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POV Jules

Dass ich Nick hier traf überraschte mich wirklich. Er war damals mit mir im Verein und hatte ein Jahr vor mir Abitur gemacht. Ich hatte ihn schon über ein Jahr nichtmehr gesehen und der anfangs noch gute Kontakt war mit der Zeit immer weniger geworden, bis er schließlich ganz abgebrochen war. Ihn jetzt so plötzlich wiederzusehen freute mich deshalb umso mehr.

„Darf ich fragen was du hier machst?", begann ich, da ich mich noch gut an seine Pläne erinnerte, auf ein amerikanisches College zu gehen. „Wolltest du nicht aufs College?"
„Ich war die Semesterferien mal wieder zu Hause. Das letzte Jahr Amerika war schon wirklich spannend, aber die Heimat hab ich dennoch vermisst", sagte er schmunzelnd und zuckte mit den Achseln. „Aber jetzt zu dir! Was machst du hier? Wie war das Abi? Ziehst du weg? Und habe ich da vorhin den Namen Helena gehört? Hat die dicke Luft sich immer noch nicht gelegt?"

Belustigt sah ich Nick an, welcher seine Fragen nicht mehr verbergen konnte. Vermutlich war es für ihn genauso überraschend mich zutreffen, wie für mich. Der Gedanke daran, dass er ja garnicht von Helena und mir wusste, lies mich noch mehr grinsen. Damals war es für alle Beteiligten wirklich unerwartet so gekommen.

„Wow wow wow, ganz langsam.", unterbrach ich ihn , „Also.. Ich bin auf dem Weg zur Nordsee. Helena und ich werden die nächsten Monate dort zusammen verbringen", fing ich an um die ersten Fragen grob zu beantworten. „Waas? Das glaub ich jetzt nicht! Du und Helena? Sag bloß ihr zwei seid...". Ohne seinen Satz zu vollenden starrte Nick mich an als wäre mir grade ein drittes Auge gewachsen. Sein Erstaunen war allerdings auch nicht wirklich verwunderlich. Schließlich war das letzte was er von unserer "Beziehung" mitbekommen hatte, ein verheerender Streit gewesen. Um es kurz zu fassen: Helena und ich hatten anfangs ganz und gar kein harmonisches Verhältnis.

Verlegen trat ich von einen Bein auf das andere, bevor ich ein Mal tief durchatmete, „Was willst du denn wissen?". „Alles?!", antwortete er wie aus der Pistole geschossen, „Zumindest alles für das deine Zeit reicht. Meinen Zug hab ich eh verpasst und muss bestimmt ne Stunde warten".

Gequält seufzte ich und begann zu überlegen mit was ich beginnen sollte. Viele Sachen wollte ich ih' garnicht erzählen und sie würden Helenas und mein kleines Geheimnis bleiben. Dennoch war es garnicht so leicht unsere Geschichte in kleine Schritte einzuteilen, die man nacheinander abklappern konnte.

„Also um Anfangs vielleicht mal deine größte Frage zu klären: Ja Helena und ich sind zusammen. Fast sechs Monate sogar schon."

„Krass!", unterbrach mich Nick, „Ich kann mich nur noch daran erinnern, dass ich euch angezickt habt, sobald ihr euch irgendwo über den Weg gelaufen seid. Und auch die ganzen Streiche die ihr gespielt habt, die meiner Meinung nach immer noch viel zu weit gingen. Du hast mal ihr Lieblings T-shirt zerschnitten und es dann in der Internat Küche zu den Putzlappen gelegt."

Ich musste grinsen als ich daran dachte. „Aber auch nur, weil sie meinte meinen eigenen Basketball zerstechen zu müssen.", versuchte ich mich zu rechtfertigen. Ich wusste genau, dass die damaligen Streitigkeiten der komplette Schwachsinn gewesen waren. All das hätte so einfach vermieden werden können.

„Aber wie auch immer.", fuhr Nick fort, „Erzähl jetzt mal wie es sein kann, das ihr zwei ein Paar geworden seid. Daran hätte ich damals nicht mal zu denken gewagt". Lachend hob er die Augenbrauen und sah mich erwartungsvoll an.

„Also gut", begann ich. „Nachdem du nach New York gegangen bist und ich über die Sommerferien auch keinen Kontakt zu Helena hatte, hat sich alles irgendwie verändert. Sie fing an mich zu ignorieren und reagierte nicht auf meine Kontaktversuche. Damals wusste ich nicht was los war und je mehr ich auf sie zu ging, desto weiter entfernte sie sich von mir. Mit den anderen Mädchen im Internat hatte ich nichts mehr zu tun und deshalb war ich bald nur noch 2 mal die Woche zum Training dort. Bestimmt 3 Monate ging das so."

Ich stoppte und holte meine Wasserflasche aus meinem Rucksack um etwas zu trinken. Ich war mittlerweile am verdursten und Nick schien das zu bemerken, denn er sagte nichts. Mein Blick wanderte zur Anzeigetafel.

Der Zug verspätet sich heute um etwa 48 min. Wir bitte um ihre Entschuldigung.

Seufzend ließ ich meinen Blick wieder zu Nick fallen. 25 min waren erst verstrichen.

„Und dann?", ungeduldig sah Nick wieder zu mir, „Wie ging es dann weiter?" „Richtig gut", sagte ich und zwinkerte ihm zu, „Ich hab die Prinzessin vom Drachen befreit".

Never. Ever.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt