Mit dem Fahrrad kam ich viel schneller an, als ich erwartet hätte.
Meine Füße ließen die Pedalen nur so rollen und so kam ich schnaufend an dem Anwesen der Newmans an.
Raphaels Eltern hatten beide einen hervorragenden Job und arbeiteten verschiedenerweise sehr hart. Während sein Vater einer der Chirurgen des St. Gideon's Hospital war, studierte seine Mutter erstmal Industriedesign, ging dann ins Marketing und gründete ihre eigene Firma. Doch trotz der wenigen Zeit, die beide hatten, waren sie für ihren Sohn da und ließen ihn nicht wie eines dieser Kinder mit reichen Eltern alleine mit einem Dienstmädchen Zuhause.Ich mochte seine Eltern, vorallem seine Mom, sie war immer ganz locker drauf und hatte nicht dieses versteifte Verhalten wie die meisten Erwachsenen, die ich kannte. Vor seinem Dad hatte ich noch diesen gewissen Respekt gegenüber Erwachsenen und den Anstand, ihm mit dem Nachnamen anzusprechen.
Ich schloß das Fahrrad an einer Straßenlaterne an und lief schnellen Schrittes an dem riesigen Garten der Newmans, vorbei an der Terrasse und dem Golden Retriever, der schlafend vor seiner Hundehütte lag, und geraden Weges zur Haustür.
Ich klingelte einmal und wartete ungeduldig, bis mir die Tür von einer spanischen Schönheit geöffnet wurde. Raphaels Mom hatte schwarzes langes Haar, das in Korkenzieherlocken über ihre Schultern lief und genau die selben Augen wie ihr Sohn. Seine blonden Haare stammen von seinem Dad, der im Gegensatz zu seiner Frau kein Lateinamerikaner war.
»Celeste Schatz«, begrüßte sie mich eine Spur zu überrascht. »Komm doch rein. Hast du nicht heute Geburtstag?« Sie schloß die Tür hinter uns.
Ich nickte und augenblicklich wurde ich von ihr umarmt und beglückwünscht. Sie stieß mich ein Stück von sich und sah mich flehend aus ihren grünen Augen an. »Bitte sag mir nicht, dass du hierher gekommen bist, um die Übernachtung heute abzusagen!«
Ich lächelte und musste den Kopf schütteln. Sie war echt ein Schatz.
»Nein, deswegen bin ich nicht hier, Camilla. Ich wollte eigentlich nur schnell zu Raphael.«Sie ließ mich los und ich nutzte die Gelegenheit, um meine Schuhe auszuziehen.
»Er ist oben. Wenn du etwas brauchst oder so, gib Bescheid. Mich findest du in der Küche«, zwinkerte sie mir zu und verschwand dann nebenan.
Na dann, auf geht's.
Als ich die Treppen zu seinem Zimmer raufging, schien es, als würde mit jeder Stufe, die ich nahm, meine Nervosität steigen. Nicht im Sinne von Oh, Gott, gleich sehe ich Raphael, sondern eher Scheiße, was ist, wenn er noch sauer war? Es war ein schreckliches Gefühl und es stieg selbst an, als ich seine Zimmertür mit einem leisen Klopfen geöffnet hatte.
»Raphael?« Ich betrat das Zimmer. Er saß auf seinem Sitzsack mit Kopfhörern in den Ohren und seinem Handy in den Händen.
Sein Blick huschte zu mir, wanderte wieder zu seinem Handy und dann erneut zu mir.
»Äh hi, was machst du hier?« Er legte das Handy beiseite.»I-Ich..«, fing ich stotternd an.
»Du?« Leicht belustigt über meine Verunsicherung sah mein bester Freund zu mir herauf.
Sag es einfach, Celeste. Sag, dass es dir leid tut. So schwer ist das nicht, du dumme Nuss.
»Wegen vorhin also ich wollte nicht..«
So viel dazu, dass es nicht so schwer sei.
Mit einem Mal stand Raphael vor mir. Seine grünen Augen fixierten mich und ich musste an all die Mädchen denken, die auf ihn standen und die er stets abblockte.
Ich wollte einen weiteren Versuch starten, doch er kam mir zuvor.
»Es tut mir leid, wie ich vorhin ausgeflippt bin. Ich habe mich wie'n Arsch benommen.« Er lächelte etwas gequält und sah mich entschuldigend an. »Ich hasse Streit, lass es uns einfach vergessen, ja?«
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Bis zum letzten Atemzug [PAUSIERT]
TeenfikceVon dem Moment an nahm ich alles nur noch in Zeitlupe wahr. Der Schock saß mir so fest in den Gliedern, dass ich nur hilflos daliegen und zusehen konnte, wie Raphael besorgt auf mich einredete. Blut. Was bedeutete das nun? Würde dieser Moment einer...