Sunday, 21st December 2014, 4th Advent ♡
„Hey Leute. Ich bin's Kylie. Wie geht's euch? Heute ist der vierte Advent - und in drei Tagen ist Weihnachten. Yay." Sie hob scheinbar jubelnd die Hände, aber es wirkte trostlos und sie ließ sie sofort wieder sinken.
„Ein Grund zu feiern eigentlich, aber tatsächlich auch nur eigentlich, denn in einigen Fällen wird die festliche Stimmung getrübt und die sollte man nicht einfach ignorieren. Deshalb mach ich dieses Video. Ich wollte das Thema schon letzte Woche anschneiden, um ehrlich zu sein, aber da war das andere Video schon fertig und ich hätte in den folgenden Tagen keine Zeit für die geplante Aktion gehabt, also hab ich es auf diese Woche verschoben."
Sie lächelte schwach und knetete ihre Hände.
„Gerade solche Feiertage wie Weihnachten, die man mit der Familie und engsten Freunden verbringen sollte, machen es einem noch mal extra schmerzlich bewusst, wenn eine Person aus diesem Kreis fehlt.
Glaubt mir, meine Nachbarin freut sich ganz sicher nicht, dass ihr in dieser Zeit wieder richtig fett aufs Butterbrot geschmiert wird, dass ihr Verlobter im Sommer im Außeneinsatz umgekommen ist und sie Weihnachten deshalb allein mit ihrem Hund verbringen muss. Unsere Einladung hat sie abgelehnt und, ernsthaft, das kann ich genauso verstehen, als wenn sie an unsere Hälse springen würde. Jeder Mensch versucht eben anders damit umzugehen.
Also das nur als Beispiel. Es gibt so viele Gründe, dass ein Mensch aus dem Leben gerissen werden kann und alle sind gleich schmerzlich nur auf unterschiedliche Weisen. Es ist kein schönes Gefühl, wenn einem bewusst wird, dass man nicht die Chance hat diesen Menschen je wieder zu sehen, nie wieder seine Stimme oder sein Lachen zu hören oder seine Umarmung spüren kann."
Das war der Moment, in dem man ihr anmerkte, wie sehr ihr das Thema ans Herz ging. Und das lag sicher nicht an der Geschichte von ihrer Nachbarin.
„Manchmal möchte man einfach nur gerne die Zeit zurückdrehen, die schönen Momente erneut durchleben und sich verabschieden, bevor die Person endgültig verschwindet. Beerdigungen sind so eine Sache ... einige kommen damit klar und können sich so verabschieden, doch andere ..."
Sie schwieg und starrte auf einen Punkt über der Kamera. Die erste Träne lief ihr über die Wange.
„Ich ...", sie brach ab. Das Video zeigte eine Schnittstelle. Sie rieb sich über die Wange, holte tief Luft und begann von neuem.
„Ich wollte das Video machen, um euch die Nachricht zu übermitteln, wie *piep* es sein kann ... nein, wie *piep* es ist, allein zu sein an Weihnachten. Ich möchte euch dazu anhalten solchen Leuten, wenn ihr welche kennt - es können meinetwegen auch Fremde sein - eine Freude zu bereiten. Den Toten kann man nicht mehr helfen, aber dafür den Lebenden auf unterschiedlichste Weisen. Kauft einem Obdachlosen einen heißen Kaffee, besucht einsame Rentner im Altersheim oder spielt meinetwegen auch Clown auf einer Kinderstation im Krankenhaus. Es gibt so viele Möglichkeiten, aber leider werden die nicht so ernst genommen, wie sie vielleicht sollten."
Sie wischte sich wieder über die Wange und schien wieder an Fassung zu gewinnen.
„Wichtig ist dabei, dass ihr die Privatsphäre der Menschen bewahrt, euch ihnen nicht aufdrängt und einfach dafür sorgt das sie für eine Weile glücklich sein und ihre Sorgen vergessen können. Es ist eine besondere Zeit im Jahr und keiner sollte allein sein.
Deshalb hab ich beschlossen eine kleine Aktion zu starten. In den nächsten Tagen werde ich meine Augen auf Twitter und Co. offen halten für Bilder von euch wo ihr Menschen eine Freude bereitet. Ich werde so vielen Leuten wie möglich folgen und später mal ein bisschen länger online sein als normal. Die Aktion startet jetzt und ich denke mal, dass ich das wohl die ganze Woche durchziehen werde. Bitte nehmt das Ernst, ja?"
Sie lächelte flehend und blickte auf ihre Hände, dann zeigte das Video erneut eine Schnittstelle.
„Es ist schwer zu erklären, warum ich das alles mache ... okay eigentlich nicht. Es ist nur ... ich kann's nur schwer in Worte fassen. Aber ihr habt eine Erklärung verdient also gebe ich mal mein bestes."
Wieder eine Schnittstelle. Dieses Mal liefen ihr wieder Tränen über die Wangen. Ihm zerbrach der Anblick fast das Herz.
„Meine Mutter starb vor langer Zeit, ich war noch ziemlich klein und kann mich nicht mal an sie erinnern. Manchmal frag ich mich, ob das wirklich was Schlechtes ist.
So bin ich nicht in der Lage irgendetwas an ihr zu vermissen, denn ich habe sie nicht gekannt, weiß nicht wie sie so war, kenne ihre Stimme nicht, weiß nicht wie es sich angefühlt hätte jeden Tag mit ihr zusammenzuleben. Ich kenne sie nur von Fotos und selbst die sind schon seit Jahren aus dem Haus verschwunden. Ich weiß nicht wo sie abgeblieben sind. Das einzige was ich noch von ihr habe ist eine Holzkiste mit Schmuck, Ansteckern, ihrem Ehering und ihrem Führerschein. Das ist das einzige Foto was ich noch besitze.
Ich bereue es, sie nicht gekannt zu haben. Ich frage mich ... wie wäre mein Leben wohl verlaufen wenn sie hier gewesen wäre? Wenn sie meinen Schulanfang, meine ersten Meter auf dem Fahrrad und meinen Abschlussball miterlebt hätte? Würde es mir besser gehen? Würde ich mehr lachen? Würde mein Vater glücklicher sein? Würden wir mehr Dinge zusammen unternehmen?"
Sie schluckte, presste die Lippen aufeinander und ihre Hand erhob sich wieder zu ihren Augen.
„Manchmal frage ich mich auch, ob ich an all dem Schuld bin."
Erneut eine Schnittstelle. Er musste schlucken, versuchte zwischen den Zeilen ihrer Worte zu lesen. Der Drang sofort zu ihr zu fliegen und sie zu umarmen machte sich in ihm breit. Warum eigentlich auch nicht? Das war das, was sie mit diesem Video erreichen wollte, dass man eine gute Tat vollbrachte und das wäre definitiv eine.
„Ich will euch jetzt nicht so vollheulen", meinte sie und versuchte ein Lächeln. „Ich will euch nur sagen, dass man auch einsam sein kann, wenn man Leute um sich herum hat und dass es schrecklich ist jemanden zu vermissen. Das gilt genauso für Liebeskummer oder Fernbeziehungen.
Wenn ihr irgendwas auf dem Herzen habt und es loswerden wollt, schreibt es in die Kommentare oder schreibt mich auf sozialen Netzwerken an. Ich werde mir Mühe geben so vielen wie möglich zu antworten und ich hoffe, dass ein paar von euch auch hier etwas Gutes tun und jemanden mittels einer kleinen aufmunternden Nachricht aufbauen.
Also haut in die Tasten, legt euch ins Zeug und enttäuscht mich nicht! Bis nächste Woche! Love you lots!"
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Merry Christmas.x |♥| lwt || GER
Fanfiction》Sie war ein Teil seines Lebens geworden, so wie er ein Teil ihres war. Der Unterschied war nur, dass sie nicht wusste, dass er auch sie kannte; dass sie sich in sein Leben geschlichen hatte, wie er sich in ihres. Zu verwirrend? Lasst es mich so sag...