2. Gyde

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Die Bäume waren in fahles Licht getaucht und der Nebel verzog sich. Der Morgen kam. Es wurde langsam wieder warm und die Vögel begannen zu zwitschern.

Gyde richtete sich vorsichtig auf, ihr Rücken schmerzte von Tag zu Tag mehr. Sie sollte jedoch vor Sonnenaufgang wieder hier sein. Zögernd öffnete sie die Tür ihrer Hütte. Das Holz ächzte, und sie zuckte zusammen. Es war riskant, jetzt nach Schlafmohn zu suchen. Wenn das erste Licht kam, würden sich wieder Leute in den Wald wagen. Gyde musste sich beeilen. Schnell packte sie den Stock, der an die Wand angelehnt war, mit ihrer knochigen Hand. Der kühle Wind strich ihr zart durch die zerzausten, grauen Strähnen. Ihre Glieder taten ihr weh. Sie wurde alt, das war ihr bewusst. Wehleidig sah sie hinab, die nackten Füße waren dünn und schwach. Trotzdem tappte sie los. Die Vögel begleiteten sie mit ihren ersten Liedern, und die Tiere kamen langsam aus ihren Verstecken. Im Gehen suchte sie den Boden mit ihren kleinen, grünen Augen ab, bis sie sie auf einer Lichtung entdeckte. Die Blüte, die ihren Kopf schon der aufgehenden Sonne entgegen reckte. Als könnte sie es kaum erwarten. Vorsichtig ließ sich Gyde neben den Schlafmohn sinken. Gemeinsam warteten sie auf die Sonne. Sie blickten ihr entgegen, als sie sich ihren Weg zwischen den Bäumen hindurch bahnte.

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