Epilog

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Epilog

 Als Minerva die Augen aufschlug, spürte sie zweierlei: ihr war entsetzlich übel und ihr tat entsetzlich der Kopf weh. Es dauerte eine Weile, bis sie klar sehen konnte. Die sterile weiße Krankenhausdecke, die hellen Neonlampen und die Tür auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes, die von zwei riesigen Fenstern eingerahmt wurde.

 Sie fluchte leise und erst als sie ihre Stimme hörte, hörte sie auch ein Piepen, das sie nicht zuordnen konnte. Sie versuchte nach links zu sehen, wo die Quelle dieses Störfaktors stehen musste, aber die Schmerzen waren zu heftig. Stöhnend schloss sie die Augen.

 „Es sind Geräte, die deinen Herzschlag überprüfen", erklärte ihr da eine Stimme, die sie allein deswegen beruhigte, weil sie sie kannte.

 „Meinen Herzschlag muss niemand überprüfen, ich spüre ihn in meinem Kopf", entgegnete sie leise.

 Sie hörte, wie Severus sich bewegte und ein paar Minuten später wurde der Schmerz erträglicher. „Was hast du getan?"

 „Schmerzmittel der Muggel. Nicht so effektiv wie unsere, aber in der Not frisst der Gnom auch Regenwürmer."

 Sie lächelte und schaffte es nun, ihn anzusehen. Er saß zusammengesunken in einem der Besucherstühle und sein Haar sah aus, als hätte er es seit einer Woche nicht mehr gewaschen, schlimmer noch als zu Hogwarts-Zeiten. Und er trug Muggel-Kleidung. Einen fusseligen alten Pullover und eine ausgeblichene Jeans. „Was tust du hier?"

 Er zuckte mit den Schultern. „Ich musste doch schauen, ob sie dich umbringen. Aber wie es scheint, wirst du deine Schüler noch einige Jahrzehnte lang beglücken können."

 „Es hat geklappt?", hauchte sie vorsichtig.

 „Hat es. Und wenn du jetzt weinst, dann gehe ich!"

 Minerva lachte leise auf und fuhr sich mit einer Hand über den Mund. Die Erleichterung war so groß, dass ihr doch zwei Tränen aus den Augenwinkeln rollten und in den Verband sickerten, der ihren Kopf wie in einem Schraubstock festhielt. Severus schien es großzügig zu übersehen, denn er ging nicht.

 „Was ist passiert, Severus?", fragte sie, nachdem sie die Fassung zurückerlangt hatte; das rhythmische Piepen half ihr sehr dabei, denn es machte sie wahnsinnig.

 Der Tränkemeister räusperte sich und verschränkte die Arme vor der Brust. „Mrs Granger ist gestorben."

 Wieder fluchte Minerva.

 „Und Miss Granger macht mich dafür verantwortlich."

 „Das nimmst du ihr doch nicht etwa übel? Sie hat schließlich gerade ihre Mutter verloren."

 Severus hob den Blick und starrte sie gereizt an. „Du hast mich gefragt, was passiert ist und ich habe es dir erzählt!"

 „Ein einfaches Nein hätte auch gereicht", entgegnete Minerva spitz. „Und trotzdem sage ich dir: Ich kenne Miss Granger. Ihr werdet euch wieder begegnen und dann wird sie es wiedergutmachen."

 „In deinen Augen sind alle Löwen Heilige, nicht wahr?"

 Minerva lächelte. „Nein. Sie sind nur ein bisschen besser als alle anderen."

 „Ich glaube, aus dir spricht noch die Narkose."

 „Mag sein. Warum kommst du auch ausgerechnet jetzt zu mir?"

 Für ein paar Sekunden schwieg Severus, dann sagte er: „Es war mir wichtig."

 Minerva sah ihn an. Diesen weichen Zug um seinen Mund kannte sie sonst nicht und da kam ihr der Gedanke, dass ihm noch etwas ganz anderes wichtig war. Sie atmete scharf aus.

 „Lass ihr etwas Zeit", sagte Minerva, als er sie prüfend musterte. „Lass sie über den Tod ihrer Mutter hinwegkommen und dann gib ihr noch eine Chance."

 „Wenn sie eine Chance will, soll sie zu mir kommen."

 „Wie dem auch sei", beschloss sie, das Thema vorerst fallen zu lassen, „Ich werde dich jetzt rausschmeißen. Deine Gesprächsthemen sind mir zu viel, kurz nachdem man mir im Gehirn herumgepfuscht hat." Ihr fielen die Augen zu.

 Severus nickte und stand auf. „Ich komm in ein paar Tagen wieder. Vielleicht."

 „Tu das. Vielleicht." Sie hob die Hand zum Abschied, doch er ging einfach.

 „Dieser verliebte, sture Kerl ...", murmelte Minerva noch, dann schlief sie ein.

ENDE

Medicus IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt