f i f t y - s e v e n

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Mias Sicht

»Mia mein Schatz, komm doch etwas essen« flehte meine Mutter doch ich blieb standhaft. Der Hunger war mir vergangen und ich wollte gar nicht nach unten. Es war Samstagabend und ich hatte mich die letzten Tage nur für die Schule aus meinem Bett geschält. Auch Alex und Lucas hatte ich nicht mehr gesehen. Und das wollte ich auch nicht so dringend.

Von James hatte ich natürlich nichts gehört. Die Tage vergingen langsam und teilweise lag ich nachdenklich im Bett, um meine Zeit zu überbrücken. Nachdem Lucas mir wehgetan hatte, kümmerte sich meine Mutter mehr um mich, als sie es sonst tat. Es lag ein schmerzhafter Ausdruck in ihren Augen und noch vorgestern hatte sie mir erzählt, dass sie Lucas eine Standpauke für seine harte Lektion gehalten hatte. Aber es war mir egal, ob sie es getan hatte oder nicht. Für mich zählte Lucas' Tat. Ich kann verstehen, dass er sauer gewesen ist. Ich kann verstehen, dass er mich hasste und nicht nachvollziehen konnte, dass ich das zu seinem Schutz gemacht hatte. Aber ich wusste nicht, dass er fähig dazu wäre, seiner eigenen Schwester wehzutun. Und wieso machte Alex nichts dagegen? Wieso schien das in ihren Augen so normal?

Ich hatte kurz darüber nachgedacht, ob ich es verdient hatte. Ich wollte mir selbst einreden dass es gut gewesen ist, was Lucas gemacht hatte. Aber das war es nicht und die Wut hatte die Trauen in mir schon längst überschattet.

»Mom, nein« murmelte ich und sie streichelte meinen Kopf, während sie auf meiner Bettkannte saß. »Keiner von ihnen ist unten. Nicht einmal Dad. Du musst doch etwas essen« bat sie mich, doch ich schüttelte meinen Kopf. »Etwas später okay?« gab ich nach einigen Minuten der Diskussion nach und sie nickte zufrieden. »Gleich!« wiederholte sie zufrieden um auch sicher zu gehen, dass ich es auch ernst meinte.

Als sie aus meinem Zimmer verschwand, nahm ich zum ersten Mal nach zwei Tagen mein Handy in die Hand. Die letzten Tage hatte ich ein etwas mulmiges Gefühl, weil ich eine Nachricht von James erwartete und nicht akzeptieren konnte, dass es zwischen uns wirklich vorbei gewesen ist. Und tatsächlich ploppte mir beim ersten Entsperren sofort sein Name entgehen. Mein Herz klopfte wie verrückt und das erste Mal nach zwei Tagen. Ich hatte unzählige Nachrichten von ihm erhalten. 

Mia, du musst wirklich zur Polizeiwache und für mich Aussagen

Es ist wichtig

Wieso antwortest du mir denn nicht?

Du musst mein Alibi sein

Es ist wichtig Mia wenn du das
gemacht hast, verspreche ich
dir, dass ich dich nie wieder stören
werde

Du musst mir nur noch ein
letztes Mal helfen und dann bin ich
weg

Ich verspreche es

Gott wieso bist du denn seit
gestern nicht an deinem Handy?

Bitte melde dich. Ein letztes Mal

Tränen stiegen in meine Augen und etwas verzweifelt dachte ich darüber nach, was ich jetzt machen sollte. Ich wollte nicht wieder zu ihm zurück. Meine Grenze war erreicht und ich schaffte es mittlerweile nicht einmal mehr, aus meinem Bett zu kriechen. Aber ich wurde nicht das Gefühl los, ihm helfen zu müssen. Ich fühlte mich verantwortlich, obwohl ich genau wusste, dass ich das nicht gewesen bin. Ich wollte von ihm weg, aber es war schwierig. Es war wie ein Entzug und ich musste, wollte aber nicht. Es fiel mir wirklich schwer und ich wollte nicht einsehen, dass er aus meinem Leben verschwunden ist, aber ich musste.

Sollte ich ihm diesen einen, kleinen Gefallen noch tun?

Wann?

Etwas aufgeregt tippte ich meine Antwort in mein Handy ein und schickte sie zögerlich ab. Würde ich für diesen einen kleinen Gefallen wieder alles bezahlen müssen? Würde dadurch noch einmal so ein Krieg zwischen mir und meiner Familie ausbrechen? Ich wusste, dass ich nicht durfte, andererseits hatte ich schon zu viele verbotene Dinge für und wegen James getan. Einmal noch, dachte ich mir. Dann wäre ich ihn hoffentlich los.

Mia, gott sei dank. Wo warst du denn?
Wir können uns direkt treffen. Ich
werde dich hinfahren. Danach bist
du mich los. Machst du es ?

Ich überlegte noch einmal intensiv über meine Entscheidung nach. Ich grübelte genauestens über meine Antwort und war mir immer noch nicht sicher, ob es eine gute Idee gewesen ist, das zutun. Aber ich hörte für einen kurzen Moment auf mein Herz und mein Bauchgefühl. Nicht auf meinen Verstand.

Hol mich in einer halben Stunde ab.

Danke Mia, ich werde da sein

Ich stand auf und beförderte mich ins Bad. Tatsächlich musste ich mich dazu zwingen. Ich hatte einfach keine Lust mehr auf dieses ganze Chaos und hatte mich die letzten Tage sehr gen lassen. Ich legte mir meine frischen Klamotten auf mein Waschbecken und genoss meine lange, warme Dusche. Ich hatte nach dieser nicht mehr ganz so das Gefühl, dass ich stank. Ich trocknete meine Haare und sorgte dafür, dass ich etwas menschlich aussah. Ich war tatsächlich schwach und ich hatte mich sehr gehen lassen, aber ich wollte das James nicht zeigen. So musste er mich nicht sehen.

Frisch angezogen ging ich die Treppen runter und traf meine Mutter an, welche gerade auf dem Sofa saß und ihr Buch las. »Mom ich gehe eben zu Alvia. Aber damit du dir keine Sorgen machst, nehme ich mir einen Apfel okay?« sagte ich, schnappte mir den erstbesten grünen Apfel den ich sah und lächelte sie überzeugend an. »Nagut« gab sie schmunzelnd nach und ich rief noch kurz hinterher, dass ich nicht lange brauchen würde. Das würde ich tatsächlich nicht, denn ich wollte nicht viel Zeit verlieren. Ich tat James nur einen Gefallen.

Nur einen kleinen Gefallen.

criminally in love | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt