12. Die etwas andere Nachhilfe

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"... Und deshalb kommt hier drei mal Wurzel vier hoch fünf raus."

Ich klackerte mit meinem Kulli und gähnte heimlich.

Gestern kamen wir erst sehr spät mit dem Bus an der Schule an und ich musste dann noch eine halbe Stunde auf meine Mutter warten.

Ihre Pünktlichkeit war anscheinend wieder wie früher, sie existierte nicht mehr. Dann war anscheinend wieder eine Sache beim Alten.

Ich war froh, dass das Wochenende relativ normal lief, denn sonst wäre ich vermutlich noch mehr müde. Und auf Dauer war das definitiv nicht gut. Dan und Sara ignorieren mich, Brooke legte sich oft mit Ryan an und Dyan kümmerte sich um mich und war immer für mich da.

"Und wenn wir dann die Wurzel von-"

Die Tür wurde schwungvoll geöffnet und Dyan kam lässig hereingeschlendert, als wäre er überhaupt nicht zu spät.

Sofort lagen alle Blicke auf ihm, doch er kam zielstrebig mit einem Lächeln auf mich zu und beachtete die anderen nichtmal.

"Ich würde ja wirklich gerne wissen, was diesmal der Grund für dein Zuspätkommenn ist, aber das kannst du diesmal nach der Schule dem Direktor erzählen."

Wütend starrte Mr. Wesley den Hereinkommenden an, der sich entspannt neben mich setzte und seine Beine ausstreckte.

"Wieso denn nicht schon jetzt? Ich hab ihn schon seit zwei Wochen nicht mehr gesehen und vermisse ihn wirklich sehr."

Die ganze Klasse lachte und er hob belustigt seine Augenbrauen, während der Lehrer seufzend mit dem Kopf schüttelte und sich wieder der Tafel zuwandte.

Nach und nach wurde es wieder still im Raum und alle fingen an, das unleserlich Gekritzel von Mr. Wesley lesen zu können, als sich plötzlich Dyan zu mir beugte.

"Sag mal, checkst du das?", flüsterte er und ich musste leise kichern.

"Es wundert mich echt nicht, dass du das nicht verstehst. Du solltest vielleicht mal in der kompletten Unterrichtsstunde anwesend sein."

Er biss sich ertappt auf die Lippe und schien zu überlegen.

"Um 13 Uhr in der Bibliothek."

Augenblicklich zogen sich seine Mundwinkel nach oben und ich lächelte.

"Und vergiss deine Schulbücher nicht."

****

"Du gehst also mit Dyan in die Bücherrei, um zu lernen?"

Mit großen Augen starrte mich Brooke an und stellte diese Frage schon zum gefühlt hundertsten Mal.

"Ja, das hab ich gesagt."

Ihr Mund klappte leicht auf und sie schob sich wie in Trance eine Erdbeere in den Mund.

Wir standen gerade in der Mensa an dem Selbstbedienungsbuffet und schaufelten uns Obst auf unsere Teller, das es jeden Tag für alle Schüler umsonst gab.

"Der Dyan? Der Dyan, der die ganze Zeit mit anderen Tussen rummacht und jeden Tag Unterricht schwänzt? Der Dyan, der jeden zweiten Tag auf Partys geht und sich vollaufen lässt?"

Verwirrt nickte ich.

"Jaaaaaaa."

Sie schüttelte nur ungläubig ihren Kopf und noch eine Beere fand ihren Weg in Brooke's Mund.

Das Leuchten der NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt