Kapitel 28

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Mit leichtem Unbehagen rutsche ich unruhig auf der ledernen Couch hin und her. Puste in den heißen Dampf von meinem Tee. Was für ein absurdes Bild muss ich zwischen den Blondschöpfen abgeben? Lady Chastain und Colette sitzen mir gegenüber, während der Großmagier vor dem Kamin nachdenklich an seinem Glas nippt. Ein jeder Künstler würde sich die Finger bei diesem Anblick belecken – wie das flackernde Kerzenlicht seine Wangenknochen dramatisch in Szene setzt.

„Also nochmal für mich zum Mitschreiben. Das auf meinem Arm ist ein Portalschlüssel, der erlaubt, dass diese Dämonen zu jeder Zeit in meiner unmittelbaren Nähe auftauchen können?"
„Richtig", bestätigt Colette.
„Na klasse."
„Aber es hat auch etwas Gutes. So können wir leichter herausfinden womit wir es genau zu tun haben."
„Oh ja, sicher freut es das Mädchen zu wissen, dass wenn ihr etwas passiert, es zum Wohle der Menschheit geschieht!", kommentiert Lady Chastain sarkastisch, während sie den Rauch der Zigarette in kleinen Wolken ausstößt. Sie wirkt gereizt. Colette reibt sich müde die Augen. Entzündet sich ebenfalls eine Zigarette.

„Sehr hilfreicher Kommentar, Mireille." Askyell tut es den beiden Damen gleich, während er murrt: „Können wir uns mal wieder auf das Wesentliche konzentrieren? Also Frage Nummer eins: Colette, können wir uns mittlerweile sicher sein, dass die Dämonen hier nicht rein können?" Frustriert schnippt die Gräfin die gesammelte Asche von der Zigarette. Askyell seufzt. Mit der Fluppe zwischen die Lippen geklemmt, bemerkt er: „Das ist wohl ein Nein. Lady Chastain, gibt es Neuigkeiten bezüglich der Häufungen der Anomalien?"
„Nichts, was du nicht schon wüsstest."
„Erstklassige Arbeit", knurrt der Herr Großmagier sarkastisch und nimmt einen tiefen Zug.

„Wo sind eigentlich Ms. Gão und Mr. Warden?", frage ich mehr oder weniger neugierig. Mein Kopf dröhnt und diese drei qualmenden Engelsgestalten machen es nicht besser.
„Im Ministerium, durchwühlen dort die Akten." Danke für diese ausführliche Auskunft, Herr Obergroßmagier!
„Als würden sie da etwas finden." Lady Chastain verdreht die Augen. Warum hat sie heute so schlechte Laune?

Askyell scheint den gleichen Gedanken zu verfolgen. Er seufzt und ich sehe ihm sofort an, dass er sich für seine nächsten Worte verachtet. „Schön, du darfst nachher mit Cathalea neue Kleider für sie aussuchen. Aber können wir jetzt weiterarbeiten?" In Colettes trüben Augen flackert ein Funken.
„Darf ich mitkommen?"
„Natürlich, meine Liebe!"

Und plötzlich scheint die Welt wieder in Ordnung, während sich der Großmagier die Schläfen massiert und ich mit offenem Mund die Zauberinnen anstarre. Klar, die Welt geht unter, aber Hauptsache ich trage ein neues Kleid oder was? Askyell schnippst mit den Fingern zwischen den Gesichtern der schnatternden Damen. Colette verstummt mit geröteten Wangen und beißt sich verlegen auf die Lippe, während Lady Chastain sichtlich brüskiert die Arme verschränkt und ihrem Enkel einen strafenden Blick zuwirft.

„Wir haben es verstanden, Tüll ist Sommer 2019, wir brauchen Organza. Soll sie kriegen! Aber bitte, ich flehe euch an! Wir haben gerade wirklich andere Sorgen!" Ich glaube, ich habe Askyell noch nie so verzweifelt gesehen. Geht das schon die letzten Tage so? Warum hat Lady Chastain scheinbar kein Interesse an dem Chaos, das uns umgibt? Mir fallen wieder die Worte von Ms. Gão ein. Könnte es sein, dass Lady Chastain die Fäden in der Hand hält?

Colette räuspert sich. Mist, ich habe den Anschluss verpasst! Askyell sieht so aus, als wenn man ihm gerade einen Stahlträger in die Magengrube gerammt hätte.
„Kommt nicht infrage!", zischt er. Colette steht schwungvoll auf, wirft die blonden Haare nach hinten und stemmt die Hände in die Hüfte.
„Dann frag mich nicht, was ich tun würde!"
„Man kann jawohl auch Vorschläge erwarten, die nicht einem Selbstmordkommando gleichkommen!"
„Du bist immer so theatralisch!" Das muss Lady Chastain gerade sagen.

Malachit und TigeraugeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt