》I'll live forever.《
Mittlerweile waren einige Tage seit meinem Schulwechsel vergangen und ich hatte mich bereits gut eingelebt. Das war vor allem Jimin zu verdanken, der mich, ohne zu zögern, seinen Freunden vorgestellt hatte, die ich seitdem auch zu meinen Freunden zählen durfte. Auch sonst ging es mir sehr gut hier. Viele hatten damit zu kämpfen, wenn sie mitten im Jahr umziehen und die Schule wechseln mussten, doch ich hatte früh Anschluss gefunden, deshalb konnte ich mich nicht beschweren.
Es war ein angenehmer Tag. Die Sonne schien, nur zwischendurch schafften es ein paar Wolken, die Welt für einen Moment in Dunkelheit zu tauchen. Die einzigen Überbleibsel des vielen Schnees von letzter Woche waren die riesigen Pfützen, in denen Schüler der unteren Jahrengänge gerade herumsprangen und sich gegenseitig nass machten. Es kämpften sich sogar schon ein paar kleine Blümchen zwischen dem rissigen Asphalt in die Höhe; sie kündigten den Frühling, der auf dem Vormarsch war, an.
Mein Blick glitt während dieser Mittagspause verträumt über den Schulhof, während Jimin und die anderen über irgendwelche Videospiele redeten. Ich hörte ihnen bloß mit halbem Ohr zu, beobachtete stattdessen die Menschen um uns herum, als ich die Person entdeckte, wegen der mein Herz sogleich tausend Luftsprünge machte.
Seokjin stand mitten auf dem Platz, allein. Er war dick eingepackt, in einem Rollkragenpullover, von denen er oft welche trug, und einem langen Mantel, untenrum betonte eine enge Jeans seine schönen, langen Beine. Er hatte eine Hand in seiner Jackentasche versteckt, in der anderen hielt er sein Handy, auf das er immer wieder schaute, bevor er den Kopf hob und sich suchend umsah, als würde er auf jemanden warten.
Dieser Junge war einfach wunderschön. Seit unserem ersten Kontakt verschwand er nicht mehr aus meinen Gedanken, jede einzelne Sekunde fielen sie auf ihn zurück, als würde mein Herz nicht zulassen wollen, dass ich ihn vergessen würde.
Als ob das jemals passieren würde.
Trotz allem hatte ich noch kein einziges Wort mit ihm gewechselt. Ich sah ihn nicht oft, nur, wenn wir im gleichen Kurs saßen, was nicht sonderlich oft war, weil wir nicht viele Kurse gemeinsam besuchten. Ab und zu begegnete ich ihm auch auf dem Gang bei den Schließfächern, in den Pausen hatte ich ihn bisher kaum zu Gesicht bekommen.
Ich würde ihn gerne ansprechen, doch ich traute mich nicht. Irgendwie schien jeder Zeitpunkt zu unpassend. Und dann waren da noch Jimins Worte, die immer wieder in meinem Gedächtnis auftauchten, wenn meine Augen auf Seokjin fielen.
Genau dieser ließ mich jetzt aus meinen Grübeleien aufschrecken, da er sein Handy plötzlich wegsteckte und mit einer fröhlichen Miene auf einen Jungen mit hellblau gefärbten Haaren wartete, der kurz darauf bei Seokjin ankam, seinen Arm um dessen Nacken schlang und ihm einen verlangenden Kuss auf die Lippen presste. Mit offenem Mund beobachtete ich das Spektakel, musste dabei zugucken, wie sich die beiden mitten auf dem Schulhof gegenseitig ihre Zungen in die Hälse steckten und hemmungslos miteinander rummachten.
Ich kannte diesen Jungen. Nun, nicht wirklich, aber ich hatte ihn schon das ein oder andere Mal im Gang gesehen. Er war etwas größer als Seokjin, gut gebaut, schlank. Ich hatte ihm nie wirklich Beachtung geschenkt, aber mir war in meiner kurzen Zeit hier schon aufgefallen, wie viele, vor allem von den Jüngeren, einen weiten Bogen um ihn schlugen.
"Hey", wurde auf einmal sanft an meiner Schulter gerüttelt. Überrascht drehte ich mich um und blickte in Jimins dunklen Augen, die mich mitleidig musterten. Ich glaubte, dass er wusste, dass ich etwas für Seokjin übrig hatte, obwohl ich ihn nicht kannte. All meine neuen Freunde, Taehyung, Jungkook, Hoseok und Yoongi, wussten es. Was aber, zugegeben, auch nicht schwierig war, da ich immer, wenn ich den Schwarzhaarigen sah, in eine Art Trance verfiel.
Bevor ich zu den Fünf schaute, sah ich noch einmal zu Seokjin und dem blauhaarigen Jungen. Sie küssten sich auch weiterhin, und das ließ mein Herz ganz langsam und schmerzhaft auseinanderbrechen.
Ich hatte nicht gewusst, dass er vergeben war.
"Das ist Chung-hee", erklärte Taehyung nun, weshalb ich mich vollends zu meinen Freunden wandte. "Er ist im Abschlussjahrgang. Die beiden sind schon seit zwei Jahren zusammen."
Zwei Jahre ... wow ...
Sie tauschten einige unbehagliche Blicke miteinander aus, schienen mir jedoch auszuweichen, weshalb ich verwirrt die Stirn runzelte.
"Jeder fragt sich, warum Seokjin noch bei ihm ist", sprach Yoongi dann das aus, wovor sie sich wohl gedrückt hatten.
"Warum?", hakte ich neugierig nach.
"Warum?", wiederholte er direkt verwundert. "Du starrst den Jungen doch die immer an! Ist dir noch nie aufgefallen, dass er nur Rollkragenpullover oder Hoodies mit einem Schal trägt? Oder, dass er immer alleine ist? Sogar im Sportunterricht läuft er bloß mit Langarmshirts und langen Hosen herum."
Yoongi lächelte traurig, entschuldigend. "Alter", raunte er dann, "Chung-hee misshandelt ihn."
Als wäre ich vom Blitz getroffen worden, erfror für den Bruchteil einer Sekunde mein ganzer Körper, nur um daraufhin noch heftiger zu arbeiten. Ganz langsam drehte ich mich um, blickte zu Seokjin, der in Chung-hees Armen stand, sich zärtlich lächelnd mit ihm unterhielt und dabei nervös mit seinen Fingern spielte.
Wieso war es mir bis jetzt nicht aufgefallen? Und wieso hatte bis jetzt noch keiner etwas dagegen unternommen, wenn es doch eigentlich so offensichtlich war, dass Seokjin in dieser Beziehung litt?
Mit einem Mal wurde mir klar, was Jimin damit gemeint hatte, als er gesagt hatte, dass Seokjin kaputt wäre, und ich hatte das Gefühl, aufgrund dieser Kenntnis zu ersticken.
Ohne darüber nachzudenken, ballte ich meine Hände zu Fäusten und wollte mich zu den zwei Turteltauben begeben, um diesen Mistkerl zur Rede zu stellen. Doch zuvor wurde ich von dem milden Griff an meinem Handgelenk zurückgehalten.
"Lass es sein, Namjoon", flüsterte Jimin. Er trug das gleiche traurige Lächeln wie Yoongi. "Chung-hee darf machen, was er will. Seine Eltern sind die einflussreichsten Personen der Stadt, besonders an dieser Schule. Er kann dich verprügeln, ohne, dass du ihm ein Haar gekrümmt hast, und du wirst am Ende derjenige sein, der suspendiert wird, Strafe zahlen und ins Jugendgefängnis muss."
Sprachlos sah ich ihn an, sah sie alle so an, doch ihre Mienen sprachen Bände. Sie würden nichts tun. Wie jeder an dieser beschissenen Schule.
"Es tut uns Leid", meinte Hoseok und ich glaubte, was er sagte. Aber das änderte nichts daran, dass es nicht richtig war.
"Außerdem", hob Jungkook jetzt vorsichtig an, strich sich ängstlich über die Oberschenkel, "wirkt er doch gar nicht so unglücklich, oder? Zumindest in Momenten wie diesen."
Ruhig schaute ich zu Seokjin und Chung-hee. Sie küssten sich wieder, dieses Mal etwas jugendfreier und weniger provokant. Aber wie lieblich diese Küsse auch sein mochten, das war keine Liebe. Ich nahm einen tiefen Atemzug, betrachtete die Zwei mit aufsteigenden Tränen, gegen die ich krampfhaft anzukämpfen versuchte.
"Doch", murmelte ich anschließend nahezu tonlos. "Er ist unglücklich."
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𝐅𝐎𝐑𝐄𝐕𝐄𝐑 | NAMJIN
Fanfiction⠀ ⠀________ ⠀⠀┊ ┊ ┊ ⠀⠀┊ ┊ ┊ ⠀⠀┊ ┊ ✫ ⠀⠀┊ ⊹ ⋆ ⠀⠀┊. ⠀ ⠀ ⠀ » [forever - labrinth] « ⠀⠀✧ ⠀ ⠀ ⠀ 0:23 ─〇───── 3:23 ⠀ ⠀ ⠀ ⠀ ⠀ ⠀ ⠀⇄ ◃◃ ⅠⅠ ▹▹ ↻ 》I'll live forever.《 namjin shortstory tw! abgeschlossen am 06.08.2020