All die Gesichter der Liebe - und die Qual, sie anzublicken

20 4 0
                                    

Mein Onkel - ein gescheiteter Philosoph - fand seinen Trost, indem er mir allmögliche Fragen über die Welt beantwortete. 

Ich fragte, was Liebe seie. 

Er antwortete, wer liebt, wisse niemals, was er liebt, noch warum er liebt oder was Lieben ist.

Liebe habe viele Gesichter, unzählige Gesichter, antwortete er an einem anderen Tag. So könne man nicht klar sagen, sei es dass Liebe das Gegenspiel von Hass sei. Sei Hass nicht gar das Gleiche als Liebe? 

Ich wollte wissen, ob man nicht Liebe definieren könne und er fand keine Antwort.

Mein Onkel starb, da war ich grad' 19 Jahre alt geworden; es war das erste Mal in meinem Leben, als ich mich aktiv mit der Liebe auseinandersetzte. 

Damals konnte ich nicht wahrhaben, dass die Liebe nichts Reines war.

Wie ich Liebe empfand, und währenddessen litt. 

Wie ich Befriedigung empfand, und wer anderes litt. 

Wie ich Liebe empfand, und mich selbst nicht mehr ähnlich sah.

Wie ich Hass empfand, doch währenddessen liebte. 

Mit dem Tod des Jungen Demonstranten, war es das zweite Mal in meinem Leben, als ich mich aktiv mit der Liebe auseinandersetzte. 

Und ich konnte nicht wahrhaben, wie viele Gesichter die Liebe auch besaß. 

Wie ich verschieden Stufen und Weisen der Liebe empfinde, erstrebe oder verabscheue, in welchem Leid die Liebe seinen Platz findet und in welcher Liebe das Leid gedeiht, was einen kleinen Teil die Liebe einnehmen kann und wie sie Millionen in den Bann fasst, wie mir das Facettenreiche der Liebe bewusst ist und ich es doch nicht schaffe, nur eines dieser Gesichter mir selbst zu erklären.

Was Liebe seie, darauf habe ich immer noch keine Antwort.

Und vielleicht ist es auch ein Akt der Liebe zu meiner Selbst, lasse ich die Suche nach der Antwort ruhen.

Tous les visages de l'amourWo Geschichten leben. Entdecke jetzt