16.

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Nach dem Gespräch über Raphael, reden wir noch etwas über andere Dinge weiter. Mittlerweile sind ca. 3 Stunden vergangen in denen wir fast ausschließlich geredet haben. Es ist das erste Mal seit Langem, dass ich solange mit einer Frau gequatscht habe. Sonst hatte ich nur längere Gespräche mit Raphael oder Farido. Generell ist es das erste Mal seit meiner Schulzeit -also etwas über 5 Jahre- dass ich auf freundschaftlicher Ebene mit einer anderen Frau rede. Das habe ich vermisst. in Berlin gab es nur Farido. Ok und meine Chefin, aber die zählt nicht. Ich hoffe, dass Barbara und ich noch Kontakt halten wenn sie in ein paar Tagen wieder nach Wien fährt. Eigentlich wüsste ich nichts was dagegen spricht, da die Sympathie glaube ich auch von ihrer Seite aus vorhanden ist.
„Sollen wir langsam gehen?” fragt sie mich. „Klar können wir machen. Dann lass uns noch schnell zahlen.” sage ich und winke den Kellner zu. Gerade als ich mein Portemonnaie aus meiner Tasche holen will um mein Essen zu bezahlen, geht Barbara dazwischen. „Ich habe gesagt, dass ich dich einlade. Pack dein Geld wieder weg. Keine Widerrede.” meint sie ernst und hebt dabei noch ihren Zeigefinger. „Jawohl Frau Lehrerin.” scherze ich über den Anblick. „Vielen Dank.” werfe ich noch hinterher. Barbara zahlt und gibt den netten Kellner ein großzügiges Trinkgeld, weshalb er sich mehrfach bedankt. „Großzügiges Trinkgeld geben liegt wohl in der Familie.” sage ich und erinnere mich an die Situation mit Raphael. „Das hat Mama uns so beigebracht. Wenn du den Leuten etwas Gutes tust, dann passiert dir auch was Gutes.” erklärt sie. „Außerdem hat mein Bruder mir sein Portemonnaie gegeben. Er hat genug Geld, da kann er auch unser Essen und gutes Trinkgeld zahlen.” sagt sie noch lachend. Ebenfalls lachend schüttel ich leicht meinen Kopf. „Dann sag Raphael auch Danke.” erwidere ich. „Das kannst du auch selbst machen. Mein Bruder hat gefragt, ob wir noch zu ihm wollen und ich habe ja gesagt. Mama hat anscheind wieder für eine Fußballmannschaft gekocht.” sagt sie mit einem Lächeln. Darauf war ich jetzt nicht vorbereitet. Soll ich wirklich jetzt schon die Mutter der Beiden kennenlernen? Ist das nicht etwas früh? „Ich will keine Umstän-...” beginne ich werde aber sofort unterbrochen. „Machst du nicht. Also komm mit.” sagt Barbara auffordert und steht bereits auf. Geschlagen nicke ich. Woraufhin Barbara nur zufrieden grinst.
Gemeinsam laufen wir zum Auto von Barbara. Vor mir steht ein schicker Porsche Cayenne. „Schönes Auto.” merke ich an. „Danke. Das ist aber Mamas Auto. Es war immer ihr Traumwagen. Vor zwei Jahren hat Raphael ihr diesen Traum erfüllt. Ich fahre eigentlich einen Mercedes Cla. Übrigens auch ein Geschenk vom meinem Bruder gewesen.” erzählt Barbara stolz. Man merkt wie gut das Verhältnis zwischen den beiden Geschwistern sind. Außerdem scheint Raphael ziemlich spendabel zu sein und recht viel Geld zu besitzen. Ich kenne mich zwar nicht so viel mit Autos aus, aber ich weiss, dass Mercedes-Benz, Porsche und Ferrari nicht gerade günstig sind. „Wenn ich länger hier bin, bräuchte ich auch mal einen Wagen. Das ständige laufen, Metro oder Bus fahren nervt langsam.” sage ich und steige in das Auto ein. „Kann ich verstehen. Willst du denn noch länger hier bleiben?” fragt Barbara während sie losfährt. Gute Frage. „Ehrlich gesagt weiss ich es nicht. Mal sehen was die Zukunft bringt. Aber ich denke nicht, dass ich hier den Rest meines Lebens verbringen will. Zurück nach Köln will ich aber auch nicht. Vielleicht wieder Berlin oder so.” erkläre ich. „Du klingst wie mein Bruder. Er weiss auch nicht so recht wo er hin will. Er ist oft hier, kommt dann aber für längere Zeit nach Wien obwohl er meint dort nicht leben zu wollen, dann ist er wieder in Berlin und so weiter.” erzählt Barbara.
Der Rest der Fahrt vergeht schnell und Barbara lenkt den Wagen in die Einfahrt von Raphaels Haus. Nachdem der Porsche steht steigen Barbara und ich fast zeitgleich aus und laufen gemeinsam zur Tür. Ich merke, dass ich leicht nervös werde. Wird die Mutter der beiden mich mögen? Weiss sie überhaupt Bescheid, dass ich komme? Was wird sie denken, wenn Raphael ihr gerade erst nach der Trennung von Lorraine eine andere Frau vorstellt? Wobei, was soll sie denken? Wir sind schließlich nur Freunde. Eigentlich kann es mir also egal sein ob sie mich mag oder nicht. Ist es aber leider nicht.
„Jolina? Alles gut?” fragt Raphael mich. Ich habe gar nicht bemerkt wie er die Tür geöffnet hat. Barbara scheint schon reingegangen zu sein, da Raf und ich alleine sind. „Hey. Sorry, ich war gerade in Gedanken.” entschuldige ich mich. „Alles gut. Mach dir keinen Kopf. Es wird schon laufen. Sie weiss Bescheid.” sagt er ruhig als hätte er vorhin meine Gedanken gelesen. Danach zieht er mich in eine Umarmung. Als wir uns lösen lächelt er mich an. Automatisch lächel ich auch. „Komm wir gehen nach draußen. Das Essen müsste auch gleich fertig sein.” sagt Raphael und führt mich in den Garten, in dem er seine Hand leicht um meine Hüfte gelegt hat.
Barbara grinst uns an als sie uns so gemeinsam sieht. Raphaels Mutter schaut skeptisch, weshalb Raf seine Hand löst. „Maman. Das ist Jolina. Eine gute Freundin und Geschäftspartnerin, aber das weißt du ja schon.” stellt er mich vor. Ich reiche der Dame meine Hand. „Guten Abend. Schön Sie kennenzulernen.” sage ich freundlich. „Hallo. Du kannst mich ruhig duzen. Nenn mich bitte Rosa.” stellt sie sich überraschend nett vor, dennoch mustert sie mich immer noch. „Son yeux sont magnifiques et en tout elle est très belle.” merkt sie an. Anscheind findet sie mich schonmal hübsch, besonders meine Augen, wenn sie mich jetzt noch mag, dann ist alles gut. Raphael fängt an zu schmunzel. „Merci beaucoup.” antworte ich. „Elle parle aussi français.” erklärt Raphael. Wie bereits Raf fragt auch seine Mutter woher ich Französich kann. Ich erkläre es ihr. Danach reden wir noch etwas über andere Dinge. Anschließend essen wir gemeinsam.
Nachdem Essen entspannen wir kurz, danach beginnt Raphael den Tisch abzuräumen. „Warte! Ich helfe dir.” sage ich und schnappe mir die bereits gestapelten Teller, während Raphael das Besteck einsammelt. Ich gehe dich gefolgt von Raf in die Küche und stelle die Teller erstmal ab. „Wo ist deine Spülmaschine?” frage ich ihn. „Lass stehen, ich mach das schon.” kommt es von ihm. „Meine Mutter scheint dich doch einigermaßen zu mögen.” merkt er noch an. „Ich bin auch überrascht. Besonders ihr Kompliment ganz am Anfang hat mich gewundert.” entgegne ich. „Mich nicht. Du siehst toll aus.” sagt Raphael. Ich merke wie ich rot werde. Raf kommt näher zu mir und schaut in meine Augen. „Danke. Auch für das Essen. Beide Male.” bedanke ich mich. „Gerne doch. Ich wüsste auch wie Du dich noch bedanken könntest.” kommt es grinsend von Raf. Sein Blick wandert zu seinem Schritt. „Idiot. Träum weiter.” entgege ich auf dieses Angebot. „Schade. Aber eine andere Sache. Ziehst du dich immer so an, wenn du mit Anderen Essen gehst?” fragt er und schaut mir wieder in die Augen während er zart über meine Bluse streicht. Ist er etwa eifersüchtig? Davon abgesehen trage ich Rock und Bluse mit Sneakern, das ist doch nichts besonderes, ich sehe aus wie jede zweite Kellnerin. „Für deine Schwester immer.” lache ich. „Auch für andere Männer?” fragt er ernst und blickt immer noch von oben herab in meine Augen, während er dicht vor mir steht, wodurch ich etwas gegen die Küchentheke gedrückt stehe. Hoffentlich kommen jetzt nicht Barbara oder Rosa rein. „Für andere Männer ziehe ich eher Nichts an.” sage ich provokant. Rafs Blick scannt meinen Körper. Manchmal liebe ich es andere Leute zu ärgern. „Würdest du das auch für mich tun?” fragt er grinsend nach und schaut mir wieder in die Augen. Seine braunen Augen funkeln leicht. „Wieso sollte ich?” entgegne ich mit hochgezogener Augenbraue. „Wieso nicht?” erwidert er gelassen. „Weil wir Freunde und Partner sind.” antworte ich. Mein Gegenüber spannt sich an und weicht etwas von mir weg, während er sich durch die Haare fährt. Ab ich was falsches gesagt? War das zuviel? Aber eigentlich habe ich nur die Wahrheit gesagt, oder etwa nicht?
„Wie sieht es jetzt eigentlich mit Köln aus?” fragt Raphael und wechselt somit schnell das Thema. „Ich habe heute Morgen kurz mit meinem Chef telefoniert. Er meinte, ich kann mir jederzeit frei nehmen nur sollte ich schon mindestens einen Tag vorher Bescheid sagen. Also könnte ich immer außer Morgen. Wann hast du denn Zeit?” berichte ich. „Ich kann eigentlich auch immer. Momentan stehen keine Termine bei mir an. Ich schau mal für wann es Flugtickets gibt.” spricht Raf und schaut auf sein Handy. Hoffentlich sucht er nicht nach zu teuren Flügen. Ich habe zwar Geld gespart, aber das würde ich lieber für andere Dinge wie ein Auto ausgeben als für einen Flug nach Köln. „Da haben wir was. EasyJet. Um 13.05 in zwei Tagen. Passt das?” fragt er. „Das klingt gut. Wie teuer ist das?” hacke ich nach. „Erstmal nur Hinflug für 80€ für uns Beide. Wann wir zurück fliegen kann man dann Vorort klären.” antwortet er. Das klingt doch gut und nach einem Plan. „Meine Tasche liegt noch im Garten. Ich gebe dir das Geld dann gleich.” sage ich. „Lass stecken. Ich zahle das schon.” entgegnet Raphael. „Ich will nicht, dass du immer alles für mich zahlst.” entgegne ich. „Egal. Ich tue es trotzdem gerne.” sagt er. „Danke, dann revanchiere ich mich aber wann anders.” schlage ich vor. „Gerne doch.” stimmt er mit einem Zwinkern und Grinsen zu. Ich will gar nicht wissen was dieser Typ jetzt gerade wieder denkt oder sich vorstellt bzw. erhofft. „Wir sollten langsam mal zurück, um das Geschirr kümmere ich mich später.” schlagt jetzt Raf vor. Ich nicke. „Ich müsste auch langsam zurück in meine Wohnung, Morgen muss ich wieder arbeiten.” deute ich an. „Ok, ich fahre dich eben.” entgegnet er. Gemeinsam laufen wir also zurück in den Garten zu Rafs Familie, um ihnen Bescheid zu geben.
„Sie ist nett, aber nicht die Richtige für meinen Sohn. Lorraine passt so viel besser zu ihm. Vielleicht kommen die Beiden nochmal zusammen.” höre ich leise Rosa im Garten sagen. Das dachte ich mir schon, dass sie Lorraine vorzieht. Aber ein Comeback zwischen ihr und Raf? Das kann ich mir nicht vorstellen. Hoffe ich zumindest nachdem was ich so gehört habe.
„Ich fahre Jolina jetzt Nachhause, weil sie Morgen arbeiten muss. Bin gleich wieder da!” ruft Raphael. Entweder hat er seine Mutter gerade nicht gehört oder er ignoriert die Aussage. Vielleicht denkt er aber auch genauso.
Schnell verabschiede ich mich von Rosa und Barbara und schnappe meine Tasche ehe Raf mich zu meiner Wohnung fährt.

Idiot - Raf CamoraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt