Kapitel 14

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-Julian
Frustriert schlage ich dir Tür zu und sie fällt mit einem lauten Knall ins Schloss. Natürlich schiebe ich meine Probleme vor mich hin. Wer tut das denn nicht?
"Julian! La porta!¹⁷"
Das ist das einzige, was dich interessiert? Die Tür?
Mit schnellen Schritten stampft mein Vater in den Flur.
"Wo ist deine kleine Principessa?"
"Sie ist nicht meine kleine Principessa. Ich hab's verkackt." Tröstend legt er seine Hand auf meine Schulter. Ob mich das jetzt wirklich tröstet, ist die andere Frage..
"Cosa è successo?¹⁸"
Gute Frage, nächste Frage. Im Gleichschritt gehen wir ins Wohnzimmer und lassen uns auf die Couch fallen.
"Sie.. Ich.. also..-"
"Julian?" Nicht das, was du jetzt wieder denkst. Meine Güte.
"Ich habe ihr gesagt, dass ich sie mag. Irgendwie. Es war alles gut. Aber sie hat so sehr daran gezweifelt, dass ich es wirklich ernst mit ihr meine.." Ich.. ich habe doch auch noch nie eine ernsthafte Beziehung geführt!
"Das ist ihr nicht zu verübeln, mio figlio."
"Na vielen Dank au-"
"Du weißt, wie ich das meine. Du-" Ich schaue böse zu ihm auf. Ich weiß, dass ich ein Arschloch bin. Das muss ich nicht auch noch von meinem Vater hören.
"Naja, jedenfalls. Leg' dich ins Zeug. Beweise ihr, dass du sie magst. Lass' deinen Il fascino italiano¹⁹ spielen." Ich glaube eher, davon will sie nichts mehr hören. Grübelnd schleife ich mich in mein Zimmer, kralle mir meine Gitarre und spiele ein paar Akkorde vor mich hin. Du musst dir irgendwas überlegen.. du.. natürlich!

-Rosalie
Wütend reibe ich mir vor dem Spiegel den Schlaf aus den Augen. Er soll bloß nicht denken, ich hätte wegen ihm geheult oder so.. Frustriert klatsche ich Concealer auf meine tiefen Augenringe. Wenn er mich mag, wieso sagt er es nicht einfach...? Genervt von mir selbst verdrehe ich die Augen. Hör jetzt auf, dir Gedanken zu machen. Ich greife nach irgendeinem alten T-Shirt und einer Jeans aus meinem Schrank. Nachdem ich runtergerannt bin und mir mein Frühstück geschnappt habe, gehe ich zur Schule.

Mit gesenkten Kopf laufe , sprinte ich beinahe an der kleinen Gruppe von Julians Freunden vorbei. Niemand rührt sich. Womit hatte ich auch gerechnet? Wieso sollte der coole Julian auch vor seinen Freunden-
Vor der Tür des Schulhauses fällt plötzlich ein Schatten auf mich. Ich schaue verunsichert auf. Seine braunen Augen bohren sich in meine. Er lächelt mich lieb an. Gerade will ich mich an ihm vorbeikämpfen, als er mich am Arm zurückhält.
,,Das gehört sich aber nicht..." Ich beiße wütend die Zähne zusammen. Sein Atem streicht über meine Wange.
,,Für dich.." Er drückt mir eine Blume in die Hand, dann verschwindet er. Fassungslos starre ich auf die gelbe Blüte.
"Beweis mir, dass du mich liebst..."

-Julian
Der Unterricht ist wie immer öde, verschafft mir jedoch noch ein wenig Zeit zum Grübeln.
"Ich hatte also Recht." Till unterbricht meine Grübelei und wirft mir sein breitestes Grinsen entgegen.
"Womit hattest du Recht?"
"Du hast dich in das kleine Dornröschen verguckt, nicht wahr?" Warum wusste eigentlich schon jeder außer mir, dass sie mir irgendwann so ziemlich alle Sinne raubt? Um mir ein weiteres peinliches Grinsen zu ersparen, weihe ich ihn in meinen Plan mit ein. Goran muss ich auch noch fragen, fuck. Das peinliche Grinsen bleibt mir nicht erspart, aber er nickt zustimmend und erklärt sich bereit, mir zu helfen. Als wir endlich den Raum verlassen können, sprinte ich schnell zu Goran, um ihn ebenfalls einzuweihen. Wir haben zwar noch genug Zeit, dass zu proben, aber sie wissen immerhin schon mal Bescheid. Nachdem wir gemeinsam vor der Tür eine geraucht haben, verabschiede ich mich und stampfe zum Musikraum. Von Weitem kann ich die gelbe Blume auf ihrem Stuhl sehen. Immerhin hat sie sie nicht weggeschmissen.. Als ob nichts wäre, setze ich mich grinsend neben sie und warte auf die Ankunft von Frau Erdmann. Ihr OK fehlt mir noch und dann kann doch eigentlich nichts mehr schief gehen.. oder?

-Rosalie
Seine Anwesenheit macht mich furchtbar nervös. Noch dazu lächelt er die ganze Zeit vor sich hin. Was ist so witzig? Ich greife nach der gelben Blume und drehe sie in meiner Hand. Sie reckt ihren Kopf munter in die Höhe und scheint mich beinahe vorwurfsvoll anzusehen, als wolle sie sagen: "Warum hast du ihm nicht geglaubt?" So einfach lasse ich mich nicht rumkriegen! Als ich beginne mit meinem Bein vor Aufregung auf und ab zu wippen, legt er seine warme Hand auf mein Knie. Sie scheint sich beinahe durch den Jeansstoff zu brennen und ein kleines Feuer auf meiner Haut zu hinterlassen. Er streicht sanft mit seinem Daunen auf und ab. Ich kann mich nicht rühren. Das Einzige, was ich wahrnehme, ist, wie gut sich das alles anfühlt. Aber was ist, wenn er sich nicht geändert hat? Mein Körper sehnt sich nach seinen Berührungen, seinen weichen Lippen auf meinen, seine Finger, die meinen Körper entlang fahren und mich um den Verstand bringen, aber mein Kopf versucht mir immer wieder die Realität vor die Augen zu führen. Benebelt schaue ich zu ihm. In seinen Augen funkelt es. Der Moment bricht abrupt ab, als er aufsteht ,um auf Frau Erdmann, die gerade durch die Tür getreten ist, zuzugehen und leise mit ihr zu reden. Ich sehe die beiden verwundert an, während mein Körper noch immer von einer Gänsehaut überzogen ist. Körperliche Anziehung hat nichts mit Liebe zu tun. Doch insgeheim weiß ich, dass mich nicht nur seine Berührungen und sein Äußeres, sondern auch seine Worte, sein Lächeln und seine Schlagfertigkeit, um den Verstand bringen.

-Julian
"Kleine Planänderung." Eher eine ziemlich große.. zumindest für mich und hoffentlich auch für sie.
"Ich brauche schon mehr Informationen von Ihnen, Herr Pollina."
"Es war ja erst geplant, dass ich den Song meines Vaters beim Auftritt spiele.. das fällt flach." Eigentlich wollte ich das ja sowieso nicht..
"Aber-"
"Ich spiele etwas anderes. Einen meiner Songs." Sie kann eigentlich gar nicht nein sagen. Es macht ihr keine Arbeit, also..
"Okay? Ja, wenn's nicht wieder solch ein anstößiger Song ist.. Tun Sie, was sie nicht lassen können." Anstößig? Prüdes Weib. Grinsend wende ich mich von ihr ab und lasse mich wieder auf meinen Stuhl fallen. Rosalie scheint sich keinen Zentimeter gerührt zu haben. Hoffentlich ist das Beweis genug.. ich habe das Gefühl, ich wäre für nichts anderes in der Lage..

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¹⁷= die Tür
¹⁸= Was ist passiert?
¹⁹= italienischen Charme

rosaspina & tigrotto (faber fanfiction) [✔]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt