Früher erzählte man mir mal eine Geschichte von einer Prinzessin im Sterbebett. Sie war nur zwei Jahre davon entfernt, den Thron zu besteigen und das Königreich zu regieren.
Als sie jedoch plötzlich krank wurde, sah ihre Zukunft ganz anders aus. Die Ärzte taten, was sie konnten, doch die junge Prinzessin gewann nicht an Gesundheit.
Das Königspaar geriet in Schwierigkeiten. Ihre einzige Thronfolgerin lag im Sterben.
Als dann feststand, dass die Prinzessin nicht mehr lange unter den Lebenden weilen würde, war das ganze Volk am Trauern. Sie liebten ihre Prinzessin! Sie waren so bestürzt und litten allesamt mit ihr.
Durch die Trauer, die leidenschaftliche Stärke und die schreckliche Sorge des Königreiches um die junge Prinzessin
verbesserte sich schlagartig ihr Zustand. Das Königspaar war hin- und hergerissen zwischen Sorge und Hoffnung.
Doch ihre Tochter sah das anders.
Sie wollte nicht, dass ihr Volk ihretwegen besorgt war. Ihretwegen litt. Niemand sollte leiden, weil sie krank war.
Dieser Wille stärkte sie. Und heilte sie letzten Endes.Die Geschichte von der vom Volk geliebten Prinzessin, die im Sterben lag, hatte uns meine alte Grundschullehrerin aus einem – meiner Meinung nach zu ernsten – Kinderbuch vorgelesen. Damals als ich noch naiv und abergläubisch war und jedem Mist Glauben geschenkt hatte.
Heute weiß ich, dass es solch eine Prinzessin nie gegeben hat.
Mich hatte die Geschichte aber immer und immer wieder mitgerissen. Egal, wie oft ich sie hörte.
Dass ich mal ein ähnliches Schicksal haben würde, hatte ich nie zu denken gewagt.
Doch jetzt war es so.
Ich war krank.
Und seit das feststand, war nichts mehr wie zuvor.
Jeden Tag seit meiner Diagnose werde ich gefragt, wie es mir geht.
Und jeden Tag antworte ich darauf gut.
Warum ich nicht die Wahrheit sage?
Nicht antworte schlecht?
Nicht von den brennenden Schmerzen erzähle, die ich bei jedem Atemzug verspüre, und das trotz meiner Medikamente?
Nicht von dem Schmerz erzähle, der sich langsam durch meine Lungenflügel frisst?
Genau weiß ich es nicht, es gibt viele Gründe. Einer davon ist meine Familie, die sich versucht nichts von der Trauer anmerken zu lassen.
Ich habe aufgehört zu zählen, wie oft ich schon über den Tod nachdachte.
Über die Art und Weise des Todes, dem Leben danach.
Ich habe aufgehört über die Ungerechtigkeit nachzudenken, mit der ich, ein sechzehn jähriges Mädchen, Lungenkrebs kriegen konnte.
Oft wird einem erzählt, dass Depressionen – eben solche Gedanken wie meine – Nebenwirkungen des Krebses sind, doch das ist nicht wahr.
Depressionen sind einfach nur Gedanken über etwas, das man selbst nicht länger ertragen kann.
Und vielleicht ist das ein weiterer Grund, warum ich immer mit gut antworte und es immer tun werde.
Weil ich – so aussichtslos es auch ist – immer gegen den Krebs ankämpfen werde, versuchen werde ihn zu ertragen.
Weil ich leben will.
Weil ich seinetwegen leben will.Gott, könnte ich in meinem Leben irgendetwas rückgängig machen, was meine Krankheit verhindert hätte, würde ich es zu jedem Preis tun.
Sie sollten nicht meinetwegen leiden müssen.
Vor allem nicht er.
Er hat es verdient, glücklich zu sein.
Ein weiterer Grund für mich gegen den Krebs anzukämpfen.
Für ihn und alle anderen, die meinetwegen mitleiden müssen.
Ich darf sie nicht enttäuschen.
Ich muss stark bleiben.
Ich werde stark bleiben, bis zum letzten Atemzug.
⇝ღ⇜
A/N (author's note):
feedback, votes? ❥
ihr werdet noch verstehen, wieso dieser teil der geschichte kursiv geschrieben ist 💋
DU LIEST GERADE
Bis zum letzten Atemzug [PAUSIERT]
Ficção AdolescenteVon dem Moment an nahm ich alles nur noch in Zeitlupe wahr. Der Schock saß mir so fest in den Gliedern, dass ich nur hilflos daliegen und zusehen konnte, wie Raphael besorgt auf mich einredete. Blut. Was bedeutete das nun? Würde dieser Moment einer...