I. Der Morgen danach

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11.10.20XX 8:34 Uhr

Die Sonne war bereits aufgegangen und einzelne Sonnenstrahlen bahnten sich ihren Weg durch die Jalousien an Nishinoyas Fenster. Eine von ihnen schien dem jungen Libero geradewegs ins Gesicht, wodurch er wach wurde. Langsam, noch mit geschlossenen Augen, setzte er sich auf und fasste gegen seinen pochenden Kopf. Der letzte Cocktail war anscheinend zu viel gewesen, denn Noya hatte das Gefühl, dass eine Herde Elefanten gegen seinen Schädel rannte, während ein Orchester mit Pauken und Trompeten dazu spielte. Aber er wurde immerhin nur einmal 18 Jahre alt, da waren etwas Kopfschmerzen am nächsten Morgen doch vertretbar, oder? In Japan durfte man zwar erst ab 20 Alkohol legal konsumieren, aber seine Eltern hatten damit keine Probleme. Also hatten sie ihn für seine Party mit allem nötigen eingedeckt. Bier, Sekt, Wein, aber auch härtere Sachen, wie Schnaps oder Likör. Vielleicht war es aber doch etwas zu viel gewesen, wie Noya am eigenen Leib feststellen musste. Aber nicht nur er hatte es sich am gestrigen Abend gut gehen lassen. Das ganze Team, seine Freunde, hatten ausgiebig gefeiert und dementsprechend auch getrunken. Keiner ist vollständig nüchtern nach Hause gegangen. Bei dem Gedanken an den beschwipsten Yamaguchi, welcher anfing Tsukishima anzumachen oder an Sugawara, welcher nach seinem dritten Glas anfing über Gott und die Welt zu philosophieren, musste Noya schmunzeln. Seinen Erinnerungen nach, welche wohlgemerkt noch nicht vollständig oder sortiert waren, schienen alle Spaß gehabt zu haben, was Nishinoya sehr freute.

Nachdem er sich an seine Kopfschmerzen gewöhnt hatte, öffnete Noya langsam seine Augen. Sofort blendeten ihn die einzelnen Sonnenstrahlen, die es geschafft hatten, sich in sein Zimmer zu schleichen. Aus Reflex kniff er die Augen zusammen und schaute nach unten, auf den Platz neben sich und erschrak. So schnell hatte er seine Augen noch nie aufgerissen, doch er wollte, nein er musste sichergehen, dass das, was er gerade gemeint gesehen zu haben, auch wirklich der Realität entsprach. Aber seine Augen hatten ihm keinen Streich gespielt. Neben Noya lag, auf der sonst freien Bettseite, niemand anderes als Asahi Azumane, Noyas Teamkamerade und bester Freund.

Dieser schien noch seelenruhig zu schlafen und Noya erwischte sich dabei, wie er den Größeren einige Zeit einfach nur anstarrte. Er beobachte eine von Asahis Strähnen, welche sich immer ein Stück bewegte, wenn dieser ausatmete. Irgendwann wanderte Noyas Blick dann weiter runter von Asahis Gesicht und blieb erst an seiner Brust, dann an seinen Lendenbereich hängen und als Noya realisierte, wohin er da hinstarrte, spürte er, wie erst ein Anflug von Scham und dann von Hitze ihn überkam. Schnell drehte er sich weg und versuchte seine Gedanken zu ordnen und sich zu sammeln. Warum lag sein bester Freund nackt neben ihm in seinem Bett? Und warum konnte er seinen Blick nur so schwer von ihm abwenden? Was war vergangenen Nacht geschehen?

Fast schon panisch schaute Noya an sich runter, um sich zu vergewissern, dass wenigstens er eine Hose trug, ehe er dann schnell eine Decke über seinen schlafenden Freund legte. So war es weniger peinlich, zumindest dachte Noya das. Nachdem er sich etwas beruhigt hatte, stand er leise auf und ging ins Bad. Er stellte sich vor das kleine Waschbecken und stellte das Wasser an. Dann formte er mit seinen Händen eine Kuhle, ließ Wasser hineinlaufen und benetzte seinen feuerroten, schmerzenden Kopf mit dem kühlen Nass, um auf andere Gedanken zu kommen. Dann blickte er wieder in den Spiegel und musterte sich selbst. An sich sah er aus wie immer, nur dass die Haare in alle Himmelsrichtungen abstanden und er tiefe Augenringe hatte, als hätte er seit Tagen nicht geschlafen. Auf gut Deutsch: Er sah scheiße aus! Da brauchte er sich nichts vormachen. Und als wäre das nicht schon genug, lag da noch ein schlafender, nackter Asahi in seinem Bett und allein bei dem Gedanken an den großen Drittklässler, fing Noyas Herz an zu rasen. Was war das für ein seltsames Gefühl? Vermutlich kam das von dem vielen Alkohol. Nie wieder würde er so viel trinken, dachte sich der junge Volleyballspieler, ehe er langsam zurück in sein Zimmer lief.

Vor der Zimmertür hielt Noya aber inne. Was sollte er sagen, wenn Asahi aufwachte? Sollte er überhaupt was sagen? Was ist wenn Asahi sauer war oder es ihm unangenehm war? Viele Fragen tauchten vor Noya auf, doch es half alles nichts. Er musste sich dem allem stellen, wenn er Antworten haben wollte. Also atmete er noch einmal tief durch, ehe er die Tür öffnete.
Da saß Asahi mit dem Rücken zur Tür und zog sich gerade an. "Guten Morgen, Asahi.", murmelte Nishinoya kaum hörbar und Asahi drehte sich daraufhin zur Tür. "Guten Morgen Noya. Bist du schon lang auf?", fragte der Langhaarige mit seiner typischen fröhlichen Art und grinste Noya freudig an. Dieser schaute beschämt zu Boden und schüttelte den Kopf. "Bin gerade erst aufgestanden." "Ach so na dann. Wie gehts dir? Ich fühl mich miserabel. Das war eindeutig zu viel Alkohol. Ich kann mich an nichts mehr erinnern.", sagte Asahi lachend und fasste gegen seinen Kopf. Noya atmete erleichtert auf. Aber warum eigentlich? Nur weil er sich an nichts erinnern konnte? Aber warum war das gut? Er wusste ja auch nicht, wie es dazu kam, dass Asahi nackt neben ihm lag. Vielleicht war es besser, wenn die ganze Sache verschwiegen bleibe aber gleichzeitig machte diese Unwissenheit Noya auch wahnsinnig.

"Ich mich auch nicht. Der Abend ist mega verschwommen.", gestand der Libero und Asahi fing an zu lachen. "Warum lachst du?", fragte der Kleinere verunsichert. "Ach wegen nichts.", entgegnete Asahi schulterzuckend und lief an Noya vorbei in Richtung Badezimmer. Noya ließ sich seufzend auf sein Bett fallen. Was war das gerade? Er war nicht in der Lage gewesen, vernünftig mit seinem besten Freund zu sprechen. Das war vorher noch nie der Fall gewesen. "Scheiße", murmelte Noya und drehte sich zu Seite, sodass ihm ein Brief ins Auge fiel, welcher neben seinem Bett auf dem Boden lag. Noya streckte seinen Arm aus, hob den Brief auf und betrachte ihn. Der Briefumschlag war weiß und an ihn adressiert und sah eigentlich ganz normal aus. Nur anstelle des Absenders war da ein kleines Logo gedruckt. Es zeigte einen Hasen mit einer Art Schriftrolle in der Hand, welcher auf einem Ball saß. Darunter waren lateinische Buchstaben, die Noya allerdings nicht entschlüsseln konnte.

Er erinnerte sich daran, dass seine Mutter ihm den Brief gegeben hatte und meinte, dass er bestimmt wichtig sei, er aber damit bis nach seinem Geburtstag warten wollte. Noya fing an zu zittern. Irgendwie machte ihn der Brief nervös, obwohl er eigentlich nichts zu befürchten hatte. Er drehte ihn um und wollte ihn gerade öffnen, als Asahi sein Zimmer betrat. "Noya? Du bist ja Kreidebleich. Geht es dir gut?", fragte der Ältere sofort. Noya legte den Brief zur Seite, stand auf und blickte direkt zu Asahi. "Naja. Es ging mir schon besser. Ich hab riesen Hunger. Komm lass uns etwas essen.", sagte Noya und setzte ein leichtes Grinsen auf, griff nach dem Handgelenk seines Freundes und zog ihn hinter sich her, bis in die Küche, in welcher Noyas Eltern bereits frühstückten. Er wusste nicht genau, wie er es geschafft hatte, sich Asahi gegenüber normal zu verhalten, aber als sie am Esstisch saßen, was alles wieder weg. Immer wenn er zu Asahi blickte, tauchte in seinem Kopf das Bild von dem Asahi in seinem Bett auf und Noyas Puls schoss augenblicklich in die Höhe und ihm wurde ganz warm. Was war nur los mit ihm? Was war gestern passiert? Was hatte es mit diesem Brief auf sich? Und warum hatte Noya nur das ungute Gefühl, dass das alles nur die Spitze des Eisbergs war?

Hi. Wie angekündigt das erste Kapitel meiner neuen FF. Hoffe sie gefällt euch. Ideen. Kritik etc. gerne in die Kommentare, würde mich sehr freuen.
LG Stephania :3

Now or NeverWo Geschichten leben. Entdecke jetzt