Kapitel 16

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Eine Woche später

Ich lief gerade durch die Gänge des Internats, da ich etwas spät dran war. Ich hatte zwar nicht verschlafen, aber hab mir etwas mehr Zeit bei Allem gelassen und hab dann nicht auf die Zeit geachtet. Und heute war der Tag, an dem ich mit Jisung den Vortrag halten sollte, da sollte alles perfekt laufen, weil ich keine schlechte Note bekommen wollte.
Beim Laufen erblickte ich den Fahrstuhl.
Ich beschloss, diesen zu benutzen, da ich keine Zeit und Lust hatte, die Treppen zu nehmen. Ich ging in den Fahrstuhl und drückte die jeweilige Taste, wo ich hin musste.

Gerade, als sich die Türen schließen wollten, steckte jemand seinen Fuß dazwischen, sodass diese wieder aufging. Es juckte mich nicht wirklich, bis ich bemerkte, wer es war: Han Jisung. Genervt rollte ich mit den Augen und konnte mir einen gehässigen Kommentar aber unterdrücken. Er tat so, als ob ich gar nicht hier wäre und stellte sich neben mich. Ich nahm zwei/drei Schritte Sicherheitsabstand von ihm und schaute zu Boden.
Die Tür schloss sich und es herrschte eine unangenehme Stille. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an, bis wir endlich in der entsprechenden Etage ankamen - doch es passierte nicht.

Plötzlich krachte es voll laut, und es fühlte sich an wie ein Erdbeben, so sehr hatte der Fahrstuhl gerüttelt. Vor Schreck stieß ich einen kurzen Schrei aus und lehnte mich an eine Wand, da ich fast mein Gleichgewicht verlor. Aufeinmal ging das Licht aus, und ich fing fast an, zu heulen, weil ich so viel Schiss hatte. Es wurde stockduster und der Fahrstuhl hörte auf, sich zu bewegen - zum Glück. Ich zitterte am ganzen Körper und atmete schwer. Nach ein paar Minuten hatte ich mich beruhigt und fragte leise:,,Was ist gerade passiert?"
,,Der Fahrstuhl ist stecken geblieben...", antwortete Jisung. Ich lachte hysterisch auf und hoffte, dass das nur ein blöder Scherz war. ,,Du verarscht mich doch. Das hat sich Hyunjin doch sicherlich ausgedacht, um uns zu ärgern, oder? Haha", versuchte ich mir einzureden. Jisung entgegnete in einem ernsten Ton:,,Ich wünschte, es wäre so..."

Ich rutschte verzweifelt die Wand runter, winkelte meine Beine an und vergrub mein Gesicht in meine Hände. Ich holte einmal tief Luft und fragte mit zittrigen Stimme:,,Hast du dein Handy mit, damit wir Hilfe holen können?"
,,Ne, ich hab das in meinem Zimmer vergessen, weil ich schon so zu spät dran war." Ich rastete voll aus:,,Wie kann man denn nur so blöd sein?!"
,,Hast du denn deins mit?!", entgegnete er genervt. ,,Mein Akku ist leer...", zum Schluss wurde ich immer leiser, weil ich einsah, dass ich selber nicht besser war als er. Diese ganze Situation brachte ich mich so in Verzweiflung, dass ich meine Gefühle gar nicht mehr unter Kontrolle hatte und Aggressionsanfälle bekam.

Ich stand dann auf und schlug mit voller Wucht gegen die Tür des Fahrstuhls, was meiner Hand voll weh tat, was mir aber egal war. Ich versuchte mit allen Mitteln, die Tür irgendwie aufzubekommen, bis Jisung sagte:,,Lass es, das bringt doch eh nichts." Ich regte mich wieder auf:,,Wie kannst du nur so gechillt sein?! Wir werden hier sicherlich drinne sterben!! Und sie werden unsere Leichen erst zehn Jahre später finden und-" Weiter kam ich nicht, denn Jisung schlug mir leicht gegen die Wange, damit ich mal wieder runterkam und rief:,,Jetzt reiß dich doch mal zusammen und hör auf, so'ne Scheiße zu labern! Wir werden hier nicht sterben, du Trottel! Die anderen fragen sich sicherlich schon, warum wir nicht im Unterricht sind und machen sich schon auf die Suche nach uns. Und außerdem bin ich ganz und gar nicht "gechillt"! Weißt du eigentlich, wie ich mich gerade bepisst habe vor Angst?"
Ich hielt meine Hand an die Stelle, wo er mir eine geklatscht hat und kam so langsam wirklich runter. Ich war so in Panik, dass ich den größten Scheiß von mir gab und komplett durchdrehte. ,,Danke.", murmelte ich nur leise.  ,,Wofür bedankst du dich?"
,,Na, dass du mich aus meinem Schock rausgeholt hast." Er entgegnete gar nichts dazu.

Dann herrschte wieder Stille, aber diesmal war sie etwas angenehmer als vorher. Ich setzte mich wieder auf den Boden und versuchte, komplett runterzukommen. Ich wusste nicht, wie lange ich da runsaß - es fühlte sich an wie Stunden, es könnten aber auch nur einige Minuten gewesen sein. Ich hatte mein Zeitgefühl komplett verloren.
Mitnal hörte ich dann, wie sich etwas mir näherte. Ich dachte erst, das wäre irgendein Monster, das mich fressen wollte. Ich konnte ja nichts sehen, deswegen malte ich mir wieder die schlimmsten Sachen aus. Als dieses Etwas plötzlich meine Hand berührte, zuckte ich schreckhaft zusammen und fing an, auf das Ding einzuschlagen, bis ein ,,Aua! Ich bin's doch nur!" ertönte. Ich hielt mir die Hand aufs Herz und sagte:,,Meine Fresse, hast du mich erschreckt. Was schleichst du dich auch so an mich ran?"
,,Ich wollte da nicht alleine in der Ecke rumhocken... Wenn ich direkt neben dir sitz, hab ich nicht so viel Angst...", murmelte er so leise, dass ich es gerade noch so hören konnte. Ihm scheint das wohl peinlich zu sein. Er hörte sich an wie ein kleines Kind, was gerade seinen ersten Horrorfilm geguckt hatte. Irgendwie süß... Dass der Macho auch Angst haben kann...
MANN, HÖR AUF, SOWAS ZU DENKEN!!

You Again? || Han Jisung x ReaderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt