Kapitel 3

411 25 1
                                    

Juliana sah mit beleidigter Miene auf ihr Getränk. Das konnte doch nicht wahr sein! Nun hatte dieser arrogante Typ auch noch gesehen, wie sie ihn beobachtet hatte. Wann genau sie das Wort »arrogant« zur Beschreibung des attraktiven Mannes hinzugenommen hatte, wusste sie nicht mehr. Doch es war ihr auch egal. Es genügte, sein dummes Grinsen ins Gedächtnis zurückzurufen, und diese Bezeichnung machte totalen Sinn. Wieso hatte er sie auch so dämlich angegrinst? Warum ausgerechnet sie? Dabei war sie so darauf bedacht gewesen, sich ihre Blicke nicht anmerken zu lassen. Sie nahm einen großen Schluck ihrer Cola, auf die sie vor einigen Minuten umgestiegen war und verursachte dabei laute Schlürfgeräusche, die komischerweise irgendwie einen verärgerten Klang an sich hatten. Soweit Schlürfgeräusche denn verärgert klingen konnten. Für sie stand fest, dass der Abend für sie heute gelaufen war. Sie hatte ohnehin nicht großartige Lust gehabt hier herumzusitzen, warum sie dennoch nicht schon längst gegangen war, war selbst ihr ein Rätsel. Nun jedoch hatte sie genug und nichts konnte sie mehr vom Gehen abhalten.

Das hatte sie sich zumindest vorgenommen. Doch ein Tippen an ihrer Schulter, änderte ihren Vorsatz. Auch wenn sie es zu diesem Zeitpunkt, selbst noch nicht wusste.

Im aller ersten Moment hatte sie die leichte Berührung an ihrer Schulter gar nicht wahrgenommen, oder versucht es gekonnt zu ignorieren. Ein Räuspern, des nun scheinbar hinter ihr Stehenden, veranlasste Juliana dann aber doch dazu, ihren Kopf in dessen Richtung zu drehen. Ihrem Gesicht musste man ihre Überraschung angesehen haben, denn ihr Gegenüber konnte sich ein leichtes Lächeln nicht verkneifen. Dann streckte er ihr die Hand entgegen.

»Ich bin Lucas.«

Dabei strich er sich, bewusst lässig eine seiner dunkelbraunen Haarsträhnen aus dem Gesicht. Juliana zögerte einen Moment, dann jedoch nahm sie seine Hand entgegen.

»Juliana.«

* * *

Lucas war überrascht. Die Angesprochene entgegnete ihm nicht, wie er es sonst gewohnt war, mit einem schüchternen aber dennoch willigen Lächeln, sondern mit einer gewissen Distanz. Er mochte fast meinen ohne jegliche Gefühlsregung, wenn er den erstaunten Blick, den sie ihm beim Umdrehen zugeworfen hatte, außen vor ließ. Er sah es als Bestätigung seiner Vermutung an. Juliana würde es ihm nicht so einfach machen. Sie war wohl wirklich eine Herausforderung.

Einen Moment lang sagte keiner der beiden etwas. Für Lucas eine gänzlich ungewohnte Situation. Er selbst wusste nicht, was er nun sagen sollte.

»Du hast mich beobachtet und ich dachte mir, ich versuch mal mein Glück«, hielt er für irgendwie unpassend und die Wahrheit konnte er ihr auch schlecht sagen: »Du bist mein nächstes Opfer.«

Doch seine verzweifelte Suche nach einen Gesprächsbeginn wurde jäh unterbrochen, als er ihre leise, helle Stimme wahrnahm.

»Gibt es einen Grund, warum du mich angesprochen hast?«

Überrascht blickte er sie an. Ihre Stimme passte ganz und gar nicht zu der Art, wie sie sprach. Das klang nämlich keinesfalls nett.

»Du hast mein Interesse geweckt«, war alles, was ihm darauf einfiel und überraschenderweise sprach er sogar die Wahrheit, auch wenn er einen Großteil davon, für sich behielt.

* * *

Nun war es Juliana, der nicht recht die passenden Worte auf das Gesagte einfallen wollten. Sie hätte mit einem, wie es oft der Fall war, völlig übertriebenen, »Du machst einen netten Eindruck« oder »Du sitzt hier so alleine« gerechnet. »Du scheinst interessant«, war ihr neu. Nicht, dass es sie nicht schon genug geschockt hatte, dass nun ausgerechnet der Typ sie ansprach, den sie vor kurzer Zeit intensiv beobachtet hatte, nein, er fand sie scheinbar auch noch interessant, wenn man ihm denn Glauben schenken konnte. Dass sie ihn auch interessant fand, teilte sie ihm natürlich nicht mit. Noch war sie sich nicht sicher, was er denn nun von ihr wollte. Er war doch immerhin mit seiner Freundin da, oder etwa nicht? Was wenn er ihre Blicke bemerkt hatte und sie nun nur ein wenig aufziehen wollte? Juliana war schon immer recht skeptisch, ganz besonders in so einem Fall. Sie würde erst einmal abwarten, was er ihr noch so zu sagen hatte. Dass sie eigentlich vor hatte zu gehen, schien sie in diesem Moment ganz vergessen zu haben.

Mondlicht Rendezvous (Leseprobe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt