Ich wache ca. 3 Stunden später auf. An meiner Wanduhr lese ich verschlafen die Uhrzeit ab. Es ist kurz nach 1 Uhr. Mein Handy liegt immer noch auf meinem Schreibtisch am anderen Ende meines Zimmers. Ich setze also meine Brille auf, steige aus dem Bett und bemerke den Schmerz in meinem Knie. Ich habe ihn seit gestern kaum beachtet, es gab einfach mehr andere, mindestens genauso schmerzhafte Dinge, die mir durch den Kopf gegangen sind. Trotzdem überwinde ich mich nun aufzustehen und hole mein Handy. Da ich keine Nachrichten bekommen habe und mir auch nicht wirklich nach jeglicher Unterhaltung durch die sozialen Medien ist, beschließe ich nach unten zu gehen. In der Küche sitzen meine Mutter und mein Bruder am Tisch. Jonathan löffelt ein Müsli und Mama hat ein Brot in der Hand. ,,Hallo", sage ich, um mich bemerkbar zu machen. Meine Mutter schaut mich besorgt an. Um ihren mitleidigen Blicken zu entweichen, nehme ich mir einen Teller aus dem Schrank und schneide mir eine Scheibe Brot ab. Mir ist zwar etwas übel, aber ich gehöre zu der Sorte von Menschen, die so gut wie immer etwas essen können. Ich setze mich auf einen Stuhl gegenüber von meinem Zwillingsbruder. Früher wollte ich immer eine große Schwester haben, manchmal will ich es immer noch. Trotzdem habe ich mich irgendwie mit meinem Bruder abgefunden und ihn, obwohl wir uns vor allem als wir so um die 12 Jahre alt waren häufig gestritten haben, schätzen gelernt. Mittlerweile haben wir ein beinahe freundschaftliches Verhältnis. ,,Kann ich Melina besuchen?", wende ich mich schließlich an meine Mutter. ,,Willst du das wirklich? Sie wird anders aussehen als sonst!", erwidert sie immer noch mit diesem sorgen-erfüllten Gesichtsausdruck. ,,Ich weiß", antworte ich und signalisiere ihr dass das natürlich nichts an meinem Wille ändert. ,,Okay also ich habe erneut mit ihren Eltern telefoniert und die meinten, wir könnten sie besuchen kommen". Ich freue mich. Obwohl es nicht einmal 24 Stunden her ist, als ich sie das letzte mal gesehen habe, verbreitet sich in mir immer mehr das Gefühl sie sehen zu müssen. Ich glaube sie hat mir noch nie so sehr gefehlt, wie in diesem Moment. Mir ist bewusst, dass ich nicht viel für sie tun kann aber wer weiß, vielleicht spürt sie, dass ich da bin. Und wer will in so einer Situation schon allein sein? Als wir fertig gegessen haben und ich aufstehe, fällt nun auch meiner Mutter auf, dass ich beim auftreten zusammen zucke. Ich hatte ihr vorher, aus Angst mein Besuch bei Melina würde sich dann verzögern, nichts vom Ausmaß meiner Schmerzen erzählt. ,,Kann ich mal sehen?", fragt sie mich und fordert mich auf, meine Hose ein bisschen hochzuziehen. Tatsächlich ist mein Knie ziemlich geschwollen. Trotzdem meint meine Mutter, dass ein Arztbesuch nicht nötig ist, ich eine Schiene, die wir noch haben tragen und abwarten soll. Ich bin erleichtert. Nicht nur, weil es Zeit spart. Ich habe kein wirklich beachtliches Problem mit Ärzten, aber so wirklich gerne bin ich dann doch nicht bei ihnen. Aber wer ist das schon? ,,Ich habe mit Melinas Eltern ausgemacht, dass wir so gegen 3 Uhr ins Krankenhaus kommen, das heißt wir haben noch 'ne Stunde Zeit. Vielleicht solltest du dich mal duschen.", schlägt mir meine Mutter vor, als ich langsam wieder in Richtung meines Zimmers humpel. ,,Mach ich", sage ich mit einem leicht genervten Ton in der Stimme. Ich gehe also nach oben in mein Zimmer, suche mir frische Klamotten her und werfe nochmal einen Blick auf mein Handy. Eine unbekannte Nummer hat mir eine WhatsApp geschrieben. ,,Hey Happy, hier ist Josy. Ich wollte mal nachfragen wie es dir und deinem Knie geht. Und hast du etwas von Melina gehört?Außerdem wollte ich mich nochmal bedanken, dass du da warst. Ich war froh dich zu haben". Ich lächle. Ich bin auch heilfroh, nicht allein gewesen zu sein. Was soll ich antworten? Nach mehreren versuchen schreibe ich schließlich folgendes: ,,Hey, meinem Knie geht es ganz ok. Melina liegt im Krankenhaus. Ich weiß um ehrlich zu sein nicht wirklich wie es ihr geht. Meine Mutter und ich gehen sie gleich besuchen.Ich melde mich bei dir, wenn ich mehr weiß. Ah ja... ich bin auch froh, dass du da warst<3". Ich bin glücklich, denn obwohl auch Josy nach Melina gefragt hatte, bin ich einen kurzen Moment von dem schweren Schicksal meiner besten Freundin abgelenkt und konzentriere mich auf die Gedanken rund um Josy. Was ist da zwischen uns? Ich war noch nie so schnell so intim mit jemandem und auch noch nie auf diese Weise. Mag ich Josy? Also anders als andere Menschen? Es ist verwirrend. Normalerweise würde ich jetzt mit Melina über diese Situation sprechen. Aber das geht ja nicht. Obwohl ich morgens schon geduscht hatte, genieße ich heute ein weiteres mal den warmen Wasserstrahl, der auf mich niederprasselt. Außerdem hatte sich in mir die Hoffnung angebahnt, ich könnte all diese so belasteten Emotionen von mir "runterwaschen". Natürlich hat sie sich nicht erfüllt. Die Dusche tut trotzdem gut.
*Mal wieder ein neuer Teil:) Ich freue mich auf ein Vote, falls es euch gefallen hat& bleibt alle gesund oder was auch immer man sagt haha.
-N*
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[Happy] life
Teen FictionEs geht um Happy, ein fast 16 jähriges Mädchen, dessen Leben sich nach einem Abend plötzlich verändert. In der Geschichte geht es um Verlust, Verwirrung, Angst, Verzweifeln, Selbstakzeptanz und ums ,,Anders sein". In Happys Charakter und Gedanken st...