Lauf

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,,Schneller! Laufen! Weiter! Das war mein Mantra, für lange lange Zeit. Immer laufen, immer schneller, immer gegen die Belastungsgrenze und darüber hinaus. Laufen ohne Ziel, ohne Pause oder Rast. Nein, laufen immer weiter, ja nicht nachlassen, falls doch bedeutete das unumgänglich den Tod. Leider war diese Option für mich schon immer tabu gewesen, niemals würde ich sterben ohne alles gegeben zu haben. Niemals. Und auch das hat sich bezahlt gemacht. Doch stelle ich mich ersteinmal vor, ich bin Elizabeth Cecily Keas, Cecy genannt. Und bin, nun ja, der größten Naturkatastrophe in der Geschichte der Menschheit entkommen. Als eine von wenigen Überlebenden, musste ich fliehen in die Unendlichkeit des Universums, doch nun nicht weiter mit diesem Thema. Hier ist meine Geschichte.''

Ich rannte, immer weiter, durch das Dickicht des Düsterwaldes ,kämpfte mich durch herabhängende Äste und schaute zum Himmel. Verdammt, halbe Stunde noch, dachte ich während ich anhand des Sonnenstandes die Uhrzeit ablas, halb fünf. Die Kiefernnadeln, die den gesamten Waldboden bedeckten, dämpften meine Schritte etwas, was mir auch nicht viel half, denn man benötigte meine Fußspuren oder das Knirschen unter meinen Schuhen nicht, um mich aufzuspüren, es genügte mein Geruch. Ich warf einen kurzen Blick hinter mich. ,,Scheiße!'' rutschte es mir raus, auch zu recht, denn hinter mir türmten sich immer mehr Nebelschwaden auf, die unaufhaltsam und mit rasanter Geschwindigkeit auf mich zu kamen. Okay, sie sind noch zu weit weg um dich zu schnappen Cecy. Wenn sie nicht schneller werden, kannst du noch eine Weile so durchhalten, dachte ich. Andscheinend unermüdlich rannte ich weiter durchs Gebüsch, unter meinen Schritten zerbrach hin und wieder ein Stock, bis sich einer meiner Schnürsenkel um einen herumliegenden Ast wickelte. ,,Verdammte Scheiße...'' schimpfte ich während ich versuchte, meinen Schnürsenkel vom Ast herunter zuvrumseln. Nach einer Minute gab ich auf, denn ich konnte keine Zeit mehr verplempern, also zog ich meinen Schuh aus. Es war zum Glück nicht mein Lieblingspaar, aber wäre das anderen Mädchen passiert, wären sie lieber gestorben, als ihre heißgeliebten Schuhe zurückzulassen. Ich rollte entnervt mit den Augen und warf im rennen noch einen Blick über die rechte Schulter, aber das was ich da sah gefiel mir gar nicht. Die Nebelwand hatte andscheinend einen beachtliche Zahn zugelegt. Oh Gott, jetzt bloß nicht nachlassen Cecy, du musst weiter, sagte ich mir immer wieder. Die Nebelwand war erschreckend nah gekommen und ich fing an zu sprinten. Meine haselnussbraunen Haare hingen mir wirr in den Augen und ich verfluchte leise den Wind dafür. Langsam, aber sicher ging mein Atem immer stoßender, bis ich fast zu Keuchen anfing. Zu allem Überfluss fingen auch noch meine Gelenke an zu brennen und meine Beinmuskulatur schmerzte höllisch, mit jedem weiteren Schritt mehr und mehr. Naja eigentlich waren es eher Sprünge, was meine eigentlich gute Ausdauer immer mehr belastete. Schweißperlen bildeten sich langsam auf meiner Stirn und ich fühlte mich als hätte jemand ein Feuer in meinem Bauch und in meinem Kopf angezündet. Bevor ich anfing zu flüchten, war ich noch schnell in einem jetzt toten Dorf gewesen. Dort wollte ich ein paar Vorräte holen, doch ich hatte mich mit der Zeit vertan. Gerade als ich loslaufen wollte, kamen die Schwaden auch schon angerollt. Leider Gottes musste ich meine erworbenen Einkäufe zurücklassen, um so schnell wie möglich von da wegzukommen. Hätte ich gezögert, wäre ich tot, mausetot, wie die überbliebenen Dorfbewohner. Ich wollte sie erst warnen, aber sie hätten es nicht mehr geschafft. So, war ich dann losgelaufen ohne alles, ohne nichts in den hoffentlich schützenden Wald, doch Fehlanzeige. Ich hatte gehofft, dass die vielen verschiedenen Düfte der Bäume ihre Nasen verwirrten, falsch gedacht. Die Nebelschwaden vernichteten alles was ihnen in die Quere kam und ein beißender Gestank stieg mir in die Nase. Es beschlich mich ein mulmiged Gefühl und ich ahnte Schlimmes. Ich wagte es nicht noch einen Blick hinter mich zu werfen, aus Angst was ich da sehen konnte. Plötzlich geriet ich einen Moment aus der Fassung und schrie aus Leibeskräften. Gerade so konnte ich verhindern, dass ich auf den Boden fiel, aber ich geriet ins Straucheln. Scheiße, nein! Du gibst jetzt nicht auf, so kurz vorm Ziel. Noch 15 min, Dreck wo bleibt er denn?, dachte ich und sah zum Himmel auf. Nichts, nur Sonne und blauer Himmel. ,,Jay, verdammt! Schwing deinen Arsch hierher, wie du siehst könnte ich etwas Hilfe gebrauchen!'' schrie ich in Richtung Himmel, denn aus dem Nebel löste sich, unter lautem Gejaule, ein Dämon und lief allein weiter, während der Rest weiterhin die Nebelwand aufrecht erhielt. ,,Nun meine Kleine, hat dein letztes Stündlein geschlagen, ergib dich lieber.'' krächze der Dämon hinter mir, andscheinend ein Draukondämon, denn sie waren die einzigen die unsere menschlichen Sprachen sprechen konnten. Sie waren die Dolmatcher und Leistungsathleten, der Dämonen, denn sie waren, außerdem extrem schnell. ,,Niemals!'' schrie ich und legte trotz meiner Erschöpfung, noch einen Zahn zu. Mein Herz drohte mir aus der Brust zu springen, es klopfte unaufhörlich in einem beängstigenden Tempo. ,,Dann bist du nun eines schmerzvollen Todes geweiht.'' keckerte der Draukon hinter mir, doch auf den konnte ich mich nicht so konzentrieren, wie ich es vielleicht wollte, alles in mir schien überlastet, kurz vorm zerspringen. Ich wollte gerade über eine im Weg liegende Wurzel springen, als ich mit dem Fuß hängen blieb und er mit einem lauten *knack* brach. ,,Scheiße!'' entfuhr es mir wieder, doch an humpeln dachte ich gar nicht, ich muss weiter. Schneller! Laufen! Weiter! murmelte ich immer wieder vor mich hin und fixierte mich auf diese Worte. Mein Fuß pochte unaufhörlich und versuchte, daher den Schmerz zu ignorieren. Ich murmelte weiterhin mein Mantra und merkte nichts, was sich in meiner Umgebung abspielte, auch nicht, dass der Draukon immer näher kam und mich schon mit den Fingern, am Rücken berührte. Nur das Brennen durch die Berührung ließ aus meinen Gedanken aufschrecken. ,,Verdammt Jay! Jetzt wäre es wirklich Zeit zu kommen!'' kreischte ich und meine Augen wurden feucht. So konnte es doch nicht enden, ich hatte mir immer ein gloreiches Ende für mich ausgemalt, doch nun, sollte es so ausgehen? Nein, dass wollte ich nicht. Die Tränen liefen mir unaufhörlich die Backen hinunter und ließ laute Schluchzer los. ,,Hey, nicht weinen. Hier bin ich doch.'' rief auf einmal eine belustigende Stimme von oben. Ich musste nicht einmal nach oben schauen um zu wissen wer das ist. Oh nein, nicht Kenneth, dachte ich und rollte mit den Augen. Doch in diesem Moment, konnte ich es mir nicht leisten, wählerisch bei der Auswahl meiner Retter zu sein. Also streckte ich die Arme nach oben und zwei andere Hände ergiffen die meinen. Ich holte einmal Schwung und schon saß ich auf seinem Rücken. Wohlbedacht, nicht an den Stellen, wo seine weißen Schwingen auf und ab schlagen, zu sitzen. Kenneth und Jay sind naja Fabelwesen, man wusste nicht genau wie ihre Spezies wirklich hieß. Auf seinem Rücken sitzend flog er weiter durch die Luft und die Nebelschwaden lagen nun schon etwas weiter in der Ferne, dennoch konnte ich den Draukon unter uns fluchen und schimpfen hören. ,,Wir haben es dir doch gesagt, dass das keine gute Idee ist noch einmal loszuziehen.'' sagte Kenneth abschätzig und neigte den Kopf etwas zur Seite. Ich überlegte kurz, was ich antworten konnte, doch statt etwas zusagen bekam er nur eine Schelle auf den Hinterkopf.

Dark NebulaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt