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*Ping* *Ping*
„Please fasten your seat belt. We will land in a few minutes."
Ertönt die Durchsage, bald habe ich es geschafft und bin endlich angekommen und kann meinen neuen Lebensabschnitt starten.
Neue Stadt, neues Glück.
Hoffentlich funktioniert es dieses mal.
Das erste Mal hat es schließlich eher weniger gut geklappt...

Nachdem ich mit 19 mein Abitur bestanden hatte, wollte ich für einige Zeit von Köln nach Berlin ziehen, aus mehreren Gründen. Das ist mittlerweile übrigens 5 Jahre her. In Berlin wollte ich einen Neustart, weg von meinen Eltern die nie da waren und den Leuten, die ich fälschlicherweise Freunde nannte. Ich hatte nie viele Freunde oder überhaupt Menschen denen ich vertraute, wollte ich auch nicht. Ich dachte die paar von ihnen reichen aus. Damals habe ich nicht gemerkt, dass sie mich nie bei ihren Treffen dabei haben wollten und meine "Freunde" mich nichtmals als ihre Freundin gesehen haben, sondern nur als Geldbeutel beziehungsweise Sponsor. Meine Eltern waren zwar nie da, aber haben dafür immer etwas Geld geschickt, damit es mir wenigstens finanziell gut ging. Wie es mir emotional ging hat niemanden wirklich interessiert. Wie gesagt Freunde hatte ich rückblickend nicht und meinen Eltern war es nur wichtig, dass der Schein einer perfekten Familie bewahrt bleibt. Ich lebte in der Illusion eines normalen, glücklichen Leben. Mein Inneres war leer. Mir fehlte das Gefühl von Vertrautheit, Geborgenheit und Liebe. Es fehlte eine Bezugsperson.
Ich hatte damals keinen Plan von Freundschaft, heute bin ich mir immer noch nicht sicher ob ich wirklich weiss was das überhaupt ist.
Jedoch habe ich leider erst auf unseren Abiball gemerkt, dass diese Menschen nie meine Freunde waren. Anstatt gemeinsam unseren Abschluss zu feiern, fanden sie es witzig mir Alkohol in mein Getränk zu mischen, obwohl ich eigentlich keinen trinke und anschließend halbnackte Bilder von mir im Suff zu machen und diese zu verbreiten. Zum Glück konnten meine Eltern dafür sorgen, dass die Bilder schnell wieder verschwanden. Mir selbst machten die Bilder herzlichst wenig aus. Warum auch immer war es mir egal, trotzdem war die Aktion scheisse und meine Eltern bestanden darauf Anzeige zu erstatten. Mit meinen "Freunden" habe ich seitdem nicht mehr gesprochen. Ich habe daraus gelernt keinen Menschen mehr zu vertrauen.
Das ist einer der Gründe, warum ich raus aus Köln wollte und das möglichst weit weg. Ich wollte einfach Distanz zu dem was passiert ist und den Menschen, die dafür verantwortlich waren.
Ein weiterer Grund war, dass ich in Berlin Modedesign studieren wollte. In der deutschen Modehauptstadt sollte es einfach werden Fuß zufassen und Anschluss zu finden, dachte ich zumindest. Aber wie immer hat die Realität andere Pläne und verpasst einen Schlag ins Gesicht.
Bei strömenden Regen im späten Sommer kam ich vor ziemlich genau 5 Jahren in der Hauptstadt an, eigentlich hatte ich vom Flughafen aus mit meinem letzten Geld ein Taxi bestellt. Aufgrund meines Vorhabens Modedesign anstatt Jura -wie meine Eltern es taten- zu studieren wollten meine Eltern mich nicht länger finanziell unterstützen. Eigentlich war das gut, da ich so auf mich allein gestellt war und endgültig einen Schlussstrich ziehen konnte.
Das bestellte Taxi kam nach 2 Stunden Wartezeit nach wie vor nicht an. Die anderen Taxen am Flughafen waren bereits gebucht und so verging die Zeit in der ich immer noch den Funken Hoffnung hatte, dass ein Wunder geschieht. Es wurde bereits dunkel und der Flughafen leerte sich.
Vor Verzweiflung und Müdigkeit fing ich an zu weinen. So hatte ich mir meinen ersten Tag in Berlin nicht vorgestellt.

Doch dann sah ich sie. Diese schönen braunen Augen, die die Hoffnung in mir wiederbelebten. Hätte ich damals schon gewusst was wegen genau diesen Augen passieren würde, hätte ich es niemals so weit kommen lassen und hätte folgendes nie getan...
"Hey. Alles gut bei dir? Soll ich dich mitnehmen?" fragte mich der hübsche Mann mit einem wahrscheinlich österreichischen Akzent . Obwohl mir der Typ irgendwie komisch vor kam, begleitete ich ihn dennoch zu dem Parkplatz des Flughafens und stieg in seinen schwarzen Wagen ein.

Idiot - Raf CamoraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt