Offene Fragen

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"Auf Emily!"
Seine Letzten Worte, die ich von ihm hörte  hallten wie ein langes Echo durch meinen Kopf. Das letzte, was er sagte war der Name meiner Mutter. Diese Wörter, diese Töne, diese Erinnerungen spielten sich in meinem Kopf die ganze Zeit über ab, als würde ich durchgehend träumen. Doch leider ist das alles kein Traum. Mein Handy klingelte ununterbrochen und Nachrichten strömten nur so rein, doch das Verlangen danach sie zu lesen hatte ich nicht. Ich fühlte viel, aber doch gar nichts. Ich habe noch immer nicht geweint. Nicht mal, weil ich es verdrängte, sondern einfach weil da nichts war. Der Schmerz war zu groß. Das Gefühl konnte ich selbst nicht in Worte fassen. Wie auch? Diese Gefühle waren nicht wie Gefühle. Es wird nie jemand nachempfinden können, wie ich mich fühlte. Ich verlor das Gefühl lebendig zu sein. Ich überlegte, was ich machen könnte um zumindest irgendwas zu spüren. Zu wissen, dass ich noch lebe. Ich sah mich um und mein Blick blieb an der Schublade mit den Messern hängen. In diesem Moment passierte jede weitere Handlung wie gesteuert. Ich konnte mich nicht aufhalten. Das was nun ein unglaublicher Schmerz seien sollte löste ein riesiges Glücksgefühl in mir aus. Ich atmete durch und es fühlte sich an, als würde mein ganzer Körper und Geist aufwachen. Von dem Zeitpunkt an begann die Sucht. Als ich ein weiteres Mal ansetzen wollte klingelte es an der Tür. Schnell wischte ich alles Blut weg und zog mir eine Jacke über. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken und zum ersten Mal stiegen mir die Tränen in die Augen, doch ich verdrängte diese und öffnete die Tür. Dort stand mein Freund Ivan. "Hey Haley", sagte er vorsichtig und guckte auf den Boden. "Darf ich rein?" Ich antwortete nicht. Wir standen nur da und ich fing an zu weinen. Die Tränen schossen nur so aus meinen Augen und ich sackte zusammen. Ivan fing mich auf und hielt mich in seinen Armen. "Alles wird gut. Ich bin da", flüsterte er, während ich mein mit Tränen übersehendes Gesicht in seine Schulter drückte. Ich konnte nicht aufhören zu weinen und langsam wurde es vor meinen Augen immer dunkler und meine Kraft immer weniger, bis ich schließlich umkippte.  An alles was danach passierte könnte ich mich nicht erinnern, als ich später im Krankenhaus aufwachte. Neben mir auf dem Stuhl saß Ivan und hielt meine Hand. Als ich ihn sah schloss ich schnell wieder die Augen. Ich fühlte mich nicht bereit dazu zu reden oder gar wieder nach Hause zu gehen. Was sollte ich mit meinem Leben noch anfangen? Wie wird es überhaupt weitergehen und was kommt noch alles auf mich zu? Wird mein Leben je wieder einen Sinn haben? Warum hat mein Vater es getan? Wie soll es mit der Schule weitergehen? Werde ich je wieder glücklich sein?

Nichts bedeutet so viel mehrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt