagte ich innerlich etwas was mich wütend machte, was mich so tief frustrierte, dass es sich nach jedem Wurf so anfühlte als würde ich es von mir runter werfen.

Das ging dann ungefähr weitere 20 Minuten so, bis mir die Kraft ausging. Wir beide waren leicht erschöpft, das Ganze war gar nicht mal so leicht. Also setzte ich mich aufs Sofa, was mir Filios gleich tat. Er machte die Lautstärke der Musik leiser und sah mich an.

,,Besser?" er lachte während er immer noch leicht am atmen war.

,,Danke." Sagte ich während ich ihn einfach nur ansah und lächelte.

Ich stand auf, holte zwei Gläser und schenkte uns Wasser ein. Ich drückte ihm das Glas in die Hand.

,,Sowie du atmest musst du unbedingt mehr Sport machen." sagte ich während ich ihn angrinste.

,,Dafür, dass du so frustriert bist, bist du ganz schön frech, weißt du das?" Er lachte.

Er nahm einen Schluck und ihm verging das Lachen wieder. Er hatte auf einmal einen sehr traurigen Ausdruck.

,,Auch mit dir ist irgendwas." Stellte ich fest.

,,Meine Eltern lassen sich scheiden." Was er sagte ohne mich dabei anzuschauen. Ich rückte näher zu ihm und legte meine Hand auf seinen Rücken.

,,Was ist vorgefallen?"

,,Mein Vater hat meine Mutter betrogen. Sie hat mich eben angerufen." Er machte kurz eine Pause. ,,Ich bin zwar nicht mehr klein und wohne nicht mehr bei ihnen, weswegen ich nicht viel davon mitbekomme, aber eine Familie verändert sowas. Und ich habe eigentlich wirklich keinen Nerv für das. Außerdem mache ich mir Sorgen um meinen kleinen Bruder, der vermutlich gerade komplett die ganze Scheiße alleine ausbaden muss."

,,Natürlich verändert das eine Familie, es wird nie wieder so sein wie es mal war. Außerdem herrschen da nun ab sofort Spannungen, die für alle Beteiligten einfach mega unangenehm sind. Es sind deine Eltern, du musst dich nicht rechtfertigen, dass es dir deswegen nicht gut geht." antwortete ich ganz sanft.

,,Meine Mutter meinte, er wäre unzufrieden in der Ehe und habe sich mit einer anderen Frau angefreundet, dann führte das Eine zum Anderen. Ich verstehe diese Welt einfach nicht. Welches Recht nehmen wir uns immer, wenn wir falsche Dinge tun um uns dann mit unserer Gefühlslage zu entschuldigen, die wir nie dem Anderen gegenüber ausgedrückt haben? Das macht alles so keinen Sinn Hannah."

,,Die Welt ist einfach Scheiße." gab ich trocken von mir. Filios lachte.

,,Ich liebe es wenn du immer die Welt so verabscheust. Das hat eine gewisse Note von Philosophie und Humor." Wir beide mussten lachen.

,,Werden wir überstehen, okay? Jetzt haben wir ja unsere ganz persönliche 'Ich hasse die Welt Zielscheibe'. Da kann doch nichts mehr schief gehen."

,,Da hast du allerdings Recht."

Nachdem Filios und ich uns noch eine Weile über seine Eltern unterhielten, war es schon spät geworden weswegen wir uns dazu entschlossen uns Bettreif zu machen. Also lag ich im Bett und sah noch eine Weile auf die Zimmerdecke. Filios hatte Recht. Wir hatten kein Recht uns immer mit unausgesprochenen Gefühlen zu entschuldigen. Das war dem Anderen gegenüber völlig unfair. Aber dennoch macht es jeder. Weil jeder davon ausgeht, dass der Andere weiß was man fühlt. So einfach war das aber nicht.

Und das Gleiche hatte ich bei Bruno und Cassia auch. Ich sollte nicht wütend sein und wie ein Kind im Zimmer schmollen. Ich sollte etwas tun. Ich suchte mein Handy auf meinem Nachttisch, entsperrte es und öffnete den Chat von Cassia.

"Können wir Morgen reden?"












The freedom of dreams [DE]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt