5. Chapter

176 23 8
                                    

~ JAY ~

Die Leute sahen uns nur misstrauisch an. Viele von ihnen waren bewaffnet und machten keinen freundlichen Eindruck auf uns. Sergeant Johnson versuchte die ganze Zeit mit ihnen ins Gespräch zu kommen, doch vergebens. 

Konnte ich auch verstehen. Wir waren fremde Soldaten in einem fremden Land.

Also liefen wir noch tiefer in das kleine Dorf und wurden dann auch sogleich von einem alten Araber begrüßt, der bereits einen hellgrauen Bart hatte. Sein dunkles Kopftuch passte perfekt zu seinem dunkelblauen Gewand und seine braunen Sandalen schlürften über den Sandboden. 

Johnson unterhielt sich eine Weile mit ihm und anschließend führte uns der Kopftuchträger in sein Haus. 

Teppiche lagen auf dem Boden und die alten Wände wurden vermutlich lange nicht mehr sauber gemacht. Schwaches Licht drang durch die kleinen Fenster und die geöffnete Tür. Es lag ein leicht modriger Geruch in der Luft und es war extrem stickig. Der alte Mann führte uns zum hinteren Teil des Gebäudes, wo auf einer Anhöhe ein verletzter Soldat lag. Als ich ihn sah, zog ich scharf die Luft ein. Seine Klamotten waren zerfetzt und es war deutlich zu sehen, dass er schwer Luft bekam und am Ende war. 

Johnson hetzte sofort zu ihm. 

Er gehörte zu uns und war mit großer Sicherheit der letzte Überlebende von dem Trupp der Hilfe angefordert hatte. Hilfe, die offensichtlich zu spät kam.

Als der verletzte Soldat Johnson sah, weiteten sich seine Augen und er fing an leise und mit krächzender Stimme zu sprechen. Ich war zu weit weg und er sprach zu leise, damit ich ihn verstehen konnte. Johnson antwortete ihm und drückte ihn leicht nach unten, da er sich nicht so anstrengen sollte. Doch der verletzte Soldat widersprach ihm und versuchte weiter sich hochzudrücken. Gab dabei röchelnde Laute von sich. Und dann plötzlich gab er nach und sackte zurück auf das Lacken. Seine Augen schlossen sich und seine Atemzüge wurden immer schwächer. 

Nach kurzer Zeit hörten sie ganz auf. Johnson senkte betroffen seinen Kopf. Ich hingegen konnte meine Augen nicht von dem Toten abwenden. 

Es war nicht das erste Mal, dass ich jemanden sterben sah, aber es war jedes Mal aufs Neue erschaudernd zu sehen, wie schnell ein Menschenleben vorbei war.

Doch uns blieb keine Zeit den Verlust eines Kameraden zu bedauern, denn plötzlich spürten wir nur noch einen gewaltigen Aufprall und schon wurden wir zu Boden geschickt. Rauch und Sand wurde aufgewirbelt und mein Rücken schmerzte vom Sturz. Ich hörte die anderen Soldaten schreien und Johnson, der irgendwelche Befehle gab, doch ich verstand ihn nicht. Meine Ohren dröhnten schmerzhaft und ich sah alles verschwommen. Dann erklang das Geräusch von Waffen, die unaufhaltsam Munition verballerten.

Allerdings war ich nicht in der Lage mich aufzurichten und meinem Team zu helfen. Mein Rücken tat fürchterlich weh und ich war nicht ganz bei Sinnen.

„...ker? Parker!? Hören sie mich?!", hörte ich die entfernte Stimme des Command Sergeant Majors. 

Doch ich reagierte nicht. Ich drehte lediglich meinen Kopf in die Richtung, aus der die Stimme kam. Dann tauchte vor mir sein verschwommenes Gesicht auf. Er musterte mich eindringlich und besorgt. Kurze Zeit später spürte ich, wie jemand mich am rechten Arm hochzog und ich halb auf dem Rücken von jemanden lag. Mein Kopf kippte nach unten und ich kämpfte gegen die Bewusstlosigkeit an. 

Ich wollte gerade meine Augen zumachen. Nur ganz kurz.

„Lass ja die Augen auf!", befahl mir jedoch Johnson und ich versuchte wenigstes, diesen Befehl auszuführen.

Halb trug, halb zerrte er mich nach draußen. Dann setzte er mich an einer Mauer ab und fing wieder an zu schießen. Meinen Kopf lehnte ich nach hinten an die kühle Wand und langsam schlossen sich meine Augen. 

Ich wollte und durfte mein Team nicht im Stich lassen. Ich musste für sie da sein und gegen die Schwärze ankämpfen! Doch die Realität verblasste und ich verlor den Kampf. Die Dunkelheit hüllte mich ein und ich hörte nur noch Johnsons verzweifelte Stimme.

***

Als ich wieder zu mir kam, sahen mich zwei dunkle Augen besorgt an. Ich brauchte nicht lange, um sie Johnson zu zuordnen. Nur langsam klärte sich mein Sichtfeld und sämtliche Geräusche kamen wieder.

„Parker, können sie mich hören?", fragte er mich. 

Ich antwortete ihm nicht, sondern schloss nur erschöpft meine Augen. Hören konnte ich ihn, doch die Erschöpfung nahm wieder überhand und alles drehte sich. Dazu war mir leicht übel und mein Rücken fing plötzlich an wieder schrecklich zu schmerzen. Hoffentlich war er nicht gebrochen.

„Parker, machen sie ihre Augen wieder auf", meinte er nachdrücklich und ich spürte eine Hand auf meiner Wange, die sie unaufhörlich tätschelte.

Langsam und mühsam öffnete ich sie wieder. Seine Miene erhellte sich kaum merklich und ich konnte Erleichterung in seinen Augen sehen. „Was ist passiert?", wollte ich von ihm mit leiser Stimme wissen.

„Wir wurden angegriffen. Ein paar der Einheimischen fanden es anscheinend nicht so großartig, dass wir uns einmischen", erklärte mir der Command, während er seinen Blick abwandte. 

Dann schoss mir ein wichtiger Gedanke durch den Kopf. Caleb!

Ruckartig setzte ich mich auf, doch bereute es im nächsten Moment sofort. Schmerzwellen schossen von meinem Rücken durch meinen ganzen Körper, begleitet von heftigen Kopfschmerzen. Ich zischte schmerzerfüllt auf und hielt mir den Kopf. 

„Sie sollten liegen bleiben." Johnson wollte mich zurück nach unten drücken, doch ich wehrte mich. Ich ignorierte in dem Moment total, dass er mein Vorgesetzter war. So saß ich also vor ihm und hatte nun endlich die Gelegenheit mich umzusehen. Wir waren in einem dunklen Raum, der so ähnlich aussah, wie die Räume des vorherigen Hauses.

„Wo ist Caleb Smith?" Meine Stimme klang fast schon panisch und hektisch schweifte mein Blick durch den Raum. Johnson atmete laut aus. „Smith ist im Raum nebenan, aber keine Sorge, er wurde nicht verletzt. Er gehört zu den wenigen Überlebenden." Er senkte den Kopf.

„Überlebende?", stieß ich schockiert aus. Es musste also einige Tote geben. 

„Sie, Smith, ich und zwei weitere", antwortete Johnson. In seinen Augen blitzte kurzzeitig Zorn auf. Dann wurde es still im Raum. 

Nur fünf Leute. Nur fünf Leute aus unserem Trupp hatten den ersten Tag überlebt. Das waren viel zu wenige! Die Mission hatte keinen Sinn mehr. Der letzte Soldat des Trupps der Hilfe angefordert hatte, war tot. Und wir vermutlich auch bald. Wir brauchten selbst Hilfe!

„Wie werden wir jetzt vorgehen?" Ich sah ihn wieder an und was ich ihn seinen Augen erkannte, gefiel mir gar nicht. 

Es war Hass und pure Mordlust, genau das, was wir jetzt am wenigsten brauchten. Die Welt wünschte sich Frieden und wir unterstützten den Krieg nur, wenn wir jetzt weiterkämpften. Die Einheimischen hatten uns klargemacht, dass wir uns nicht einmischen sollten. Doch wir taten es weiterhin und das alles wegen dem Durst nach Rache. Da war unser Tod doch garantiert!

A Soldier's LegacyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt