Kapitel 26

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Wasser tröpfelte auf den Boden. Immer wieder raschelte es neben Mika, doch er konnte in dieser Dunkelheit nichts ausmachen.

Sie liefen mittlerweile nun schon eine ganze Weile durch die Tunnel. Mika war es, als kämen die Wände immer näher und als würden die Gänge immer dünner und beengender werden. Die absolute Finsternis verbesserte die Lage nicht.

»Aua.« Mika fasste sich an den Kopf. Er war gegen irgendetwas gestoßen.

»Was ist los?«, fragte Toms von weiter vorne. Seine Stimme war ein leises Flüstern, was angesichts dieses Ortes irgendwie gruselig wirkte.

»Nichts«, murmelte Mika. »Da war bloß irgendetwas im Weg, an das ich meinen Kopf geschlagen hatte.« Noch immer verspürte er ein leichtes Pochen hinter der Stirn, das zum Glück jedoch schnell abklang.

Toms setzte sich wieder in Bewegung. »Wir sind gleich da.« Schweigen folgte Mika Toms. Wie weit war Toms vor ihm? Er wusste es nicht. Man konnte in der Dunkelheit schlecht abschätzen, von wo Geräusche kamen und wie weit sie weg waren.

Ein lautes Rascheln, lauter als alles andere zuvor, ließ Mika umfahren. Er hielt den Atem an, lauschte. Alle Haare auf seiner Haut stellten sich auf. Er war sich sicher, dass irgendetwas ganz nahe bei ihm war. Er konnte es riechen. Diesen Gestank von Urin und Verrottung, der seine Nasenschleimhäute angriff. Seine Finger zitterten. Verdammt. Man sah bei dieser Dunkelheit wirklich nichts.

»Kommst du?«, rief Toms von weiter vorne.

Wieder raschelte etwas direkt vor Mika. Er schlug wild um sich herum, in der Hoffnung, irgendetwas zu treffen. Seine Hand prallte auf etwas Hartes. Die Wand. Mika fluchte. Dann entfernte sich das Rascheln. Was auch immer es war, die lauten Rufe hatten es verscheucht.

Er stieß die Luft aus und ging mit pochender Hand Schritt für Schritt weiter.

»Wir sind da«, meinte Toms plötzlich und hielt an. Mika blinzelte. Von der Decke her kam ein fahler Lichtschein herunter. Er blendete einen beinahe, verglichen mit der absoluten Finsternis, die sonst hier herrschte.

»Man sieht hier ja nichts. Wo ist denn die Leiter, die hochführt?« Trotz des fahlen Lichtscheins konnte Mika keinen Aufstieg ausmachen. Er tastete die Wand ab, spürte den rissigen, kalten Beton, aber kein Metall.

»Hier.« Mika drehte seinen Kopf zur Seite. Toms Stimme war doch gerade von rechts gekommen, warum war sie nun links? Er ging nach links.

Jemand griff seinen Arm. Toms. »Schau. Hier ist der Aufstieg.«

An dieser Stelle kam noch mehr Licht hindurch als an der anderen. Diesmal fand Mika das rostige Metall und zog sich hoch. Stufe für Stufe kletterte er die Leiter hoch, Toms folgte ihm.

Oben angekommen drückte er den Deckel hoch. Diesmal klemmte dieser nicht und ließ sich zu Seite schieben. Für einen kurzen Moment kniff Mika die Augen zusammen, als ihn das grelle Sonnenlicht blendete.

Dann zog er sich heraus. Toms kam hinter ihm herausgestiegen und setzte den Deckel wieder auf seinen richtigen Platz.

Mika sah sich um. Große Hochhäuser mit grauen Fassaden und trist aussehenden Fenstern und Balkonen standen reihenweise in der Straße. Schwarze Mülltonnen waren vor den Häusern aufgestellt, aus denen Müllsäcke nur so hervorquollen.

Es roch nach Tabak und vergammelten Lebensmitteln. Mika rümpfte die Nase. Er kannte diese Straße. Sie befand sich in einer der schlechtesten Ecken der Stadt. Nicht mehr weit, dann waren sie bei ihm Zuhause.

»Furchtbar. Was stinkt denn hier so?« Toms erschien neben ihm. »Wo geht es jetzt lang?« Er hatte Toms die ungefähre Lage seines Hauses erklärt, damit Toms wusste, welche Gänge sie nehmen mussten, aber die genaue Lage kannte Toms nicht.

AußenseiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt