Zoe lächelte, als sie die Vibrationen spürte, die überraschten Rufe der Zeitenordner wahrnahm. Eine Druckwelle raste über sie hinweg, sie zählte drei Sekunden ab, dann rannte sie los, der Druckwelle hinterher auf das Labyrinth aus Mauern zu. Während ihre Füße hart auf dem Boden aufkamen lauschte sie in sich hinein, keine Schritte von Zeitenordnern, die sie verfolgten. Als sie die Wände erreichte blickte sie noch einmal kurz zurück und ihr Grinsen wurde noch breiter. Eine riesige Rauchwolke hatte sich ausgebreitet und schien den Krater zu verdecken, den sie geschaffen hatte. Der Rauch wirbelte in Spiralen hoch zum Himmel und kleine Funken schienen sich zwischen ihnen zu entladen. Vielleicht schaffte es Franky-Boy ja doch hinaus.
Teils Achtung teils Furcht durchströmten sie vor der Technik des Zeitordens, doch sie wischte beides beiseite, sie war nicht noch am Leben um die Wunder des Ordens zu loben. Mit einem Mal schien Bewegung in die Wolke zu kommen und einer der Offiziere kämpfte sich seinen Weg zurück ans Licht. Schnell zog sie sich wieder hinter ihre Mauer zurück. Auch wenn sie gerade erstmal verschwunden war, jetzt hieß es, aus den Ruinen rauszukommen und irgendwie auch noch ihre Tasche wiederzubeschaffen. Leichtfüßig und ruhig setzte sie sich wieder in Gang, immer darauf bedacht, nicht ins Blickfeld der Ordner zu kommen.
Während sie durch die Ruinen lief dachte sie zurück an alte Tage, an denen sie ihrer Großmutter über Geschichten von einer größeren Welt, einem größeren Sein lauschte. Damals in ihrem winzigen Dorf ohne Einfluss der alten Regierung war das Leben zeitlos gewesen, bis der Zeitorden sie in die nächste Stadt und den nächsten Slum umgesiedelt hatte. Von einer Nacht zur anderen hatte sich ihr Leben vollständig auf den Kopf gestellt. Mit einem Mal war sie von so vielen Menschen umgeben gewesen, die alle irgendwas mit Zeit im Kopf hatten und sich durch ihren Alltag hetzten. Dann waren da noch die Türme gewesen, jeder redete über sie, fast jeder arbeitete an ihnen mit oder leistete seinen Beitrag zum sogenannten Allgemeinwohl.
Auch ihre Oma hatte sie nach der Schule immer zu ihrem kleinen Wagen mitgenommen wo sie Tee und Suppe an die Arbeiter verkaufte. Heute hätte sie nicht mehr sagen können wie es genau gewesen war, wie lange es wirklich gedauert hatte, damals war es ihr so vorgekommen, als ob die Türme innerhalb von Wochen fertig gebaut worden waren. Die Türme, die jetzt ein Zeichen der Macht des Zeitordens waren, ein Zeichen ihrer Abhängigkeit von ihm. Die Türme, die angeblich die Macht hatten, einen Drachenangriff abzuwehren, sie schienen ihr jetzt nur noch sinnvoll als Überwachungsanlagen. Ihre beste Freundin Cora verwettete ihre Hand darauf, dass in mindestens einem von ihnen eine vollständige Datenbank mit Profilen aller Bewohner lag.
Sie jagte weiter durch die Ruinen und näherte sich wieder der Stadt aus Elfenbein. Es war ihr immer noch schleierhaft, warum niemand damals gegen den Orden aufbegehrt hatte. Laut Erzählungen war die Politik des vergangenen Reiches zwar schwach gewesen, aber wenigstens vom Volk bestimmt. Jedes Mal wenn sie das Sanduhrenemblem auf den Türmen in Gold und Silber funkeln sah, musste sie an das denken, was der Zeitorden ihrer einzigen Verwandten angetan hatte. Innerlich lief vor ihrem Auge wieder der Film ab wie der Zeitenordner zufällig den Zettel aufhob und das Fiasko begann.
Wütend über sich selbst schob sie ihre Gedanken beiseite. Sie wollte nicht über Großmutter nachdenken, wichtiger war, dass sie am Leben blieb und ihre Tasche holte. Die Stunde des Zeitordens würde bald zu Ende sein und sie würde ihre Rache bekommen. So wie die alte Regierung hatte nun auch der Zeitorden seine Zeit gehabt und es war wieder die Zeit für etwas Neues.
Langsam konnte sie einen der Zugtrails zum Zentrum zwischen den Ruinen hervorblitzen sehen. Sie beschleunigte ihren Gang wieder und lief zielstrebig auf die Glasröhre zu. Ihre metallenen Stelzen glänzten im Sonnenlicht hämisch und schienen die schwarzen und braunen Überreste von Abandu zu verhöhnen. Sobald sie den Trail erreicht hatte würde sie sicher in die Stadt zurückkehren können. Dann würde sie schauen müssen, was sich mit dem Buch anstellen lassen würde. Zu gern würde sie jetzt Farkuns Gesicht sehen, wenn er bemerkte, das eine sehr gute Copy dank Cora an der Stelle des Weltenbuches auf dem Sockel lag.
Mit Zufriedenheit dachte sie daran, wie sie die Fassade des Dorns im Zentrum der Stadt hochgeklettert war. Einzig und allein an ihren Fluchtplänen sollte sie noch arbeiten. Ein weiteres Mal würde sie nicht aus dem Fenster im zweihundertsten Stock springen - ohne Fallschirm und mit dem Buch der Bücher auf dem Rücken.
Sie trat auf die nächste zerstörte Straße und klopfte sich etwas Staub und Asche von den Kleidern. Nachdem sie wieder einigermaßen normal aussah zückte sie ihr Telefon und rief ihren besten Freund an. Sie hatte einen Job für ihn.
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Die Chroniken der Zeitenjäger
Science FictionEr ist im Nirgendwo gestrandet. Sie auf der Flucht vor dem Zeitenorden. Und dann noch ein eigensinniger Drache, der für helle Aufregung sorgt. Leander und Zoe. Er ein ehemaliges Mitglied des Regimes. Sie Rebellin auf der Flucht. Zoe hat es nach Mona...