Während ich so in den, mit leuchtenden Punkten übersehenen, Nachthimmel starrte, wurde es immer kälter und bald fing ich dann auch zu zittern an. Seufzend erhob ich mich und kletterte, begleitet von eher beängstigenden Geräuschen seitens der Leite, von der Halle auf den kalten Asphalt. Langsam schlurfte ich Richtung des Gebäudes, welches mir Lucas gezeigt hatte als wir hier angekommen waren. Wie lange war das jetzt her? Nicht mehr als ein paar Stunden. Als ich ungefähr die Hälfte des Weges hinter mir hatte, hörte ich eine leise Stimme und desto näher ich schritt, desto lauter wurde diese. Als ich nur noch gut zwanzig Schritte von meinem Ziel entfernt war, bemerkte ich das es Lucas war. Der sang. Es dauerte nicht lange bis ich anfing mitzusummen. Am Tor angekommen, blieb ich stehen um die Szene zu beobachten welche sich mir bot. Der achso taffe Lucas saß im Schneidersitz, mit dem Rücken zu mir, auf dem Boden und ließ seinen Blick immer von links nach rechts schweifen, jedoch nie nach hinten. Als ich ein wenig genauer hinsah, entdeckte ich auch den Grund weswegen er auf dem Boden saß. Er hatte eine Gitarre in der Hand, von welcher ich jedoch nur den Gitarrenhals sah, da der Rest von seinem Körper verdeckt wurde. Im letzten Refrain stieg ich dann mit ein, was bei ihm zwar einen kurzen Texthänger verursachte, jedoch ließ er sich davon nicht weiter beirren und sang, als er sich wieder gefangen hatte, einfach weiter.
"Pretty pretty please
don't you ever ever feel
like you're less than
fucking perfect
pretty pretty please
don't you ever ever feel
like you're nothing
you're fucking perfect to me"
"Ich hätte nicht gedacht, dass du diese Art von Musik magst", mit diesen Worten ließ ich mich auf eine der beiden Matratzen in dem Raum fallen. Er lachte, erhob sich und ließ sich auf der anderen nieder. "Tja ich bin eben anders als du denkst", erwiederte er selbstgefällig. Arsch, kurzzeitig dachte ich wirklich er wäre doch anders, aber dieser Tonfall bestätigte mir, dass er auch nicht besser als jeder andere Mensch auf dieser verdammten Welt war. Ich hatte sogar schon darüber nachgedacht, ob ich ihm vielleicht vertrauen könnte. Aber nein, er musste ja unbedingt beweisen, was für ein mitdemHinterndenkenderPrimat er doch war. Augenblicklich wandte ich den Blick von ihm ab, worauf er einen Blick auf meinen Rücken werfen konnte und so schnell würde ich das auch nicht ändern. Er seufzte tief auf und setzte dann an "Hör zu Lucy. Das war doch......." "Nicht so gemeint? Lass dir eine bessere Ausrede einfallen. Weißt du ich dachte echt du wärst nicht so wie alle anderen, würdest nicht sofort mit so einer eingebildeten Antwort ankommen, aber ich habe mich getäuscht. Wie immer" Ich hörte ihn noch einmal tief ein und ausatmen, dann kam nichts mehr. Das hatte ich jetzt nicht wirklich gesagt, oder? Warum musste ich mich ihm gegenüber denn immer so verletzlich zeigen? Langsam begriff ich, das ich anfing ihm zu vertrauen, ihn womöglich schon als einen Freund sah. Aber das ging doch nicht. Freundschaft macht verletzlich, das hatte ich schon am eigenen Leib erfahren müssen. Freunde boten einfach eine größere Angriffsfläche, denn wenn eine Person verletzt wird, welche einem viel bedeutet, schmerzt es mehr, als wäre man selbst das direkte Opfer. Ohne war ich einfach besser dran.
"Leg das Messer weg", seine Stimme nahm einen versöhnlichen Tonfall an. Als ob ich darauf hereinfallen würde. Das glaubte dieser Idiot doch selbst nicht. Meine Finger umschlossen den Griff der Todbringenden Klinge noch fester. Seine Augen wanderten kurz zu meinen Fingern, worauf er kurz schlucken musste. In seinem Blick lag Panik, die Angst zu sterben. Jedoch verschwand dieser Ausdruck in den tiefen seiner Pupillen eben so schnell, wie er gekommen war. Aber ich hatte sie gesehen, seine Verängstigte Miene. Bei diesem Gedanken breitete sich ein teuflisches, rachlüstiges Grinsen auf meinen Lippen aus. "Wir wissen doch beide das du das nicht willst", erhob er erneut seine Stimme, welche erstaunlicherweise nicht einmal ein winziges bisschen zitterte. Mein ohnehin schon höchstwahrscheinlich nicht mehr allzu schönes Lächeln verzog ich zu einer noch breiteren Fratze. "Du würdest es nicht verkraften jemanden verletzt zu haben", versuchte er weiter mich davon abzuhalten meinen Plan durchzuziehen und er wusste nicht wie verdammt Recht er hatte, denn ich würde es nicht verkraften ihn einfach nur zu verletzen. Ich musste dem ganzen hier ein für alle Mal ein Ende setzen, seinem Leben ein Ende setzen. Mit dem Gewissen das ganze zu beenden ging ich einen Schritt auf ihn zu. "Du weißt das du es nicht kannst, du wirst es nicht durchziehen", versuchte er mich weiterhin vergeblich von seiner Meinung zu überzeugen. Und wie ich es tun werde. Noch ein Schritt, worauf ich mir einen geschockten Blick von ihm zugeworfen bekam. Dann setzte ich noch einmal einen Fuß vor den anderen. Nun trennte uns nur noch ein einziger kleiner Schritt. Nur noch wenige Sekunden und ich würde frei sein. Doch sein nächster Satz brachte mich tatsächlich zum stutzen "Du bist keine Mörderin". Nein das war ich nicht. So könnte ich nie sein. Mit einem Mal konnte ich wieder klar denken und wie von allein glitt mir meine Waffe aus der Hand. Mit einem Satz war ich nach hinten gesprungen und aus dem Haus gerannt. Mir war im Moment egal wohin, Hauptsache weg von hier..............
Meine Augen rissen automatisch von alleine auf, worauf mich die Sonnenstrahlen welche durch das geöffnete Tor schienen auf der Stelle blendeten und ich für einige Sekunden nur noch weiß sah. Ächzend kämpfte ich mich in eine sitzende Position und ließ meinen Blick flüchtig durch den Raum schweifen. Ich saß hier auf einer alten, ausrangierten Matratze, einige Meter links von mir lag noch einmal exakt das gleiche Modell, auf welchen Lucas die Nacht verbracht hatte. Ansonsten standen noch einige Palettenstapel herum und hier und da sah man eine Spinnenwebe hervorblitzen. An die Spinnen, welche hier garantiert in Scharren hausten, wollte ich gar nicht erst denken, was wahrscheinlich auch der Grund war aus welchem ich unverzüglich aufsprang und mich auf den Weg nach draußen machte. Wieder auf dem Trostlosen Gelände angekommen atmete ich einige Male ein und aus, während ich über meinen Traum nachdachte. Diese Szenen würden mich wohl mein ganzes Leben lang verfolgen und ich würde außerdem mein ganzes Leben lang bereuen damals nachgegeben zu haben. Es hätte mir so viel erspart, wäre ich noch diesen einen Schritt gegangen.
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Story of Life - Wahrheit
Teen FictionWas wenn du beschließt zu fliehen? Vor etwas davon zu rennen, was dich schon dein ganzes Leben lang verfolgt. Etwas, vor dem du dich nicht verstecken kannst. Etwas, das dir so lange Alpträume beschert, bis du Angst davor hast zu schlafen. Etwas, d...