Royal 23

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Ich sah auf die Weiten der schottischen Highlands und dem dahinter liegenden Meer. Es war alles in einem grünton den ich so intensiv noch nie erlebt hatte. Die Luft roch salzig und ein bisschen nach Fisch als eine leichte Meeresbrise zu mir hinüber wehte. Wir hatten heute auf unserer Wanderung Glück gehabt. Es hatte weder unerwartet angefangen zu regnen noch zu schneien, wie es Clara und mir bei unserer letzten Wanderung passiert war.
Wir hatten direkt nach Heiligabend den ersten Flug nach Schottland genommen und befanden uns jetzt seit zwei Tagen auf der Isle of Skye und das war eindeutig mein Lieblingsort geworden. Die kleinen Orte mit ihren Häfen und Cottages sowie die nettesten Menschen, die ich je kennengelernt hatten, konnte man nur lieben. Wir würden morgen schweren Herzens wieder nach Hause fahren. Die letzten Tage waren wir in Edinburgh und Glasgow gewesen, was ebenfalls wunderschöne Orte gewesen waren, allerdings kam nichts an diese Aussicht ran.
Neben mir hörte ich Clara keuchend den Hügel nach oben klettern. Sie wollte sich das Loch genauer ansehen, was sich unter uns erstreckte. Ich sah sie an ,,Na? Ein paar hübsche Fotos gemacht?" sie nickte stolz und ließ sich atemlos neben mit auf den Felsen fallen. Nach ein paar tiefen Atemzügen antwortete sie auch ,,Es ist wunderschön da unten. Und mit dem Himmel, welcher sich im Wasser spiegelt habe ich ein paar richtig schöne Fotos geschossen." sie zeigte sie mir auf ihrer Kamera und ich nickte anerkennend ,,Wow, die sind wirklich schön." ,,Ja, nicht?" sie packte die Kamera wieder weg und kramte stattdessen eine Flasche Wasser und zwei Äpfel hervor. ,,Möchtest du?" sie reichte mir den Apfel. Abgelenkt von der Natur hatte ich gar nicht mitbekommen, dass ich total ausgehungert war. Wir aßen schweigend und ich genoss die Stille. Außer die Brandung von der Küste und vereinzelten Tiere war es unfassbar ruhig. Ich entspannte mich seit Monaten zum ersten Mal wieder richtig und versprach mir diesen Moment nie wieder zu vergessen. Dieses unglaubliche Gefühl von Freiheit. Zumindest versprach ich mir das bis Clara den Namen nannte, der seit Wochen verboten gewesen war ,,Bist du sicher, dass du wirklich nicht zumindest noch ein letztes Mal mit David sprechen möchtest?" fragte sie sanft. Und dieses doofe Herz fing wieder an viel zu schnell zu schlagen. Gleichzeitig zog sich aber auch etwas schmerzhaftes in meinem Bauch zusammen. Ich hatte diese Gefühle die letzten Wochen erfolgreich verdrängt und mir jegliche Gedanken an David verboten. Ich hatte ein Lächeln aufgesetzt und meiner Familie vorgespielt, dass alles gut war. Auch wenn ich wusste, dass meine Mutter es natürlich gesehen hatte. Sie war aber schlau genug gewesen es nicht zu erwähnen. Abgesehen davon, waren meine Weihnachten gar nicht so schlimm gewesen. Ich hatte einfach jegliche Verbindung zum Internet gekappt um gar nicht erst irgendwelche Bilder sehen zu müssen. Aber wie erwartet würden sich die Gefühle irgendwann nicht mehr unterdrücken lassen und ich hasste mich dafür. Ich hasste mich dafür, dass dieses Herz nicht einfach ruhig bleiben konnte, wenn ich seinen Namen hörte. Ich hasste mich dafür, dass ich nicht einfach diese doofen Gefühle abstellen konnte und so unfassbar abhängig von der Beziehung zu einer anderen Person geworden war.
Also schüttelte ich meinen Kopf ,,Nein Clara, ich muss irgendwie damit abschließen. Er hat einfach eine hübschere berühmtere, reichere gefunden. Das ist nicht unüblich ich brauche nur Zeit das alles zu vergessen." Clara sah mich nachdenklich an ,,Aber willst du denn das alles überhaupt vergessen?" ich stand ruckartig auf ,,Nein! Natürlich nicht!" schrie ich. Hier würde mich eh niemand hören ,,Verdammt! Ich mochte ihn, sehr sogar! Aber was macht er? Lässt sich mit seiner Ex-Freundin ablichten!" Tränen rannte mir die Wange runter und ich ließ einfach alles raus, was sich in den letzten Wochen angestaut hatte und ich unterdrückt hatte ,,Ich war bereit mich auf ihn einzulassen! Und er geht einfach und läuft mit einer anderen davon!!!" ich fing an zu zittern und spürte Claras Arme, die sich um mich schlossen und mein Schluchzen dämpften. ,,Verdammt ich liebe ihn doch einfach nur." flüsterte ich zwischen zwei Schluchzern und die Tränen rannten unaufhörlich meine Wangen runter.
Ich wusste nicht wie lange wir hier standen, im Nichts irgendwo zwischen Hügeln und Wasser. Aber irgendwann beruhigte ich mich langsam. Ob das an Clara lag, die mich festhielt, mir beruhigend über meinen Rücken fuhr und leise Worte murmelte oder an den Tränen, die nicht mehr vorhanden waren, wusste ich nicht. Ich löste mich von ihr und strich mir mit dem Handrücken über die Wangen. Clara holte ein Taschentuch hervor und reichte es mit. Geräuschvoll schnäuzte ich mir die Nase und wir mussten beide lachen. Auch wenn sich das bei mir eher wie ein absurdes Tiergeräusch anhörte. ,,Komm wir gehen zurück zum Cottage, du gehst dich heiß duschen und ich mache uns eine heiße Schokolade, ja?" ich nickte und warf noch einen letzten Blick auf diese wunderschöne Landschaft.

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