Freunde, Dates und andere Katastrophen

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"Du weißt, ich liebe dich, Puffel. Aber wir sind auf einem Date", ertönte Sans Stimme am anderen Ende der Leitung.

Mehrfach hatte Yunho bereits versucht ihn zu erreichen, sodass er mittlerweile völlig aufgelöst durch seine Wohnung tigerte.

"San! Endlich! Oh Gott! Bitte! Ich brauche dich!", rief er verzweifelt, wobei er sich durch die ausgeblichenen Haare fuhr. Bei Gelegenheit musste er sie nachfärben lassen. Aus seinem Badezimmer drangen derweil klägliche Geräusche.

"Was ist los, Puffel? Was hast du gemacht?"

Es erleichterte Yunho ungemein, dass sein bester Freund nicht einfach auflegte, obwohl er allen Grund dazu hätte. "Ich brauche dringend etwas gegen Erbrechen! Und eine neue Zahnbürste! Ich kann nicht raus, aber meine Vorräte sind leer. Bitte, Sannie!"

Am anderen Ende der Leitung herrschte Stille. Yunho war klar, dass San nicht ohne Erklärung aufspringen konnte, aber es kam ihm wie eine Ewigkeit vor. "Okay, Puffel. Beruhige dich. Es könnte von hier aus etwas dauern, aber ich bin auf dem Weg. Halte durch."

"Danke, Sannie, du bist ein Schatz!"

Wenigstens etwas beruhigt legte Yunho auf. Vor ihm schlich Hongjoong gebeugt aus dem Badezimmer und stützte sich an der Wand ab. Schweiß stand ihm im Gesicht, das jegliche Farbe verloren hatte. Vorsichtig half Yunho ihm in die Küche, damit er sich setzen konnte. Hongjoongs kleiner Körper fühlte sich kalt unter seinen Fingern an.

"San bringt gleich etwas gegen deine Übelkeit vorbei", teilte er ihm mit, woraufhin er nur ein schwaches Nicken erhielt. 

Hongjoong atmete schwer und starrte vor sich hin. Am liebsten hätte Yunho ihn gefragt, was er hatte, aber so erschöpft wie der Kleinere aussah, war dies nicht der richtige Zeitpunkt. Stattdessen kochte er ihm einen Tee, ehe er seine Wohnung abdunkelte und nur einige kleine Lichter brennen ließ.

"Danke", nuschelte Hongjoong, als er den Tee entgegen nahm und seine Hände um die warme Tasse legte.

Yunho fühlte sich hilflos, solange er Hongjoong nichts wirklich anbieten konnte. Dennoch war er froh, dass für den Moment die Übelkeit überwunden schien. Eigentlich dürfte es schon gar nichts mehr geben, das der Rotschopf noch erbrechen konnte - dachte er.

Kurz nachdem Hongjoong wenige Schlückchen Tee getrunken hatte, stemmte er sich hoch und tappste hastig Richtung Badezimmer. Er war gerade angekommen, da hörte Yunho ihn erneut würgen und husten. Innerlich betete er, dass San sich beeilen würde.

Diesmal kämpfte Hongjoong sich allein in die Küche und ließ sich auf den Stuhl fallen. Er zitterte am ganzen Körper und zusätzlich zum Schweiß liefen vereinzelt Tränen über sein Gesicht. Yunho konnte sich gar nicht ausmalen wie anstrengend es sein musste, sich innerhalb kurzer Zeit viermal übergeben zu müssen. Gerne hätte er Hongjoong in den Arm genommen, wusste aber nicht, ob das so eine gute Idee wäre. Zumal er noch immer nicht verstand, wie sie vom gemütlichen Serienabend hierher gekommen waren.

Als Hongjoong einige Zeit später nach einem Schluck Wasser erneut über der Kloschüssel hing, fragte Yunho sich wie lange San noch brauchen wollte. Es war mehr als deutlich zu hören, dass sein Gast keine Reserven mehr übrig hatte. Yunho hätte ihn längst in sein Bett gesteckt, aber er wollte ihm zuvor noch die Möglichkeit bieten sich die Zähne zu putzen.

Sobald er das nächste Mal in Hongjoongs fahles Gesicht blickte, entschloss Yunho sich San anzurufen und zu fragen, wo er steckte. Sein Handy klingelte keine zweimal, ehe sich ein Schlüssel in der Tür drehte. Sofort rannte Yunho seinem besten Freund entgegen und warf sich in dessen Arme. 

"Du bist da! Oh Gott, danke! Hast du die Sachen?" 

Ihm selbst fiel der Geruch nach Erbrochenem kaum noch auf, San jedoch schien er wie ein Schlag ins Gesicht zu treffen, denn er rümpfte die Nase und hustete leicht. Dann drückte er Yunho einen kleinen Beutel in die Hand. "Ich wusste nicht, was du brauchst, also habe ich etwas mehr mitgebracht. Stirbt hier jemand oder wieso riecht das so streng?"

"Hongjoong übergibt sich von jedem noch so kleinen Schluck Wasser, obwohl sein Magen bereits völlig leer ist. Ich kümmere mich mal besser um ihn, damit das aufhört… Danke und sorry wegen des Dates." Erneut drückte Yunho seinen besten Freund, bevor er ihn aus der Tür schob. Er wollte ihm nicht noch mehr Zeit mit seinem Freund klauen.

"Pass auf, dass du dich nicht ansteckst, Puffel", rief San noch, ehe er sich auf die Socken machte.

Mit den Medikamenten in der Hand drehte Yunho sich um, um sie zu Hongjoong in die Küche zu bringen, fand ihn jedoch nur wenige Schritte hinter sich gegen die Wand gelehnt. "Hier, bitte. Mein Freund wusste nicht was du nimmst, also… ich hoffe es ist etwas passendes dabei. Eine frische Zahnbürste sollte auch dabei sein. Du möchtest bestimmt den Geschmack loswerden."

"Danke, das ist lieb. Ich komme gleich wieder." Erschöpft begab Hongjoong sich zum hoffentlich letzten Mal in Richtung Badezimmer, von wo ausnahmsweise mal als erstes der Wasserhahn erklang. Yunho hoffte wirklich, dass es bald überstanden wäre. Er mochte es nicht, jemanden so sehr leiden zu sehen.

Während er sich daran machte, bequeme Kleidung aus seinem Schrank zu suchen und das Bett vorzubereiten, hörte er doch noch einmal verzweifeltes Würgen. Leise seufzte er. Was machte dem anderen nur so sehr zu schaffen, dass er förmlich an der Kloschüssel klebte und sein Leben auskotzte?

Vorsichtig klopfte er, bevor er die Tür zum Badezimmer etwas öffnete. "Hier. Die Sachen sind dir wahrscheinlich zu groß, aber sie sollten ihren Zweck erfüllen. Du kannst heute hier schlafen, zu dir nach Hause ist es zu weit." Yunho würde einen Teufel tun, Hongjoong in diesem Zustand auf die Straße gehen zu lassen.

Mit schwachem Griff nahm Hongjoong die Kleidung an und bedankte sich leise. Es überraschte Yunho positiv, dass dessen Worte, er würde Hilfe annehmen, wenn er sie brauchte, offenbar keine leere Floskel waren. Mental hatte er sich auf eine Diskussion eingestellt, würde sich allerdings sicher nicht beschweren, sie nicht führen zu müssen.

Sobald auch er sich bettfertig gemacht und noch einmal das Klo geputzt hatte, zeigte er Hongjoong sein Schlafzimmer. Dieser brauchte dringend ein richtiges Bett, um sich von diesem Abend zu erholen. Außerdem brachte er ihm ein Glas Wasser für später und stellte es auf das Nachtschränkchen.

"Erhol dich gut. Ich bin gleich nebenan, falls etwas sein sollte, okay?" 

Widerstandslos hatte Hongjoong sich in die Decke gekuschelt, sodass nur noch seine Augen und die roten Haare herausschauten. Ziemlich süß, wenn er nicht so fertig ausgesehen hätte. "Bleib doch hier. Das Bett ist groß genug…"

Zwar hatte Yunho Schwierigkeiten das Genuschel zu verstehen, lächelte dann aber leicht und löschte das Licht im Wohnzimmer. Anschließend kam er zurück und legte sich neben den Rotschopf, der schwach die Decke hochhielt. Als Yunho auffiel wie eiskalt dessen Körper noch immer war, zog er ihn vorsichtig in eine Umarmung. Vielleicht war es wirklich besser, wenn er dafür sorgen konnte, dass Hongjoong aufhörte zu zittern.

Der erste Eindruck failt - YunJoongWo Geschichten leben. Entdecke jetzt