Abends kamen sie zurück. Ein Hoffnungsschimmer kam mit durch die Tür, doch er erlosch, sobald die Tür geschlossen war und die kamera ausgepackt wurde.
Er hatte also nicht gezahlt. Sie warfen mir meine Kleidung zu.
"Anziehen", befahl der Maskierte, der auch heute Mittag das Video mit mir gedreht hatte. Es schien sowas wie die Alphamaske zu sein. Ich fing die Klamotten auf und sah mich etwas unschlüssig um. Ich war zwar nicht mehr angekettet, aber alle sahen mir zu."Wird's bald?", fuhr mich Alphamaske an. Ich errötete.
"Wollt ihr euch vielleicht Mal wegdrehen?", zischte eine wohlbekannte Stimme. Ich stellte erleichtert fest, dass Kai sich auch in diesem Raum befand.
Er kam jetzt vor zu mir. Er nahm meine Decke, stellte sich mit dem Rücken zu mir und hielt sie mit ausgebreiteten Armen hin, sodass es niemand sehen konnte. Ich zog mich vorsichtig um, immernoch wohl darauf bedacht, so viel wie möglich zu bedecken, man konnte ja schließlich nie wissen...Als ich fertig war, begannen sie wieder mich herzurichten, aber diesmal haben keine Maske.
Ohne Vorwarnung schlug mich Alphamaske ins Gesicht. Mit der Faust. Ein Schmerz fuhr in meine Wange, ich verzog das Gesicht.
So fühlte es sich also an, eine Faust ins Gesicht zu bekommen.
Musste man auch Mal erlebt haben. Ich sah wieder hoch und schon kam der nächste Schlag. Huh.
Ich spürte etwas flüssiges über mein Gesicht laufen. Vorsichtig wischte ich mir das Blut, das aus der Nase kam, weg. Er zerzauste mir wieder das Haar und ich konnte mir vorstellen, dass ich gerade wie das perfekte Opfer aussah."Okay Start", befahl Alphamaske.
Ich sah trotzig weg. Sicher würde ich ihn nicht anflehen zu zahlen, ich würde aber auch nicht das heldenhafte "Zahl nicht, ich bin es nicht wert" in die Kamera heulen.
Ich würde gar nichts sagen.
Alphamaske begann zu reden.
"Herr Engel, wir warten. Unsere Geduld hat ihre Grenzen und ihre"
Er packte mich am Haar und drehte mein Gesicht zur Kamera.
"Ebenfalls. Sie wollen doch ihre Tochter nicht enttäuschen. Man bekommt ja ganz das Gefühl, Sie lieben sie gar nicht. Oder zumindest nicht wie Ihre eigene Tochter. Morgen geben wir ihnen einen ganzen Tag Zeit, um darüber nachzudenken. Am Montag um Punkt fünfzehn Uhr gibt es dann das Angebot eines direkten Austauschs. Ihre Tochter gegen das Geld. Der Standort wir Ihnen privat zugesendet. Sie sollten das Angebot lieber annehmen, denn wenn nicht, sieht es dreckig aus, für das Engelchen"Er ließ mich los.
"Kai, du kümmerst dich"
Damit verließ er den Raum. Alle packten ihre Sachen zusammen und gingen ebenfalls. Ich wischte mir über das Gesicht. Alles tat weh, ich merkte, wie ich das Blut über mein Gesicht verteilte. Ich musste schrecklich aussehen.
"Du siehst schrecklich aus", sprach Kai meine Gedanken aus und setzte sich neben mich.
"Du auch, mit deiner hässlichen Maske"
"Hey, die ist neutral schwarz, außerdem willst du gar nicht wissen, wie ich darunter aussehe"
Ich antwortete nicht. Stattdessen wischte ich mir wieder das Blut unter der Nase weg.Er umfasste mein Handgelenk und zogen es vorsichtig weg.
Ich sah ihn an, er schaute mir direkt in die Augen. Verdammt diese Farbe. Wie flüssiges Caramel.
"Hör auf", sagte er sanft, "Du machst es nur noch schlimmer"
Dann ließ er mich los und stand auf. "Wir müssen jetzt gehen. Dort können wir uns dann um dein Gesicht kümmern"
"Wo?", fragte ich ratlos.
"Am nächsten Ort"
"Ihr nehmt diese Sache wirklich ernst, oder?"
"Jep. Und wir sind erst in der ersten Phase. Wenn er zum direkten Austausch nicht erscheint, werden wir fiel härtere Geschosse auffahren."
"Gut, dann denkt euch schonmal was aus, ich denke nicht, dass er kommen wird"
"Haben wir schon, denn wir denken es auch nicht"Danke. Das half mir sehr.
"Und jetzt komm mit, wir müssen los"
"Und wenn ich einfach nicht mitkomme?"
"Dann werde ich dich tragen. So viel kannst du ja nicht wiegen. Und bevor du überhaupt versuchst dich zu wehren: ich bin stärker als du, lass es einfach"
Ich seufzte ergeben und stand auf.
Ich konnte sein Lächeln nur erahnen und fragte mich, wie es wohl aussah. Er meinte, ich wolle es nicht wissen, wollte ich aber. Ob er gut aussah? Wohl eher nicht, schließlich hatte er mich ja gewarnt. Ich dachte an das Stück seines Unterkiefers, das ich gesehen hatte. Stark, vernarbt, ich konnte mir nicht vorstellen, dass zu diesem Unterkiefer ein hässliches Gesicht gehörte. Vielleicht bezog sich die Warnung auf die Narbe. Ob er mehrere hatte?Wir gingen durch den Gang, den ich bereits kannte. Ich verfolgte seine Bewegungen. Er sah entspannt aus, doch ich wusste, dass er auf alles vorbereitet war. Ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Ich griff nach seinem Arm. Sofort schoss seine andere Hand dorthin, packte mein Handgelenk drehte mich mit dem Rücken gegen die Wand und positionierte seinen rechten Arm neben meinem Hals, während die linke Hand meine noch festhielt. Ich konnte nicht entkommen.
Das Lächeln wurde zu einem Grinsen.
Er schüttelte den Kopf.
"Das war ein Test oder?"
Ich nickte. Er lehnte sich leicht vor. Sein Atem strich warm und sanft über meine geschwollene Wange. Ich hielt die Luft an."Und?", murmelte er mit rauer Stimme, "Habe ich bestanden?"
Seine Nähe ließ mein Herz verrückt spielen. Ich nutzte den Moment aus. Meine linke Hand, die bis jetzt nur nutzlos heruntergehangen hatte, strich langsam an seiner Seite hoch.
Ich spürte, wie er seinen Atem unter Kontrolle halten musste. Ich strich über seine Brust, um den Hals in seinen Nacken, dann zog ich mich näher an ihn ran. Auch ich hatte Mühe, meine Atmung zu kontrollieren, mein Herz war längst außer Kontrolle geraten. Ich fand den Ansatz der Maske und mit einem Ruck, zog ich sie ihm über den Kopf.
"Nein", sagte ich und der Moment war vorbei."Gib mir die Maske zurück!", rief er.
Er warf sich gegen mich, doch ich hatte keine Zeit, die Nähe zu genießen, denn daran war nichts liebliches mehr. Er hielt meinen Arm, nagelte ihn mit seinem Griff gegen die Wand und nahm mir mit der anderen die Maske weg. Leider konnte ich sein Gesicht nicht erkennen, weil er so nah war, dass ich an ihm vorbeischauen musste und als er sich entfernte, saß die Maske schon wieder. Das Einzige, was ich erkennen konnte, war das braune Haar, das im Nacken unter der Maske verschwand. Er drehte sich wieder zu mir."Sehr schlau. Das muss man dir lassen, aber wenn du es nochmal versuchst", begann er und ich musste das Ende nicht hören, um zu wissen, dass er mir drohte. Er war genau wie die anderen Maskierten. Sobald etwas Probleme machte, drohten sie Gewalt an. "Musst du dir dein Gesicht selbst sauber wischen"
Überrascht sah ich ihn an, dann musste ich grinsen.
"Übrigens, du siehst echt scheiße aus mit dem ganzen Blut im Gesicht"
Danke. Er wusste wirklich gut, wie man jemandem das Grinsen aus dem Gesicht wischt. Wortlos gingen wir das letzte Stück aus dem Haus und ins Auto, wo man mir wieder irgendwas verabreichte und ich schließlich wieder wegpennte.
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Mask
Teen FictionMalina Engel, die Tochter des Bundeskanzlers wird entführt - drei Wochen nach der Wahl. Zunächst beherrschen Angst und Terror das Mädchen, doch dann lernt sie Kai kennen und nichts ist mehr wie es war. Wem kann sie trauen? Wer ist gut und wer böse...