Kapitel 1 : Alte Bekannte, neue Freunde?

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"Tut mir leid."

Mehr konnte ich nicht erwidern. Eine einfache Entschuldigung. Drei Worte, welche für jedes erdenkliche Ereignis passend erschienen. Sie waren kurz und doch ein ehrliches Schuldeingeständnis. Keine großen oder hochgestochenen Worte, die mehr Nachdruck verleihen sollten. Sie waren simpel und alltäglich. So beobachtete ich die Reaktion des Mannes, an dem diese gerichtet waren. Seine Mimik veränderte sich und für einen kurzen Moment sahen wir beide uns nur schweigend an. Sein fester Griff lockerte sich und so kehrte seine Hand zurück auf seine Seite.

So nahe an dem Mukami Vampir, befand ich mich noch nie zuvor und ich starrte lange in sein Gesicht. Seine sonst so grimmig wirkenden Augen starrten mich eine kurze Ewigkeit lang an. Doch ihr Leuchten hatten sie nicht verloren. Allgemein musste ich zugeben, das Yuma wirklich schöne Augen hatte. Sie glühten förmlich in einem kastanienbraunem Ton und passten zu seinem Haar, welches unordentlich zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden war. Doch länger war mir der Moment nicht vergönnt, da Yuma sich langsam wieder fasste und mit der Zunge schnalzte. "Du bist echt schwer einzuschätzen, Mesubuta."

Verlegen kratzte er sich am Hinterkopf und blickte einen momentlang zur Seite. "Was tust du hier überhaupt? Keinen Bock mehr auf den Unterricht?", stellte mir Yuma beiläufig die Frage und lugte zu mir hinunter. Mir war nicht genau klar, auf was der Vampir hinaus wollte. Ob dies nur ein ehrlicher Versuch einer Konversation zu sein schien, oder mehr dahinter steckte. Ob die Mukami nur einen Weg suchten, um an Yui heran zukommen? Reiji ermahnte mich immer wieder, ihnen nicht zu trauen und auf Abstand zu gehen. Doch warum sollte ich? Es standen immer noch unbeantwortete Fragen im Raum und Yuma schien ein gewisses Interesse an mir zu hegen. Auf was sich dieses beziehen sollte, war mir noch nicht bewusst.

"Nunja, ich kann mich ehrlich gesagt nicht mehr konzentrieren. Mir schwirren noch tausend andere Dinge durch den Kopf. Da erscheint mir der Japanisch Unterricht nicht ganz so wichtig, obwohl ich das Fach echt gern mag.", antwortete ich ihm und musste schmunzeln, als Yuma ein schräges Lächeln entwich, "Also ich hatte einfach kein Bock mehr auf Mathe."

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Zwischen mir und Yuma entwickelte sich eine lockere Unterhaltung, die sich als sehr angenehm entpuppte. Ich hielt ihn anfangs für einen Grobian mit einem viel zu lauten Mundwerk. Doch in Yuma steckte vielmehr Charackter und besonders ein Herz für seine Brüder. Es war faszinierend mit anzuhören, wie der Riese über seinen Alltag mit seinen Brüdern sprach. Mir fiel dabei auf, wie sehr der brüderliche Zusammenhalt eine Rolle spielte. Eine Eigenschaft, die im Sakamaki Haushalt nicht vorhanden war. Dabei waren gerade sie Blutsverwandte. Hingegen sich die Mukami als Adoptivbrüder herausstellten. Genauer wollte ich aber auf dem Thema nicht eingehen, da man es Yuma anmerkte, wie verunsichert er bei dem Thema sprach.

So versuchte ich elegant das Thema zu wechseln. Ich streckte mich in alle Richtungen und provozierte gekonnt ein Gähnen hervor. "Puh, also ich könnte jetzt einen Kaffe vom Automaten vertragen. Wie sieht's mit dir aus?". Yuma hob nur eine Augenbraue und stieß mich von der Seite an. "Oi, solltest du dir nicht einen roten Saft holen? Du musst immernoch mit diesen Mistkerlen mitfahren und die werden dich bestimmt nicht verschonen, wenn sie herausfinden, dass du mit mir geredet hast."

Etwas perplex sah ich Yuma an. Versuchte aber im Gehen seine Sorge beiseite zu schieben. "Achwas, die Sakamaki trinken nicht mehr mein Blut. Ich kann also ganz beruhigt sein.", erzählte ich beiläufig und schritt elegant die Treppen hinunter. Da packte mich Yumas Hand erneut und hielt mich fest. "Was soll das heißen? Du bist doch ihr Sklave, nicht? Warum sollten sie dein Blut nicht mehr wollen?", richtete sich der Mukami Vampir an mich. Seine Stimme klang ernst und diese Tatsache verunsicherte mich. Da wurde mir mit einem Schlag bewusst, das sie noch nicht Wind davon bekommen hatten, das eine Hexe mit den Sakamaki unter einem Dach wohnte.

Meine gute Miene verdunkelte sich und mit einem Ruck entzog ich mich Yumas Griff. "Das hat dich nicht zu interessieren.", erwiderte meine Wenigkeit und lief einfach weiter. Doch es zeigte sich Yuma abermals hartnäckig und so langsam ging mir diese Neugier auf die Nerven. Langsam konnte ich sogar nachvollziehen, wie sich Reiji damals bei mir gefühlt haben musste. Der einzigste Unterschied schien hierbei, das Yuma weitaus größer und kräftiger war. Doch körperliche Überlegenheit schien seit meiner Wiedergeburt kein Problem mehr zu sein. "Oi, ich hab es dir schonmal gesagt, Mesubuta. Du kannst mich nicht für Dumm verkaufen. Irgendwas Seltsames läuft bei euch. Und mich kotzt dieses abgehobene Getue dermaßen an. Spuck endlich aus, was da abgeht sonst...", fing mich der Vampir an zu bedrohen, eher ich ihn Unterbach. "Sonst was?", hielt ich vor seiner Person an und blickte unbekümmert in sein Gesicht, "Trinkst du dann mein Blut?".

Gelangweilt seufzte ich in mich hinein. Es waren immer die gleichen Drohungen. Vampire waren mit der Zeit leichter zu durchschauen, als man denken mag. Meine angeblichen Blutsfeinde konnten mich schon nicht mehr überraschen. Doch ich fragte mich, was es für einen großen Unterschied machte, ob die Sakamaki mein Blut tranken oder nicht. Jedenfalls aus der Sicht der Mukami. Denn tatsächlich machte es den Entscheidenen.

Aus der Evolution heraus entwickelten viele Lebewesen Schutzmechanismen, um mögliche Angreifen vernzuhalten. Selbst Pflanzen konnten Gifte bei einer Berührung freisetzten. Oder ihre scharfen Dornen in das Fleisch eines ungenierten Hobbygärtners stechen. Und genau so einen Schutz gegen Vampirangriffe, gelang es Hexen zu entwickeln. Unser Blut war betäubend, berauschend oder auch tödlich. So war es nur verständlich, das die Sakamaki ihre Finger von mir liesen. Auch wenn es den einen schwerer fiel, als den anderen. Allein in Reijis Augen konnte ich das Verlangen und den Durst erblicken. Manchmal tat es mir auch Leid. Doch nie wollte ich mir ausmalen, inwieweit sich mein Blut auf die Personen auswirken würde. Aber bei genauem nachdenken, war es leicht zu erraten. Ich, als die goldene Hexe. Dessen Blut so rein wie pures Gold war. Gold, das einen Blind vor Gier, Verlangen und Macht werden ließe. Nie sollte das Risiko eingegangen werden. Jedenfalls hoffte ich so. Wenn es nur nicht dieses bescheuerte Männerego gehabt hätte...

"Ha! Und wenn es so wäre? Würde dann diese Brillenschlange kommen und dich vor mir beschützen? Du arme, kleine Mesubuta!", grinste Yuma böse eher er sich auf mich zu bewegte. Eigentlich wollte ich meine Kräfte vor den Vampiren soweit es ginge versteckt halten. Sie sollten es nicht so unter die Nase gerieben bekommen. Doch Yumas letzter Satz brachte ihm nicht gerade Sympathiepunkte und im Stillen fragte ich mich, wie sich dieser Kerl erlauben konnte, so mit mir zu reden. So geschah es, das ich meine rechte Hand ausholte, um Yuma eine zu klatschen. Jedoch hielt diese mitten in der Luft an und rührte sich nicht. Etwas, beziehungsweise JEMAND, hielt mich von hinten fest.

An dem Blick des mir gegenüberstehenden Vampirs konnte man bereits erahnen, das es sich nicht um einen seiner Brüder handeln musste. Das Grinsen verstarb und so lugten Yumas scharfen Eckzähne wütend hervor, "War wohl nur eine Frage der Zeit, bis ihr Kerle euch blicken lässt, was?"

Mein Leben unter Vampiren | Sequel | Diabolik Lovers FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt