Es war einmal...

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Belle

Ich stochere in meinem matschigen Brei herum. Alle anderen Mädchen haben die Pampe schon heruntergewürgt. Ich weiß, dass ich eigentlich essen sollte, so wiederlich das Essen hier auch ist, wer weiß wann ich das nächste Mal etwas bekomme. Aber ich kann nicht. Ich schaue zu meiner kleinen Schwester die am Ende der Tafel sitzt. Charly spürt meinen Blick auf ihr und hebt den Kopf. Sie bemerkt mein unangerührtes Essen vor mir und ein Schatten legt sich über ihr Gesicht. Im selben Moment öffnet sich die Tür und Mrs. Jenkins betritt die Halle. Ihre Haare sind wie immer zu einem strengen Dutt gesteckt und sie trägt ein schlichtes, hochgeschlossenes Kleid. Ich schaue zurück zu meiner Schwester die mich so flehentlich anschaut, dass ich mich doch entscheide den Brei vor mir zu essen. Für sie. Aber im selben Moment treffe ich eine Entscheidung: Meine Schwester muss noch heute weg von hier.

Ich liege auf meiner Pritsche und warte darauf, dass die Heimleiterin zu Bett geht. Es wundert mich, dass niemand Charlys fehlen aufgefallen ist. Ich habe sie gleich nach dem Abendessen aus dem "Heim für magisch begabte Kinder" geschmuggelt und in den Zug gesetzt. Eine alte Frau hat mir versprochen auf sie aufzupassen und eine Familie für sie zu finden. Ich hoffe Charly kann jetzt endlich glücklich sein. Es war leicht meine Schwester hier weg zu bringen. Zu leicht. Aber ich denke nicht länger darüber nach. Will nicht länger darüber nachdenken. Wieso sollte ich nicht auch einmal Glück im Leben haben?
Ich werde vom Quietschen einer Tür geweckt. Ich brauche einen Moment bis ich mich zurecht finde. Ich bin im Zimmer der Heimleiterin. Sie hat mich an einen Stuhl gefesselt, die Vorhänge sind zugezogen. Das einzige Licht kommt von einer fast abgebrannten Kerze auf dem Nachttisch von Mrs. Jenkins. Einen Augenblick sitze ich einfach nur starr da, dann kommt Bewegung in mich. Ich zerre an den Fesseln und versuche mich zu befreien. Ich rüttele fester, reiße an den Seilen und versuche, den Stuhl umzuwerfen. Aber ich habe keine Chance! Nach etwa zehn Minuten gebe ich schließlich auf und sehe mich im Raum um. An der Stirnseite des Zimmers steht ein Bett. Ein richtiges Bett mit weicher Matraze und Daunendecke. Was würde ich dafür geben einmal in so einem Bett zu schlafen! Es ist kein einziger persöhnlicher Gegenstand hier. Kein Foto, kein Spiegel, nicht mal ein Brief von Verwandten. Die Tür öffnet sich und die Heimleiterin tritt ein. Sie sagt kein Wort, dafür fange ich an zu schreien:"Was soll das hier? Binden sie mich los, ich habe nichts getan."
Wieder versuche ich mich zu befreien. Ms Jenkins kommt auf mich zu. Als sie direkt vor mir ist bleibt sie stehen. Langsam wird mir das ganze hier unheimlich. Ich habe schon lange keine Angst mehr vor ihr. Sie hat mich geschnitten, geschlagen, gedemtütigt, hungern lassen. Sie ist eine gemeine, gefühlslose Hexe! Aber jetzt ist sie mir das erste Mal seit langer Zeit wieder unheimlich. Ich beginne leicht zu zittern. Irgendwie habe ich das Gefühl diesesmal werde ich nicht mit Schnittwunden davon kommen. Mrs. Jenkins greift in die Tasche ihres Kleides und zieht eine Spritze hervor. Was will sie damit? Ein Lächeln schleicht sich auf ihre Lippen, aber kein warmes, freundliches Lächeln. "Glaubst du etwa, ich hätte nicht gemerkt, dass du deine Schwester hier raus geschmuggelt hast?"
Ich schlucke. Also weiß sie davon!
"Was... Was ..." Ich muss mich anstrengen, zu sagen, was ich sagen will. "Was ist mit Charly passiert?"
"Sie hat es immerhin bis zur nächsten Station geschafft, bevor-"
Ich unterbreche sie kreischend: "Sie haben Charly getötet?!!!"
"Keine Sorge. Ich hab es langsam getan."
Entsetzen erfasst mich. Mrs. Jenkins hat Charly getötet. Sie gefoltert!
Und jetzt war ich an der Reihe...
"Was haben sie da?" Frage ich panisch.
"Einhornblut" Ihre Stimme klingt sachlich. Zu sachlich. "Es wird dir Fähigkeiten verleihen, von denen du nur träumen kannst."
Ein Schauder läuft über meinen Körper.
Sie wollte mich benutzen.
Sie hebt die Spritze an meinen Hals und drückt zu. Der Schmerz trifft mich so heftig, dass ich anfangs zu schreien. Ich versuche mich, dem fremden Blut zu widersetzen. Es war schwer. Es war so verdammt schwer! Schließlich gebe ich auf und lasse den Schmerz meine Venen erobern.

Ich schrecke hoch. Wieder habe ich davon geträumt. Nur leider ist das alles nicht nur ein immer wieder kommender Albtraum, sondern eine Erinnerung. Das alles ist wirklich passiert. Ich zittere am ganzen Körper und mein Shirt ist nass von den Tränen die mir in Bächen hinunterlaufen. Ich sehe das Gesicht meiner Schwester wieder vor mir. Sie ist wegen mir gestorben! Ich bin Schuld! Ich! Ich habe niemandem von ihrem Tod erzählt. Ich rede nie über sie. Ich kann nicht über sie sprechen. Ich schaue auf den Wecker. 5:36Uhr. Weil ich jetzt sowieso nicht mehr schlafen kann und außerdem ganz dringend an die frische Luft muss, beschließe ich aufzustehen. Ich werfe mir nur meinen Morgenmantel über und verlasse das Zimmer. Die Flure liegen leer vor mir. Noch immer laufen mir vereinzelt Tränen das Gesicht hinunter. Aber das ist mir jetzt egal. Hier ist ja sowieso niemand und ich will einfach nur raus....
"Belle?"
Ich zucke zusammen. Ich habe gar nicht bemerkt, dass ich nicht mehr alleine hier bin. Ich drehe mich zu Alec um, sodass er nun vor mir steht und mich besorgt mustert. Ich wische mir kurz übers Gesicht und versuche einen einigermaßen gefassten Eindruck zu machen:"Alec?."
"Ist alles okay bei dir?"
"Klar was sollte sein?"
Mir geht es bestens. Ich habe gerade nicht nur von den schlimmsten Stunden meines Lebens geträumt.
"Ich weiß nicht..."er legt den Kopf schief. Er sieht süß aus. Seine Haare sind ganz verwuschelt. Man möchte am Liebsten mit der Hand durchfahren. Ich verwische die Gedanken:"Es ist wirklich alles gut!"
"Wenn du meinst. Eigentlich ganz gut, dass ich dich hier treffe ich wollte dich nämlich noch was fragen." er knetet nervös seine Hände. Ich ziehe eine Augenbraue hoch:"Was willst du mich fragen?"
"Ich...willst du mit mir zum Ball gehen?" Fassungslos starre ich ihn an. Alec hat mich gerade wirklich gefragt ob ich mit ihm zum Abschlussball vor den Spielen gehen will. Ich will schon beinahe ja sagen, aber dann muss ich wieder an meinen Traum und an Alecs besorgten Blick vorhin denken. Nein. Ich kann nicht mit ihm zum Ball gehen, er weiß sowieso schon zu viel. Außerdem ist er mein Gegner. wenn ich die Spiele gwinnen will muss ich ihn vielleicht umbringen. Und das kann ich nicht, wenn wir uns zu nahe kommen... andererseits war Alec wirklich süß, mit seinen eisblauen Augen, den Schwarzen Haaren, die immer etwas wirr um seinen Kopf herum stehen, und dem perfekten Körper. Jedes andere Mädchen wäre froh, dass Alec sie bittet, sie zum Ball zu begleiten... Ich nicht. Ich kann nicht noch einen wichtigen Menschen verlieren... Ich würde daran einfach zerbrechen! Wenn ich jetzt ja sage, würde das alles verändern. Doch meine Antwort steht bereits fest. Sie steht schon fest, seit diesem Tag, an dem Mrs. Jenkins Charly getötet hat.
"Nein" flüstere ich, "Ich kann nicht"
Der Schmerz in seinen Augen droht mich zu erdrücken, also wende ich mich ab und eile in Richtung frische Luft.
Er ruft mir hinterher, doch ich drehe mich nicht um. Er soll die Tränen nicht bemerken, die erneut über meine Wangen laufen...

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Heyy, in diesem Kapitel erfahrt ihr mal ein bisschen mehr über Belle. Ich weiß, dass die meisten sie schon sehr gern mögen und ich muss sagen, nachdem ich das Kapitel geschrieben habe, mag ich sie auch noch ein bisschen mehr.

Der Song oben, finde ich passt gut zu Belle, weil sie ja auch alles für ihre Schwester getan hat und trotzdem denkt, dass sie nicht gut genug ist.

Eure Jules

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