Aufbruch

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Onkel Lee räumte die Planungsutensilien weg, eine Telefonliste,die eher ein Buch war und alle Freunde enthielt und ähnliches.„Kekse?", fragte er während er ein kleines Schränkchen rechtsvon seinem Schreibtisch öffnete und eine große Dose mitverschiedensten Keksen rausholte und sie uns vor die Nase stellte.„Ich verpasse öfter irgendein Essen und Kekse halten sich zudemlange. Nicht, dass sie das hier nötig hätten." Er lachte und wirmachten es uns so gut es ging bequem und genossen dasgemeinschaftliche stille Kekseessen. Bis es wieder klopfte.

Diesmal war es ein größerer Mann, etwa so groß wie Liudolf,aber besser gepolstert, sodass man ihm seine Vorliebe zu wirklichgutem Essen ansah. Aber seine Laune war großartig, und wie seinGesicht zeigte, war sie das auch häufig. Er hatte schwarze Haare undSommersprossen. Er sah nicht so aus, als ob er der Bruder vonAlveradis sei, aber das war er.

„Hallo Leo, ich wollte nur sagen, dass ich wieder da bin. Ichsehe, du hast neue Gäste. Ich hoffe, Liudolf hat nichts schlechtesüber mich oder mein kleines Heim oder gar das Essen hier erzählt?Ich bin übrigens Ebi, falls mein frecher Bruder meinen Namenunterschlagen haben sollte." Onkel Lee war derweil um denSchreibtisch und uns herumgegangen und hatte Ebi lachend in den Armgenommen. „Also wirklich, was denkst du nur? Ich habe den armenKindern in den höchsten Tönen von die vorgeschwärmt und du kommstherein und machst all meine Bemühungen, kaputt." „Du gewitzterLügner!" Ich lachte, stand auf und gab Ebi ganz brav die Hand.„Thalia Knilch, freut mich" „Ach was was will ich damit!",meinte er, schob meine Hand zur Seite und kurz darauf fand ich michin freundlicher Umarmung wieder. Hätte er nicht so ausgeprägteLachfalten gehabt und mit Onkel Lee nicht so liebevoll gefotzelt,wäre mir das wohl unangenehm gewesen, aber so umarmte ich ihn als obich ihn kennte. „Den Kyle kenn ich schon, komm her!" Der wurdekonsequent auch umarmt. „Aber ein Mädchen reist nicht allein, auchnicht, wenn sie Knilch heißen mag. Wen hab ich übersehen?"„Deinen Neffen", erklärte Onkel Lee hilfsbereit. „Na, seitwann bist du Vater?" Ich musste lachen. „Mein Sohn wär deinHalbneffe oder so ähnlich. Aber ich mein deinen richtigen Neffen.Jarne heißt er. Guck nicht so, ich hab ihn auch erst gestern kennengelernt. Warte mit uns hier, der kommt sicher bald wieder, der musstetelefonieren. Und Vera sollte auch bald hier auftauchen." Ebifielen beinahe die Augen aus dem Kopf. „Vera ist hier? Sie lebt undist wohl auf? Sie hat einen kleinen? Warum kommt sie erst jetzt? Wirhatten sie doch nicht vergrault? Bei Tante Klothilde kann man niewissen!" „Nein, es ist so gut wie alles gut. Setz dich einfach,ich erklär dir alles. Kyle, du weißt doch noch, wo in der Küchedie Getränke stehen. Kannst du bitte irgendwas zu den ganzen Keksenpassendes holen?"

Kyle nickte, grinste und ging. Ich entschuldigte mich und gingebenfalls, um Jarne Beschied zu sagen und den kleinen Rucksackzusammen zupacken und ihn neben den blauen Koffer zu stellen. Wennich mich beeilte würde ich nicht viel länger als Kyle weg bleibenund wir würden später keine Zeit mehr darauf verwenden müssen. Undich wollte nicht zuhören, wie meine Ankunft nochmal geschildertwürde. Und es ist komisch, über jemanden zu reden, wenn der im Raumist, das kann ich ihm ja ersparen.

Kurze Zeit später standen beide Rucksäcke neben dem Koffer undwir saßen wieder alle zusammen in Onkel Lees Büro. Inzwischen wardie Keksdose fast leer und das Fenster geöffnet. Ebi begrüßteJarne auch noch überschwänglich während ich mir einen Bechergeschnappt hatte. Ebi war nicht umhin gekommen, neckend zu bemerken,dass Jarne wirklich weniger duftete.
Ich trank einen Schluck. EineSchorle zu gleichen Teile aus Apfelsaft, Wasser und Wein. Ich sah zuKyle, der meinen Blick auffing und schmunzelte. Aber eins musste ichihm lassen: Zu den inzwischen aufgegessenen Keksen passte es. Esklopfte.



Wir luden das wenige Gepäck in den Wagen währendAlveradis das Wiedersehen mit Ebi feierte. Sie hatte ordentlichgepackt, so viel Gepäck hatten Jarne und ich auch nicht auf derlängsten Pfadfinderfreizeit mit gehabt, aber alles war soplatzsparend wir möglich verstaut. Sie wäre sicher Meisterin inTetris. Neben den beiden großen Koffern waren noch ein Dutzendgrößere Gegenstände und ein Kleidersack im Kofferraum. Undzwischen all dem sah ich meinen Bogenkoffer. Sie hatte an meinenSportbogen gedacht! Ich sah viele sehr persönliche Dinge, die ichschmerzlich vermisst hätte, aber natürlich nicht alle. „Achtung,einmal zur Seite" Ebi schleppte einen alten rosanen Koffer mit denSachen, die Alveradis noch hier gehabt hatte heran und hievte ihnhinein. „Und du bist sicher, dass wir eure Sachen nicht holensollen und in eure Zimmer hier stellen sollen? Ich würde michfreuen, wenn ihr wieder zurück kämt. Eine Stadt ist doch auf Dauernichts und das Dorf hat sich stark gefestigt seit damals." Ersprach mit Alveradis. „Lass sie vorerst da. Wenn sicher ist, dasswir nicht wieder in die Stadt ziehen werden, werde ich dir Bescheidgeben. Aber du kannst auf die Ersatzschlüssel aufpassen und aufdiese Sachen." Sie holte vom Vordersitz zwei Taschen raus. „Dassind ein paar wertvolle Erbstücke. Ich war so frei die von denKnilchs in die andere Tasche zu tun. Schmuck hab ich mitgenommen.Wenn wir auch ein paar diplomatische überfällige Aufgabenübernehmen ist der nicht von Nachteil. Und ich würde das Autoungern am Flughafen stehen lassen. Fährst du es für mich zurück?Du hast zu wenig von Kyles Schorle getrunken um über derToleranzgrenze zu liegen." Ebi drückte Liudolf die Taschen in dieHand und murmelte ein „Aber nur weil ich noch dich und deine Liebezu deinem alten Auto kenne." Ich stieg ein und rutschte in dieMitte. „Ich tu die beiden in Veras altes Süßigkeitenversteck",sagte der nun allein auf dem Vorhof stehenden Liudolf mit den Taschenin den Hand. Vera nickte dankend und setzte sich auf denBeifahrersitz. Ebi fuhr uns auch hin, Jarne saß hinter ihm und Kylehinter Alveradis, die letzte organisatorische Sachen für den Flugregelte und uns unsere Reisepässe in die Hand drückte. Ich fragtemich, woher sie sich in meinem zu Hause so gut auskannte. Sie hatdamals bei meinen Geburtstagen mitgeholfen zu organisieren. Und derMensch ist ein Gewohnheitstier. Ich lachte auf, als mir eineErinnerung durch den Kopf schoss, wie sie mich nach einerMehlschlacht umzog.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 01, 2020 ⏰

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