Kapitel 1

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Juliana drängte sich durch eine Gruppe von tanzenden Mädchen. Das Stroboskop-Licht machte es schwierig, niemanden anzurempeln. Sie spürte, wie sie jemandem auf den Fuß trat, und wurde prompt von einer der Tänzerinnen beschimpft. Ohrenbetäubende Rockmusik hallte aus den Boxen, weshalb Juliana nicht ein Wort von dem Gemecker der, scheinbar ziemlich betrunkenen, Frau verstand. Sie ging einfach weiter.

Es war ein typischer Freitag. Sie und ihre Freundinnen waren wieder einmal in ihrer Stammdisco und wie so oft hatte sie die drei anderen Mädchen aus den Augen verloren. Sie hatte die kleine Disco schon drei Runden abgesucht, doch niemanden gefunden. Ergeben eilte sie zu einem gerade frei gewordenen Platz an der Theke. Endlich kurz sitzen. Vielleicht hätte sie doch nicht ihre fünfzehn Zentimeter Highheels wählen sollen. Doch sie machten schöne lange Beine, welche die Natur ihr leider nicht ohne Hilfsmittel vergönnt hatte.

Juliana bestellte sich einen Wodka-Energie, während sie gelangweilt vor sich hinstarrte. Ihre Freundinnen würden schon irgendwann wieder auftauchen. Der Barkeeper brachte ihr Getränk und sie nahm sofort einen großen Schluck. Sie hasste es allein an der Theke zu sitzen, und kam sich mehr als erbärmlich vor.

Sie tippte mit ihren Füßen zum Takt der Musik. Zumindest versuchte sie es. Wenn sie so darüber nachdachte, dann konnte sie es ihren Freundinnen nicht wirklich verübeln sie schon wieder einmal an der Theke zurückgelassen zu haben. Die drei jungen Frauen waren einfach etwas lockerer als sie und hatten zur Zeit nur Partys und Jungs im Kopf. Natürlich durfte auch der Alkohol nicht fehlen. Zugegebenermaßen konnte Juliana nicht leugnen, dass sie es auch mochte auf Partys zu gehen, oder den ein oder anderen Abend in der Disco zu verbringen. Doch diese Dinge standen bei ihr nicht an erster Stelle. Ganz besonders in letzter Zeit sehnte sie sich irgendwie nach etwas Abwechslung. Etwas anderem. Sie verbrachten fast jedes Wochenende hier und es war immer das Gleiche. Kristin und Lea schmissen sich schon zu Anfang dem nächstbesten Typen an den Hals und ließen sich dann, natürlich auf dessen Kosten, volllaufen. Und Nicole, die eigentlich immer Julianas beste Freundin gewesen war, hatte nur noch ihren »ach-so-tollen« Freund Fred im Kopf. Juliana konnte es natürlich verstehen das die 20-jährige ihre Zeit lieber mit ihrem Freund verbrachte und sie hatte auch gar kein Problem damit, dass die Blondine nichts mehr mit ihr unternahm, sie verstanden sich eigentlich schon längst nicht mehr. Dafür hatten sie einfach zu verschiedene Ansichten vom Leben. Jedoch störte es Juliana das Nico, wie sie ihre Freundin schon seit Kindheitstagen nannte, mit ihren Problemen immer zu ihr kam. Die meisten würden jetzt sagen: Aber dafür sind Freundinnen doch da. Doch genau das war der Punkt. Alle kamen sie immer mit ihren Problemen zu ihr und andererseits, wenn sie nicht gerade irgendwen brauchten, dem sie etwas vor jammern konnten, dann ließen sie Juliana einfach links liegen. Doch auch daran hatte sie sich mittlerweile gewöhnt. Manchmal fragte sie sich, warum sie überhaupt noch etwas mit ihren drei Freundinnen unternahm. Die Antwort darauf war einfach. Sie wusste einfach nicht, was sie sonst machen sollte. Es fiel ihr nie leicht auf Leute zuzugehen und neue Freundschaften zu schließen war um so schwerer. Außerdem hatte sie ihre Antwort auf die Frage, was sie nun eigentlich wollte, immer noch nicht gefunden. Sie wollte etwas Anderes. Das war einfach gesagt, aber was genau sie sich darunter vorstellte, wollte selbst ihr nicht so recht klar werden. Juliana hatte schon immer große Träume gehabt, doch ihr war leider klar geworden, dass diese nicht alle realisierbar waren. Auch wenn sie eine Ausbildungsstelle in ihrem Traumberuf, als Fotografin, gefunden hatte, so stellte sich heraus, dass das allein nicht reichte. Sie hatte sich alles ganz anders vorgestellt. Nun war alles, was sie dort machen durfte, putzen, Kaffee kochen, aufräumen und tatsächlich ab und an mal dem Fotografen assistieren. Vom eigentlichen Beruf bekam sie nicht so viel mit, wie sie gehofft hatte. Was wahrscheinlich daran lag, dass ihr Ausbilder nicht wirklich ein Meister seines Fachs war. Aber was sollte man in dem kleinen Ort, in dem sie wohnten, schon Großartiges erwarten. Dass der ältere Herr nicht gerade freundlich war, machte das Ganze nicht besser und er machte immer wieder deutlich, dass er eigentlich nur eine günstige Hilfskraft in ihr sah, die er herumscheuchen konnte. Aufgeben kam für sie jedoch nicht in Frage. Und obendrein konnte sie keinesfalls auf das Geld verzichten.

Mondlicht Rendezvous (Leseprobe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt