{𝟷𝟶} 𝙾𝚏𝚏𝚎𝚗𝚋𝚊𝚛𝚞𝚗𝚐

24 2 0
                                    

Angekommen machte mir eine völlig aufgelöste Cassia die Türe auf. Per Augenblick vermittelte sie, dass sie nach oben in ihr Zimmer gehen wollte. Also liefen wir hoch. Sie setzte sich auf ihr Bett und schaute auf ihre Hände. Sie war ein wenig blass geworden.

,,Ich habe mich oft gewundert warum es dir nicht aufgefallen ist, dass Bruno einfach anders ist als Andere. Als ich dich dann näher kennen gelernt habe wusste ich dann warum." Ich hörte ihr weiter zu. ,,Mittlerweile weiß ich, dass das daran liegt, dass für dich niemand unnormal ist. Du bist so tolerant, dass du nicht weiter darüber nachgedacht hast wieso Bruno sich so verhält wie er sich verhält. Du hast es einfach akzeptiert. Das habe ich von Anfang an dir bewundert."

,,Mir ist es schon aufgefallen, aber es hat mich nicht weiter gestört. Erklärst du mir warum er anders ist?" Ich schaute sie besorgt an.

,,Er hat Autismus. Und ich glaube er hatte wieder einen Zusammenbruch, weil wir nicht wissen wo er ist und ihn auch nicht auffinden können. Meistens versteckt er sich wenn es ihm zu viel wird."

Es machte alles Sinn. Gott, das machte so Sinn und ich hatte es nie realisiert. Bruno war älter als Cassia, verhielt sich aber wie der kleine Bruder. Er war hoch intelligent, aber sprach nicht über andere Dinge über die Menschen in seinem Alter redeten. Er ging nicht feiern, er war nicht mit vielen Menschen in der Uni unterwegs. Er hatte einen geregelten Alltag. Und er war super süß, aber naja, ich weiß nicht ob das unbedingt was mit seiner Krankheit zutun hatte. Ich setzte mich neben sie auf ihr Bett.

,,Wie oft hat er solche Zusammenbrüche?" fragte ich.

,,Nicht oft, eigentlich hat er es wirklich unter Kontrolle. Aber irgendwann geht es einfach schief." Sie hatte glasige Augen. Ich streichelte ihr vorsichtig über ihren Rücken.

,,Es wird alles gut werden. Ich weiß, dass du dir Sorgen machst. Deine Eltern suchen jetzt nach ihm, oder?" Sie nickte.

,,Ich bin müde davon. Müde davon die große Schwester zu sein, ständig aufpassen zu müssen und dann geht doch wieder was schief. Ich wollte nicht mal auf diese verdammte Uni. Es ist einfach alles.."

,,Ermüdend und beschissen, ich weiß."

Sie schaute mich an und ich sie. Ich lächelte und streichelte immer noch sanft über ihren Rücken. Cassia hatte mittlerweile ihren Kopf an mir angelehnt und hatte die Augen geschlossen.
So verweilten wir weitere 10 Minuten weswegen ich auch meinen Kopf an ihren legte.
Ihre Atmung war sehr schnell zu beginn und ihr Herz spürte man schnell schlagen, was sich alles mittlerweile wieder beruhigte und in den Normalzustand zurück kehrte. Das beruhigte mich sehr.

Eigentlich hätte ich vorgeschlagen einen Film zu gucken oder raus zu gehen um einen Spaziergang zu machen. Aber jemanden zwanghaft ablenken zu wollen, währenddessen man sich solche große Sorgen macht und machtlos über eine Situation ist, sollte man garantiert nicht versuchen abzulenken. Zumindest war es in diesem Fall so.

Also dann saß ich dort und versuchte mir etwas zu überlegen. Mein Blick traf auf die Ukulele an ihrer Wand. Ich stand auf, Cassia sah mich fragend an und ich nahm die Ukulele in die Hand und fing an zu spielen.

"I could have told you 'bout the long nights
How no one loves the birds that don't rise
So you can tell the heroes go hide
My sense of wonder's just a little tired

But if only you could see yourself in my eyes
You'd see you shine, you shine
I know you'd never leave me behind
But I am lost this time
Are we destined to burn or will we last the night?
I will hold you 'til I hold you right
But if only you could see yourself in my eyes
You'd see you shine, you shine"

Cassia lächelte nachdem sie begriff was meine Mission war.

,,Also ich wusste nie, dass du singen geschweige spielen kannst." Sie lachte verlegen.

,,Ukulele spiele ich verhältnismäßig ziemlich schlecht. Es ist aber ähnlich wie beim Gitarren Spielen, was ich verhältnismäßig gut kann, glaube ich. Du spielst vermutlich ziemlich gut Ukulele, oder?" Ich lächelte.

,,Hab's aufgegeben. Du spielst aber ziemlich süß!" Sie lachte und zuckte mit den Schultern.

,,Du musst wieder anfangen, versprochen?" Sagte ich ganz sanft.

,,Versprochen." Sie lächelte.

Ich ging auf sie zu, sie stand vom Bett auf und ich umarmte sie. Meine Umarmung erwiederte sie natürlich.

,,Na dann, du hältst mich auf dem laufendem wegen Bruno und ich denke ich sollte dann mal heim, nicht wahr?"

,,Mach ich auf jeden Fall! Danke, wirklich danke dir." Auf ihr Danke antwortete ich nur mit einem süßen lächeln.

Sie begleitete mich runter an die Tür, ich zog meine Schuhe wieder an und winkte ihr noch kurz zu als ich das Haus verließ.

Ich war teilweise froh, dass ich so früh schon gegangen war, denn ich glaube gegen Abend fuhr hier kein Bus mehr. Und es wäre eindeutig zu weit gewesen um nach Hause zu laufen.

Als ich eine halbe Stunde später Daheim ankam, schloss ich die Tür auf und sah einen schlafenden Filios auf unserer Couch. Er war süß wenn er schlief, keine Frage. Ich nahm den Laptop, den er auf seinem Bauch liegen hatte, stellte ihn auf den Tisch und deckte ihn mit einer dünnen Decke zu. Ich dachte, würde mich jemand so zudecken, würde ich direkt aufwachen. Leichter Schlaf und sowas. Herje. Aber wenn er nicht schon aufgewacht ist als ich die Tür aufgeschlossen hatte, was ja wirklich laut sein kann, würde ich ihn so garantiert auch nicht wecken. Ich hoffe zumindest.

Ich nahm noch einen Krug voll Wasser und ein Glas in mein Zimmer, setzte mich an meinen Schreibtisch und klappte meinen Laptop auf um mir nochmal dem Stoff durch zu lesen den wir heute hatten. Nicht lernen, einfach nochmal das Alles durch den Kopf gehen lassen.

Das Alles durch den Kopf gehen lassen. Heute.

Letzt endlich hatte ich doch nicht die Konzentration um meine Uni Sachen nochmal durchzugehen. Ich mochte Cassia wirklich sehr.
Bei diesem Gedanken lächelte ich. Man man.

(1) Nachricht von Cassia Hurdt

"Sie haben ihn gefunden, also der Hausmeister um ehrlich zu sein, weil Bruno sich in einer der Abstellkammern versteckt hatte. Ihm geht's soweit wieder in Ordnung, danke dir nochmals"

"Ich hab nicht wirklich viel gemacht. Es ist erleichternd zu hören, dass Alles gut ist. Süße Träume Cassia."

"Du hast zugehört und du warst da, das reicht schon für ein Danke! Wünsche ich dir ebenfalls"

Mir ist schon öfters aufgefallen, dass Cassia unglaublich dankbar für alles war. Das beeindruckte mich wirklich oft. Für sie waren viele Dinge, die für mich beispielsweise normal sind nicht selbstverständlich. Davon muss ich mir noch eine ganze Scheibe abschneiden.

Cassia Hurdt, du erstaunst mich immer wieder aufs Neue.





The freedom of dreams [DE]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt