𝐅𝐎𝐑𝐄𝐕𝐄𝐑 | NAMJIN

F

》I'll live forever.《

Der Asphalt glänzte vom Frost, zwischendrin entdeckte man ein paar zugefrorene Pfützen, die im strahlenden Licht der Mittagssonne funkelten. Der Himmel war klarblau, keine Wolke war zu sehen, trotz allem bildeten sich kleine Nebelschwaden, sobald man den warmen Atem aus den Lungen presste.

Mein Blick glitt über den Schulhof. Da wir gerade Mittagspause hatten, befanden sich so einige Schüler hier. Anders als im Sommer gab es jedoch keine Kinder, die Fußball oder Fangen spielten. Die Gefahr, auszurutschen und hinzufallen, war einfach viel zu groß. Stattdessen spazierten die meisten umher und unterhielten sich dabei oder sie begaben sich bloß schnell zum Kiosk, um sich ein belegtes Brötchen oder einen warmen Kakao holen zu können.

Ich hörte Jimin, der mich an diesem ersten Tag an meiner neuen Schule herumführte, kaum noch zu. Dafür war ich viel zu sehr abgelenkt von all den Leuten um mich herum. Es tat mir ein wenig Leid, da er sich wirklich bemühte und motiviert zu sein schien, doch schon nach wenigen Sekunden hatte ich festgestellt, dass sich dieser Ort kaum von meiner alten Schule unterschied und so waren seine euphorischen Erklärungen für mich sogleich uninteressant geworden.

Es dauerte nicht lange, da waren wir wieder im Hauptgebäude. Jimin hatte mir hier bereits das Meiste gezeigt, er wollte mich jetzt bloß noch zu meinem Schließfach führen, dann könnte ich nach Hause gehen und morgen für meinen ersten richtigen Schultag wieder herkommen.

Im Gegensatz zu draußen war es hier angenehm warm. Der Winter kam nicht durch die Türen und Fenster hinein, so sehr er es auch versuchte.

Hier drinnen redete Jimin ebenfalls ununterbrochen von irgendetwas, keine Ahnung, wovon, aber wieder mal beobachtete ich lieber die paar Menschen, die uns entgegenkamen, aufgeregt miteinander tuschelten oder stur auf ihre Handys schauten und auf dem Weg zur Mensa irgendwelche dämlichen Spiele spielten.

Vor meinem Schließfach blieben wir stehen. Jimin gab meinen Zahlencode ein, um mir zu demonstrieren, wie ich dieses öffnen könnte. Der einzige Unterschied zu meiner alten Schule, denn dort hatten wir für die Spinde noch Schlüssel benutzt.

Anstatt ihm zuzuhören, erblickten meine Augen jedoch einen Jungen, der sich gegenüber von uns an seinem Schließfach befand. Er stand seitlich zu uns, blätterte durch irgendein Schulbuch, wirkte vollkommen konzentriert.

Mein Hals wurde plötzlich trocken, mein Herz raste. Noch nie in meinem Leben hatte ich solch einen schönen Menschen getroffen.

Seine schwarzen, leicht gewellten Haare; die dunklen, geschwungenen Wimpern; die vollen, einladenden Lippen - alles wirkte richtig, so makellos und perfekt. Als hätte Gott all seine Macht dafür verwendet, diesen Jungen von Hand zu erschaffen.

Es war niedlich, wie er die Nase krauste, als würde ihn verwirren, was er in dem Buch las. Gedankenverloren kratzte er sich den Hals, der durch einen Rollkragenpullover verdeckt war; an seinem Handgelenk klimperte ein goldenes Armband mit einem kleinen Anhänger. Ich konnte allerdings nicht erkennen, um was es sich handelte, noch, was in diesen eingraviert sein könnte.

Für einen Herzschlag blieb die Welt für mich stehen. Als würde sie mir sagen wollen: Das ist der Moment, auf den du dein Leben lang gewartet hast.

Dann kam ich wieder zurück in die Realität.

"Wer ist das?", fragte ich Jimin und guckte zu ihm. Verwundert hielt der Kleinere inne, immerhin war das das Erste, was ich zu ihm sagte, seitdem er mich durch die Schule führte. Er folgte meinem Kopfnicken, ehe er einen tiefen Atemzug nahm und wieder zu mir schaute.

"Das", raunte er leise, damit Gemeinter uns nicht hören könnte, "ist Kim Seokjin."

Ein schöner Name.

Ich sah zu diesem Seokjin, betrachtete ihn eingehend. Er war so sehr in seiner eigenen Welt gefangen, dass er nichts um sich herum mitbekam, und das ließ mich innerlich dahinschmelzen.

"Du solltest dich von ihm fernhalten, Namjoon", äußerte Jimin nach einer Weile, weshalb ich wieder zu ihm guckte. Fragend zog ich die Augenbrauen zusammen.

"Warum?"

Jimin lächelte schwach, seufzte.

"Er ist kaputt."