Kapitel 4

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Kapitel 4

 „Mr Snape", begann Sarah Granger am nächsten Morgen, während ihre Tochter die Treppen hinauf lief und ihre Notizen holte, „ich möchte wirklich nicht undankbar erscheinen, denn was Sie für mich getan haben, ist schlichtweg unglaublich. So gut wie heute ging es mir seit Monaten nicht mehr, ich konnte mich kaum daran erinnern, wie es ist, keine Beschwerden zu haben."

 „Aber?", unterbrach er sie.

 Sie senkte den Blick, als würde sie sich für ihre Worte schämen. „Gibt es auch einen Trank, mit dem ich weniger müde wäre? Ich würde so gerne Freunde und Familie besuchen, nach draußen gehen und die ganze Welt umarmen. Aber ich schaffe es kaum vom Bett zur Couch, ohne dass mir die Augen zufallen."

 Severus runzelte die Stirn und holte tief Luft. „Es gibt einen Trank, natürlich. Aber die Einnahme kostet Sie Zeit."

 „Was meinen Sie?"

 „Ein Trank, der anregend auf Sie wirkt, wirkt auch anregend auf das Tumorwachstum. Nehmen Sie den Trank, werden Sie früher sterben."

 Mrs Granger schluckte und schaute in ihren Schoß, wo sie an ihren kurzen Fingernägeln pulte. „Es gibt nichts kostenlos", stellte sie mit leiser Stimme fest, während die Schritte ihrer Tochter auf der Treppe polterten.

 „Denken Sie darüber nach", sagte Severus und hob den Blick zu seiner ehemaligen Schülerin, die mit roten Wangen in der Küchentür erschien.

 „Ich bin soweit, wir können los."

 „Wie überaus reizend", stellte Severus mit einer deutlichen Portion Ironie fest und nachdem sie sich von ihrer Mutter verabschiedet hatte, disapparierten sie direkt aus der Küche in den Hinterhof der Apotheke.

 „Was haben Sie gerade mit meiner Mutter besprochen?"

 „Was meinen Sie?", fragte Severus.

 „Sie haben doch eben zu ihr gesagt 'Denken Sie darüber nach'. Worüber soll sie nachdenken?" Während er die Hintertür aufschloss, trat sie mit neugieriger Miene an seine Seite.

 „Ob sie es wirklich weiterhin aushält, mit einer so neugierigen Person unter einem Dach zu leben", entgegnete er knapp. Und als sie die Arme vor der Brust verschränkte, fügte er hinzu: „Der Begriff der ärztlichen Schweigepflicht sollte Ihnen bekannt sein, Miss Granger. Fragen Sie Ihre Mutter, vielleicht erzählt sie es Ihnen." Er stieß die Tür auf und bedeutete ihr, vor ihm die dunklen Räume zu betreten.

 „Hätte ich mich immer daran gehalten, wäre ich jetzt nicht hier", entgegnete sie ungnädig.

 „Dann wäre das so. Es gibt diese Regeln nicht umsonst und ich werde sie nicht grundlos ignorieren. Aber diesen Unterschied haben Sie ja noch nie verstanden." Severus entzündete das Licht und hängte seinen Umhang an die Garderobe.

 „Und Sie? Sie haben mir erst gestern von Professor McGonagalls Erkrankung erzählt!", wies Miss Granger seine Einwände zurück.

 Severus sah sie unbeeindruckt an. „Ich habe die Erlaubnis von Minerva, diese Dinge mit Ihnen zu besprechen."

 Da schluckte sie an etwas, das mindestens die Ausmaße einer großen Walnuss haben musste; Kapitulation – das wusste Severus aus eigener Erfahrung – war eine sehr schwere Kost. „Also, wie geht es mit dem Trank weiter?"

- - -

 Eine halbe Stunde später hatten sie das weitere Vorgehen besprochen und Severus reichte ein Paar Handschuhe an Miss Granger, damit sie die Sumpfschnecken ausnehmen konnte. Während er sich selbst eine Schürze umband, hörte er sie hinter sich schnauben.

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