Kapitel 19

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Man, was sucht der denn hier?
Es war zwar etwas dunkel, aber durch das Licht auf dem Flur, was bis in die Kantine hineinschien, konnte ich trotzdem erkennen, wer vor mir stand. Es war wie nicht anders zu erwarten Jisung. Der Typ, wegen dem es mir die letzten Wochen so schlecht ging.

Er stand direkt vor mir und sagte kein Wort, stattdessen schaute er mich nur mit offenen Mund an. Er schien wohl genauso wenig wie ich damit gerechnet zu haben, dass um diese Uhrzeit noch jemand hier rumschlich.
,,J-Jisung? W-Was machst d-du denn hier?", stotterte ich rum. ,,Das gleiche könnte ich dich auch fragen.", entgegnete er, wobei er jeglichen Augenkontakt mit mir aus dem Weg ging, so als ob er etwas nervös war.
,,A-Also ich konnte einfach nicht schlafen und w-wollte mir nur was zu trinken holen.", antwortete ich. Ich hätte mir am liebsten gerade selber eine gescheuert. Warum kann ich nicht aufhören rumzustottern?!
,,Ach so..." Dann schaute er endlich vom Boden auf und seine dunklen Kulleraugen trafen direkt auf meine. Durch den plötzlichen Blickkontakt wurden meinen Wangen ganz warm.
Es fühlte sich an wie eine Ewigkeit, wie wir einfach nur da standen und uns anstarrten, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Sein Blick war sehr trüb, was einerseits an Müdigkeit liegen könnte oder andererseits, dass ihn etwas bedrückte. Aber ich hatte nicht vor, ihn darauf anzusprechen.

,,Sag mal (Y/N), hast du etwa geweint?", kam plötzlich schockiert von Jisung. Er kam mir etwas näher, um mich genauer zu mustern, weswegen ich automatisch ein paar Schritte zurück ging. Ich rieb mir schnell die Augen und murmelte:,,Nein..."
,,Lüg mich nicht an. Deine Augen sind total rot und angeschwollen.", stellte er fest. Ich verschränkte die Arme und giftete ihn an:,,Und wenn schon... Was juckt dich das überhaupt?!"
Er seufzte und wollte gerade wieder gehen, doch ich hielt ihn am Handgelenk fest. Er blieb stehen und drehte sich fragend zu mir. Ich musste jetzt mit ihm reden, sonst würde ich jeden Tag mehr kaputt gehen. ,,Was ist?", fragte er. ,,I-Ich muss mit dir reden."
Er blinzelte mehrmals hintereinander und hatte wohl keinen Plan, was ich mit ihm klären wollte. ,,Aber es ist doch schon voll spät und wir haben doch morgen Unterricht."
Ich gab ihm nur einen eindringlichen Blick, der ihm signalisieren sollte, dass es wichtig sei. ,,Bitte, Jisung.." Er gab sich geschlagen. ,,Na gut, aber lass uns das woanders besprechen. Nicht, dass hier noch jemand kommt."

Letzten Endes haben wir uns entschieden, zu mir zu gehen, denn bei Jisung geht ja schlecht wegen Hyunjin. Vielleicht werde ich jetzt endlich Gewissheit bekommen...
Als wir bei meinem Zimmer ankamen, setzten wir uns auf mein Bett und ich knipste mein Nachtlicht an, damit wir nicht vollkommen im Dunkeln saßen. Das Licht entblößte dann aber auch die tausend Taschentücher, die auf meinem Bett rumlagen, die ich beim Heulen benutzt hatte. ,,Und du willst mir sagen, dass du nicht geweint hast.", lachte Jisung und zeigte auf diese. Ich zuckte nur mit den Schultern. Ich fand das ganz und gar nicht lustig gerade. Er merkte das und kratzte sich verlegen im Nacken.

,,Naja.. Du kannst mir ja jetzt sagen, was los ist.", meinte er. Ich atmete einmal tief ein und aus, bevor ich anfing, zu sprechen:
,,Du willst wissen, was los ist?! Ich heule jeden Tag wegen dir, du Vollidiot! Du kannst mich doch nicht einfach küssen und danach mich nicht mehr mit dem Arsch angucken! Wie kannst du nur so mit meinen Gefühlen spielen?! Weißt du, der Kuss war wunderschön und hat mir echt viel bedeutet! Ich weiß, dir war der sicherlich scheiß egal und du wirst meine Gefühle eh nicht erwidern, aber... ich mag- nein, ich liebe dich, Jisung." Ich ließ meinen Emotionen freien Lauf und sagte ihm alles, was ich für ihn empfand. Eine Last fiel mir von den Schultern und mein Herz schlug wie verrückt. Ich fühlte mich nun viel freier und war froh, mir das von der Seele geredet zu haben.

Jisung saß nur mit weit aufgerissenen Augen vor mir und bekam keinen Ton raus. Sein Gesicht war puderrot und nach ein paar Sekunden, die sich wie Stunden anfühlten, fing er an, zu sprechen:,,(Y/N)- Ich- Es tut mir leid... Ich dachte, nachdem ich dich einfach so geküsst habe, willst du nichts mehr mit mir zu tun haben, weil ich dachte, du kannst mich nicht leiden. Deswegen bin ich dir auch aus dem Weg gegangen, weil ich glaubte, du seist sauer auf mich. Aber, dass du mich liebst, hätte ich mir nie im Leben auch nur erträumen können, denn ich... ich liebe dich auch."

Nachdem er dies aussprach, brauchte ich erstmal eine Weile, um das zu realisieren, was er gerade gesagt hatte. Ich traute meinen Ohren nicht. Ich kniff mir einmal in den Arm, um sicher zu gehen, dass ich nicht träumte und als der Schmerz meinen Körper durchzog, wusste ich, dass es keiner war.
Ich konnte dann nicht anders als mir einen abzugrinsen, denn das machte mich unglaublich glücklich.

Plötzlich legte er eine Hand auf meine Wange und drehte meinen Kopf etwas, sodass ich ihm wieder direkt in deine schönen Augen sah. Er kam meinem Gesicht immer näher und mein Herz machte einen kleinen Satz, als ich seinen warmen Atmen schon auf meinen Lippen spürte. Kurz danach lagen seine weichen Lippen auf meinen. Und da war es wieder: das selbe schöne Gefühl, was ich auch damals im Fahrstuhl gespürt hatte, als er mich dort geküsst hatte. Man, wie ich das vermisst habe...
Es war ein zärtlicher Kuss und man merkte, dass wir beide noch etwas unsicher und zurückhaltend waren, weswegen er auch schon nach ein paar Sekunden wieder zu Ende war.

Wir lösten uns voneinander und ich lächelte ihn nur schüchtern an, Jisung hingegen grinste über beide Ohren hinweg. Meine Wangen brannten noch mehr als sonst, weswegen ich schnell versuchte, sie mit meinen Hönden zu verdecken, wodurch Jisung kichern musste.
,,Al- Also sind wir jetzt zusammen?", erkundigte Jisung sich unsicher. ,,Du hast mich ja noch nicht gefragt, ob ich will, oder nicht.", entgegnete ich, um ihn ein bisschen zu ärgern. ,,Stimmt."
Jisung kniete sich vor mir hin und nahm meine Hand. Ich musste voll lachen, weil es sich anfühlte, als ob er mir gleich einen Heiratsantrag machen würde. ,,(Y/N) (L/N), willst du mir die Ehre erweisen und meine Freundin werden?", fragte er.  ,,Ja, ich will.", antwortete ich und musste wieder etwas kichern.

Im nächsten Moment küsste er mich wieder auf die Lippen. Aber diesmal war der Kuss nicht so kurz und zurückhaltend wie gerade eben, sondern leidenschaftlich und ungehemmter, was mich nur noch verrückter machte.

Als wir uns lösten, konnte ich gar nicht mehr aufhören, zu grinsen. ,,Wow, ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal sagen würde, aber... du machst mich gerade zum glücklichsten Mädchen der Welt, Han Jisung." Nun musste er auch lachen und entgegnete:,,Ja, wer hätte gedacht, dass aus UNS mal ein Paar wird?"
Er schaute mir tief in die Augen und strich eine Haarsträhne, die mir ins Gesicht fiel, hinters Ohr.

Doch plötzlich wurde seine Miene ganz ernst. ,,Aber für Chan empfindest du doch nichts mehr, oder?"

You Again? || Han Jisung x ReaderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt