Montag, 7. Oktober 08:20

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Der Wind wehte kalt an mir vorbei, als ich über den Schulhof lief. Ich zog die Jacke enger um mich und spähte mit den Augen den gesamten Schulhof ab, bis ich sie sah.

Cynthia und Raphael, meine beiden besten und auch gleichzeitig einzigen Freunde, die ich hatte.

»Hey Cel«, winkte Cynthia mir schon von Weitem zu.

Meine Lippen formten sich automatisch zu einem Lächeln und ich beschleunigte meine Schritte.

»Hey Süße«, grinste ich und zog sie in eine Umarmung.

»Na, freust du dich schon?«, begrüßte Raphael mich, als ich auch ihn umarmte.

Seine grünen Augen blitzten mich fröhlich an, als er auf eine Antwort wartete.

»Ich weiß nicht, ein bisschen vielleicht«, murmelte ich.

Morgen hatte ich Geburtstag. Jeder andere in meiner Situation hätte sich sicherlich gefreut, aber nicht ich.

Ich hatte das Glück oder eher das Unglück vor sechzehn Jahren am selben Tag wie meine Schwester das Licht der Welt zu segnen. Und wie es sich für eine neunzehn Minuten jüngere Zwillingsschwester gehörte, ließ sie mich in jeder Sekunde spüren, welchen Hass sie gegen mich hegte.

Dass ich die ältere von uns beiden war, schien ihr ganz und gar nicht zu passen.

»Ach komm, nur wegen dieser Hexe kannst du dir doch nicht deinen Tag versauen lassen! Wir feiern einfach zusammen. Nur wir drei. Wie sonst auch immer.«

Ich nickte ihm zu und konnte nicht verhindern, dass sich mein Lächeln zurück auf die Lippen schlich.

In dieser stillen Sekunde machte sich ein Kratzen in meinem Hals bemerkbar und nur wenige Sekunden später fand ich mich in einem heftigen Hustenanfall wieder.

»Du solltest wirklich mal zum Arzt gehen, Cel. Dein Husten hört sich echt nicht gut an.«

Ich verdrehte nur die Augen. Es war Anfang Oktober und der Wind blies mehr als nur kalt. Da kam es vor, dass man krank wurde.

Cynthia durchlöcherte mich förmlich mit ihrem Blick.

Sie glaubte, ich hatte irgendetwas wirklich Schlimmes. Dabei hatte ich nur seit einigen Wochen Husten und starke Halsschmerzen.

Gerade als sie zu einem weiteren ermahnenden Satz ansetzen wollte, klingelte die Schulglocke und signalisierte uns den Beginn der ersten Stunde.

Cynthia sah mich mit einem ihrer Das-ist-noch-lange-nicht-geklärt-Blicke an und verschwand dann in die andere Richtung.

Sie ging leider nur in unsere Parallelklasse. Doch das hatte sie früher schon nie daran gehindert, Zeit mit Raphael und mir zu verbringen.

Früher, als Raphael und ich uns außerhalb der Schule trafen und bei mir Zuhause im Hof spielten.

Die Blicke der kleinen Cynthia aus ihrem Fenster im Haus gegenüber von mir konnten wir nicht ignorieren und so endete es damit, dass wir zu dritt fangen spielten.

Cynthia war das Mädchen in der Middle School, das stets alleine zu Mittag aß und in der Pause niemanden hatte.

Das konnte ich ihr auch nicht verübeln.

Die Mädchen in ihrer Klasse waren allesamt nervige Barbies wie Aria und hatten den schlechtesten Humor aller Zeiten.

Unsere Freundschaft bedeutete mir unglaublich viel.

Bis zum letzten Atemzug [PAUSIERT]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt