f i f t y - s i x

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James Sicht

Etwas gereizt saß ich in meinem Büro und zählte Schein für Schein ab. »Vierzigtausend« knurrte ich und schaute in seine Augen. Ich wusste, dass er mir versuchte mit seinem ernsten Blick Angst einzujagen, aber wenn ich meinen standhaften Blick verteidigen würde und nicht nachlassen würde, könnte er nicht mehr mit mir herumscherzen. »Damit hat sich das, Derek« ich wandte meinen Blick von ihm ab und schob das Geld in seine Richtung. Dankend nahm er es an und ließ seinen Handlanger noch einmal zählen. »Sir, das sind vierzigtausend« bestätigte dieser und ich stand auf. »Hau endlich ab« brummte ich und lächelnd schaute mich mein Feind an. »Ich hoffe wir geraten nicht noch einmal aneinander«, das was er sagte war ganz klar eine Drohung, eine Drohung der ich mich nicht widersetzen würde. Ich sah ihm dabei zu, wie er aus meinem Büro verschwand und hoffte instinktiv es wäre das letzte mal gewesen, dass ich ihn hier gesehen hatte. Denn es musste endlich aufhören. Ich atmete tief ein und aus und ließ die ganze Luft, die sich etwas Nervös in meiner Lunge angesammelt hatte, mit einem Stoß raus.

Ich hatte das nicht für mich getan, denn ich hatte mich schon längst daran gewöhnt das er jeden Tag in mein Büro spazierte, als wäre es selbstverständlich. Manchmal spielte er mit seiner Waffe herum und hatte wahrscheinlich vor, Russisch Roulette an mir auszuüben. Aber mein Leben war mir schon lange nichts mehr wert gewesen. Ich hatte nichts mehr zu verlieren.

Ich machte das hier für Mia. Ich hatte seitdem ich sie vor ein paar Tagen das letzte Mal gesehen hatte ein sehr schlechtes Gewissen. Es fraß mich fast schon auf. Sie hatte mir die Sachen nie verziehen und ich konnte nicht von ihr erwarten, dass sie dies irgendwann tun würde. Deswegen bezahlte ich alle meine Schulden bei Derek ab, damit er sie wenigstens in Ruhe ließ. Ich wollte das sie wusste, dass es mir nicht egal gewesen ist, wie es ihr ging oder was mit ihr passierte. Aber mein Leben ist gefährlich. Mein Leben ist eines, welches Mia niemals aushalten würde. Sie würde sich wahrscheinlich niemals an diese Kriminalität und die ganzen Dingen die ich nebenbei am Laufen hatte gewöhnen können. Und ich wollte ihr diesen ganzen Mist auch gar nicht zumuten. Sie sollte leben, sie sollte in Ruhe gelassen werden und ihren ordentlichen Abschluss machen. Danach konnte sie weg, in die weite Welt. So weit weg von mir, wie nur möglich. Und normal bleiben. Ihr Leben sollte normal verlaufen, wenn meins schon zum Scheitern verurteilt gewesen ist.

Ich wünschte ihr tatsächlich nur das Beste. Ich wünschte ihr, dass sie einen normalen, zivilisierten und wohlhabenden jungen Mann treffen würde, der nichts mit kriminellen Dingen zutun haben und sie bedingungslos lieben würde. Er sollte ihr die Welt zu Füßen legen, sie lieben und danach sollten meinetwegen auch Kinder bekommen. Ich wollte sie nicht in meinen Horror mitziehen. Ich zerstörte nicht nur mein Leben, sondern auch ihres.

Als ich über die ganzen vergangenen Monate rückblickend nachdachte, wusste ich gar nicht aus welchem Grund ich so gehandelt hatte und aus welchem Grund ich ihr ihr Leben so unglaublich schwer gemacht hatte. Ich wollte Rache. Seitdem ich aus diesem Bau befreit worden bin, wollte ich mich an ihr und ihrer verdammten Familie rächen, für das, was sie mir angetan hatte. Und trotzdem hatte mich noch nie ein Mensch fasziniert, der so jung gewesen ist. Obwohl sie wusste, dass gerade ein Einbrecher in der unteren Etage sein Unwesen treibt, kam sie mutig herunter und stellte sich breit vor mich. Sie beschützte ihre Familie und würde sich lieber dem Tod höchstpersönlich gegenüberstellen, anstatt ihre Familie auszuliefern. Ich hatte nicht vor mich zu verlieben, zumal ich noch nie in meinem Leben so intensive Gefühle für ein Mädchen wie sie hegte. Für ein Mädchen dessen Familie ich mehr als alles andere hasste. Aber sie hatte es mir wirklich angetan. Und ich wollte mir diese Liebe, die ich für sie verspürte nie wirklich eingestehen. Ich versuchte kalt vor ihr zu bleiben, sie dazu zu bringen mich zu hassen, aber ich liebte sie mit allem, was ich hatte. Und ich wusste, die einzige Möglichkeit wie ich es ihr recht machen konnte war mich so weit wie möglich von ihr zu entfernen. Egal wie weh das tat. Was rede ich da, ich musste stark bleiben. Etwas abwegig schüttelte ich meinen Kopf um meine Gedanken loszuwerden. Mia sollte für mich nichts sein.

»James, Besuch« einer meiner Jungs war hineingekommen und kündigte Besuch an. Ich stand natürlich sofort auf. Ich erwartete Derek welcher wahrscheinlich nochmal spontan Lust hatte, eine Drohung auszusprechen. Aber als Mias Brüder plötzlich hineinkamen, überkam mich ein flaues Gefühl. Ich wollte mich tatsächlich nicht mit ihren Brüdern anlegen, aber sie schienen böse. Sehr böse. Aber hatten sie das recht dazu das zu sein? Sollte ich nicht jetzt meine Waffe zücken und genau auf sein Gesicht schießen, um mich besser zu fühlen und ihnen endlich das zu geben was sie für die Aktion damals verdienten?

»Alex. Lucas.« begrüßte ich beide etwas misstrauisch und Alex zögerte keinen Moment. »Du bist ein toter Mann« rief er ich fing an, spöttisch aufzulachen.

»Wie kann ich euch helfen?« fragte ich, während ich mich mit verschränkten Armen an meinen Schreibtisch lehnte und auf seine Antwort wartete. Ich hatte das Gefühl, dass sofort ein Problem nach dem anderen folgte. Kaum war ich Derek los, tat ich das, was ich Mia versprochen hatte, nicht zutun. Ich redete mit ihren Brüdern, die mir das Leben zerstört hatten.

»Ich werde das alles der Polizei sagen und du wirst im Gefängnis verrecken« knurrte Alex und ich wusste, dass dies nicht nur an der jetzigen Situation lag. Er versuchte es schon wieder, was mich nur dazu brachte, breiter zu grinsen. »Zu den Polypen läufst du gerne wenn du Angst hast, kann das sein Saunders?«

»Du.. du hast unsere Eltern ruiniert ist dir das eigentlich klar??? und du hast unsere Schwester angefasst?? Du hast unsere ganze verdammte Familie zerstört!!!» Meldete sich sein jüngerer Bruder zu Wort und etwas skeptisch schaute ich den beiden Brüdern, die sich mit dem Alter immer und immer ähnlicher sahen, an. »Achso, ich habe das Leben deiner ach so tollen Eltern ruiniert? Du kannst froh sein das euer Haus noch nicht abgebrannt ist und der Grund ist Mia« erwiderte ich genervt und redete weiter, ohne auf eine Antwort zu warten.

»Du kannst mich leider nicht wieder verpetzen. Eure Schwester wird genau so im Knast landen wie ich. Es gibt Dinge, die wisst ihr nicht. Tut das nicht. Für Mia.« sprach ich und das war auch der einzige Grund weshalb ich hoffte, dass Mia für mich aussagen würde und mein Alibi sein würde. Sonst wären wir beide dran. Und wenn ich der Grund wäre, dass sie jahrelang ins Gefängnis müsste, würde ich mir ohne zu zögern eine Kugel durch den Kopf jagen. Aber ihren Brüdern oder zumindest Alex würde ich einen Aufenthalt im Gefängnis mehr als nur gönnen. Beide schienen nicht zu wissen, was sie sagen sollten. Aber Alex Faust hatte schneller reagiert, als sein Mund. Er hatte mir eine reingehauen und ich wirbelte nach hinten, wo ich mich glücklicherweise noch an meinem Tisch festhalten konnte.

»Willst du nicht, dass wir zu der Polizei gehen?« fragte mich Alex während er mich am Kragen gegen die Wand hielt. Wenn ich wollte, könnte ich ihn mit einer Bewegung auf den Boden zwingen. Aber ich wollte es mir mit Mia nicht komplett verspielen. Wenn sie erfahren würde, dass ich ihrem Bruder wehgetan hatte, würde sie mich nachmehr hassen, als sie es sowieso schon tat. Und wenn ich einmal anfing Alex zu schlagen, dann würde dieser Horror kein Ende finden, schließlich hatte ich noch eine sehr lange und teure Rechnung mit ihm offen und das ich mich gerade in diesem Moment zurückhielt und von Alex eine Reinhauen ließ, tat ich nur Mia zu liebe.

»Dann verschwindest du aus der Stadt. Du hast zwei Tage. Ansonsten gehe ich höchstpersönlich zu der Polizei und zwinge Mia dazu, die Wahrheit auszusagen. Glaub mir«

criminally in love | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt